Auffällig bei diesem Selbstbucher R-Zettel ist die zeitweise fehlende Ortsangabe. Die Postleitzahlen lassen erahnen, an welchem Ort diese Anstalt angesiedelt war.
Die Forschungsanstalt wurde zum 1. November 1947 durch den Wirtschaftsrat der Bizone im Agrarland Niedersachsen gegründet. Ziel der Anstalt war die für den Wiederaufbau der deutschen Landwirtschaft vordringlichen Forschungsinstitute in einem wissenschaftlichen Zentrum zusammenzufassen.
Zu diesen gehörten die Institute für:
Biochemie des Bodens
Humuswirtschaft
Bodenbearbeitung
Grünlandwirtschaft und Futterbau
Pflanzenbau und Saatguterzeugung
Tierernährung
Konstitutionsforschung
Landtechnische Grundlagenforschung
Schlepperforschung
Landmaschinenforschung
Landwirtschaftliche Marktforschung
Angewandte Betriebswirtschaft
Standort war das Gelände der 1938 gegründeten Luftfahrtforschungsanstalt in Braunschweig, Bundesallee 50.
Blanko R-Zettel mit Poststellen II Stempel 20b Forschungsanstalt für Landwirtschaft Braunschweig
R-Zettel Typ 7242, auf dünnem durchsichtigen Pergaminpapier mit Postleitgebietszahl (PLGZ) 20b im Kreis und Braunschweig Forschungsanstalt für Landwirtschaft, Ausgabe für die britische Besatzungszone
R-Zettel Amtskennzeichen (AKZ), Braunschweig Forschungsanstalt für Landwirtschaft, 16 A, ca. 1964
1965 wurde ein dreizeiliger R-Zettel verwendet: 3301 Forschungs- / anstalt für / Landwirtschaft.
Belegvorderseite vom 24. Oktober 1967, Poststempel und R-Zettel 3301 Forschungsanstalt für Landwirtschaft, nach Hannover
R-Zettel vom obigen Beleg
Belege mit diesem R-Zettel Typ sind auch aus 1968 bekannt.
Ca. 1971 wurde ein ähnlicher R-Zettel mit fettem Numerator eingesetzt:
Vom 5. Mai 1949 bis 15. März 1952 war vor Ort eine Poststelle II eingerichtet. Ab dem 16. März 1952 bis zum 31. Dezember 1971 folgte eine Aufwertung zur Poststelle I.
Zeitlich überlappend, vermutlich ab dem 15. November 1971, gab es eine wesentliche Änderung. Ein fahrbarer Postschalter (mAst = mobile Annahmestelle) hielt werktags von 14.55 Uhr bis 15.25 Uhr vor der Tür an der Bundesallee 50 und hat die Selbstbucher-Poststelle abgelöst. Dieser Postkurs 402 führte den Tagesstempel 3300 Braunschweig 1 mit den Unterscheidungsbuchstaben „bo“ und verwendete einen R-Zettel 3300 Braunschweig 1 und Unterscheidungsbuchstabe „f“.
Der Kurs startete um 11.00 Uhr in Braunschweig Mastbruch, über Tostmannplatz, zur Lagesbütteler Straße in Harxbüttel, weiter zur Neuen Reihe 8 in Neubrück, über die Bundesallee 50 und beendete um 17.00 Uhr den Kurs in der Siedlung Kanzlerfeld, Paracelsiusstr. 68.
Durch den Einsatz dieses fahrbaren Postschalters mit festen, verlässlich Zeiten, konnte die Postversorgung an diesen Stellen sichergestellt werden.
Das Einsatzende dieses fahrbaren Postschalters ist mir leider nicht bekannt.
Der Eingangsbereich der Forschungsanstalt, ca. 1950
Der ehemalige Eingangsbereich der Forschungsanstalt, 2023
Die Poststelle war vermutlich bei 2 Hauptverwaltung untergebracht.
Als Einrichtung des Landes Niedersachsen gegründet, wurde es ab 1977 eine Bundesforschungsanstalt mit verschiedenen Einrichtungen, überwiegend in Braunschweig-Völkenrode, Bundesallee 50.
2008 erfolgte durch eine neue Aufteilung der bisherigen Institute auf andere Forschungseinrichtungen die Auflösung der bisherigen Organisation.
Quelle:
Forschungsanstalt für Landwirtschaft, Braunschweig Völkenrode,Eigendarstellung 1950
Deutsche Briefmarken-Revue, Nr. 9, September 1997 und Nr. 10, Oktober 1997, Hans Paikert
Eine Stadt, die unter diesem Namen nicht einmal sieben Jahre existierte.
Um diesen Käfer ging es. Auf der Tür die Abkürzung KdF.
Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel Abbildungen aus dem Dritten Reich enthält.
Und bitte beachten Sie §86 und §86a Strafgesetzbuch. Sie versichern die Abbildungen aus der Zeit des III. Reiches nur zu Zwecken der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken zu lesen oder weiter zu verarbeiten.
Bitte respektieren Sie diese Aufforderung!
Die Geschichte der Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben, von Wolfsburg und von Volkswagen ist dermaßen umfangreich, dass sie viele Meter Literatur in Bibliotheken füllt und einen Blog zur Postgeschichte von Niedersachsen sprengen würde.
Am 4. Oktober 1937 erließ die damalige Reichsregierung das Gesetz zur Neugestaltung deutscher Städte. Dieses Gesetz zielte auf den repräsentativen Umbau von zunächst vier Städten, die im Blick Hitlers lagen – die sog. Führerstädte München, Nürnberg, Berlin, Hamburg, sowie Linz nach der Annektion Österreichs. Auf Druck der Gauleiter wurden die meisten Gauhauptstädte einbezogen, als erste Stadt Weimar; schließlich das zukünftige Wolfsburg als neuer Industriestandort.
Am 26. Mai 1938 fand die feierliche Grundsteinlegung des Volkswagenwerkes statt. Mit Wirkung vom 1. Juli wird durch Erlass des Oberpräsidenten der Provinz Hannover die „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“ gegründet.
Sonderstempel, Grundsteinlegung des Volkswagenwerkes, 26. Mai 1938, Rothenfelde über Vorsfelde, Abbildung Volkswagen, DAF-Rad (Abzeichen der Deutschen Arbeitsfront)
Aus diesem Anlass wurden zwei fahrbare Postämter vor Ort eingesetzt.
Das Sonderpostamt und der oben abgebildete Sonderstempel wurden im Amtsblatt des Reichspostministeriums, Bekanntmachungen der Deutschen Reichspost, Nr. 60 am 24. Mai 1938 angekündigt
Text der Ankündigung: Rothenfelde über Vorsfelde: 2 Fahrbare Postämter, Grundsteinlegung des Volkswagenwerkes durch den Führer und Reichskanzler, 26. Mai 1938, Fußnote. Auch nehmen die Sonder-PÄ Telegramme an und vermitteln Ferngespräche. Es werden auch die Sonderwertzeichen zum 30. Januar 1938 (6+4 Rpf, 12+ 8 Rpf, Postkarten 6 + 4 Rpf) abgegeben. Schriftliche Anträge auf Gefälligkeitsstempelungen – jedoch nur für die angegebenen Sondermarken – sind bis zum 31. Mai an die Versandstelle für Sammlermarken in Berlin W 30 zu richten. Beschreibung des Stempels: Rothenfelde über Vorsfelde, Grundsteinlegung des Volkswagenwerkes 26.5.1938 und das Bild des Volkswagens mit dem Zahnrad der Deutschen Arbeitsfront im Hintergrund.
Der KdF Wagen, der spätere VW Käfer von 1938…
…mit dem typischen Brezelfenster(Rückfenster), unverkäuflicher Prototyp
Im Amtsblatt der Regierung zu Lüneburg wird am 9. Juli 1938 die Stadtgründung bekannt gemacht.
Das heute Wolfsburg wurde als Stadt des KdF.-Wagens bei Fallersleben 1938 gegründet. Gründungsanlass war die Entscheidung ein Automobilwerk und die dazu gehörende Stadt zu bauen. Dieses sollte strategisch gelegen auf der grünen Wiese passieren. Vordergründig ging es um den Bau von KdF.-Wagen für fleißige Sparer zum festgesetzten Preis von 990 Reichsmark. In Wahrheit diente das Werk als Rüstungsbetrieb.
Was bedeutet KdF? Die nationalsozialistische Gemeinschaft Kraft durch Freude (KdF)wurde am 27. November 1933 als Unterorganisation der Deutschen Arbeitsfront (DAF) gegründet.
Poststempel Stadt des KdF.-Wagens bei Fallersleben, 6. September 1938, Unterscheidungsbuchstabe C
Die Aller-Zeitung berichtet am 4. November 1938 vom „Der Postdienst in der Stadt des KdF.-Wagens“:
Auszüge aus dem abgebildeten Zeitungsartikel:
„Der ständige Berichterstatter des NS-Gaudienstes Ost-Hannover beim Volkswagenwerk gibt uns folgenden Bericht: …Äußerlich unterscheidet sich das Postamt der Stadt des KdF.-Wagens im Gemeinschaftslager nur durch das Schild „Deutsche Reichspost“, den Briefkasten, den Marken- und Wertzeichengeber und den Postkraftwagen von den anderen Baracken…Das Postamt liegt im Mittelpunkt des Lagers…Das Postamt ist zuständig für das gesamte Stadtgebiet der Stadt des KdF.-Wagens, einschl. der Ortsteile Wolfsburg, Rothenfelde, Rothenhof und Heßlingen…Sechs Schalter liegen hier nebeneinander…Postamt gehört seit 1. September 1938 zur RPD (Reichspostdirektion) Hannover…eigene Verzollungsstelle für Auslandspakete…33700 Briefsendungen und Postkarten ins Inland und 25100 Sendungen ins Ausland, monatlich…„
Die R-Zettel der Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben unterscheiden sich durch die Schriftart, Schriftgröße, Unterscheidungsbuchstaben, Postamtsbezeichnung und durch die Anzahl der Zeilen:
R-Zettel zweizeilig, ohne Postamtsbezeichnung
R-Zettel dreizeilig, ohne Postamtsbezeichnung
R-Zettel zweizeilig, ohne Postamtsbezeichnung, Unterscheidungsbuchstabe a
R-Zettel zweizeilig, ohne Postamtsbezeichnung, Unterscheidungsbuchstabe b
R-Brief Stadt des KdF.-Wagens bei Fallersleben, Poststempel vom 15. August 1938, nach Münster
R-Zettel vom obigen Beleg, dreizeilig, ohne Postamtsbezeichnung
Am Montag, 18. Juli 1938 erhielt die damals gerade knapp drei Wochen alte Stadtihr eigenes Postamt im Bereich der alten Dorfstelle Wellekamp, Rothehofer Straße / Ecke Clausewitzstraße.
In der neugegründeten „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“ war die Stellung des Postamtes besonders bedeutsam. Denn die Bevölkerung der neugegründeten Stadt setzte sich aus vielen Teilen Deutschlands zusammen. Der Briefverkehr war für die neuen Einwohner zumeist die einzige Möglichkeit, Kontakt zur Familie in der Heimat zu halten. Nachdem im September 1938 die ersten italienischen Arbeitskräfte in der Stadt angekommen waren und im Laufe des Krieges vermehrt ausländische Zwangsarbeiter in der Stadt und im Werk eingesetzt wurden, begann die Post als Kommunikationsmittel weiter an Bedeutung zu gewinnen.
Das neue Postamt, 1939, Aufnahme von Fritz Heidrich
Das neue Postamt verfügte über sechs Schalter und befand sich in einer Baracke am Appellplatz des Gemeinschaftslagers. Der Aller-Zeitung zufolge unterschied es sich lediglich durch das Schild „Deutsche Reichspost“, den Briefkasten, den Marken- und Wertzeichengeber sowie den Postkraftwagen von den anderen Baracken, die das Erscheinungsbild der Stadt bis weit in die Nachkriegszeit prägen sollten.
Zuvor war der Postverkehr durch eine Zweigstelle des Postamtes Vorsfelde in Heßlingen abgewickelt worden.
Die Aller-Zeitung berichtet am 12. Juli 1939 über „Das neue Postamt eröffnet“:
„Das neue Postamt eröffnet. Das ansprechende Gebäude des neuen Postamtes, das gegenüber der Tullio-Cianetti-Halle liegt, hat am Montag seinen Betrieb eröffnet. Der gesamte Postbetrieb erfolgt jetzt hier und nicht mehr in der alten Postbaracke, die einem anderen Zweck zugeführt wird. Der große Schalterraum läßt eine reibungslose und schnelle Abfertigung zu. Die eine Seite dieses Raumes ist nur für Paketausgabe und -annahme eingerichtet. Die hinter dem Schalterraum liegenden großen freien Räume sind für den nötigen Postverwaltungsbetrieb eingerichtet. Nett und freundlich liegt der hell und bunt geputzte langgestreckte Bau neben der riesigen Halle. Einladend wirken die beiden am Eingang angebrachten Kandelaber.“
Die Stadt des KdF-Wagens war eine einzige Großbaustelle und bestand in ihren Anfängen im Wesentlichen aus Baracken:
Postkarte, Das deutsche Volkswagenwerk, Gemeinschaftslager
Die Postkarte ist im Juli 1942 abgestempelt worden, die Aufnahme also aus dem Jahr oder früher. Das Gemeinschaftslager ist als Barackenlager eingerichtet. Die Cianetti-Halle ist als höchstes Gebäude zu erkennen.
Tullio-Cianetti-Halle, Postkartenmotiv
Die Cianetti-Halle, eine Holzkonstruktion, wurde auch „Halle der Fünftausend“ genannt, was eine ungefähre Vorstellung von der Größe dieses Veranstaltungsortes mitten im Gemeinschaftslager geben mag. Sie war Veranstaltungsort für Konzerte, Theater, Kabarett, Kino, Sport und politische Kundgebungen.
(Anmerkung zu Tullio Cianetti: Italiener, 1899 bis 1976, Gewerkschaftsvertreter verhandelte 1937 als Präsident des italienischen Industriearbeiterverbandes mit Robert Ley, Leiter Deutsche Arbeitsfront DAF, über eine Entsendung von italienischen Facharbeitern in das Deutsche Reichsgebiet.)
Die Absenderangaben einzelner Belege sind ein eigenes Forschungsgebiet, beispielhaft: Gemeinschaftslager 8/6, Hafenlager Stuben 95 Barraque 7, Gemeinschaftslager Volkswagenwerk, (nur) 7/42, Gemeinschaftslager 21/56 oder Gemeinschaftslager 9/58.
R-Zettel zweizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1, größere Schrift
R-Zettel zweizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1, kleinere Schrift
R-Brief Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben 1, Poststempel vom 14. August 1944, Brief nach Wittingen, Nachnahme, Absender Gemeinschaft Deutscher Sammler e.V., Gau Ost-Hannover, Kreis Gifhorn, Ortsgruppe Stadt des KdF.-Wagens
R-Zettel vom obigen Beleg
R-Zettel zweizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1, Unterscheidungsbuchstabe a
R-Zettel zweizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1, Unterscheidungsbuchstabe b, Verwendung ca. 1942
R-Zettel zweizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1, Unterscheidungsbuchstaben VW, Selbstbucher Volkswagenwerk
R-Brief Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben 1, Unterscheidungsbuchstaben VWW (Volks Wagen Werk), Absenderfreistempel vom 25. April 1944 Volkswagen-Werk GmbH, Selbstbucher
R-Zettel vom obigen Beleg
Absenderfreistempel vom obigen Beleg
Das Postaufkommen lag im November 1938 bereits bei etwa 2.000 Sendungen pro Tag – und dies obgleich die Stadt in jenen Tagen gerade einmal rund 5.500 Einwohner hatte, davon etwa 2.500 Italiener. Zum gleichen Zeitpunkt hatte die Post bereits mehr als 25.000 Auslandssendungen abgefertigt. Der Presseberichterstattung zufolge hätten die Postbeamten aus diesem Grund gar italienisch gelernt. Die Zustellung im Lager selbst erfolgte direkt an die Empfänger, und zwar zweimal am Vormittag und einmal in den Abendstunden. Pakete mussten jedoch direkt im Postamt, das über eine eigene Verzollungsstelle verfügte, abgeholt werden. Zudem existierten gesonderte Briefumschläge für deutsche und italienische Arbeiter. Auch den im Laufe des Krieges in die Siedlung am Mittellandkanal verschleppten Zwangsarbeitern war der Postverkehr mit ihren Angehörigen in der Heimat gestattet, solange Postverbindungen in die besetzten Gebiete bestanden. Allerdings unterlagen die Briefe der Zensur.
Die Aller-Zeitung berichtet am 18. November 1939 vom „Dienst am Kunden“ in der Stadt des KdF.-Wagens:
„Stadt des KdF.-Wagens – Das Postamt übt Dienst am Kunden.Nachdem wir erst kürzlich davon berichtet hatten, daß im Vorraum des Postamtes Schließfächer eingerichtet worden sein, hat man jetzt auch zwei Telefonzellen dort geschaffen, in denen Münzfernsprecher angebracht sind. Die Fernsprecher sind auch während der Mittagsstunden zu benutzen. Es sei schließlich noch darauf hingewiesen, daß sich dort auch Markenautomaten befinden. Man sieht, daß unsere Reichspost vorbildlich bemüht ist, Dienst am Kunden zu üben.“
R-Zettel dreizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1
R-Zettel dreizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1, Unterscheidungsbuchstabe a
R-Brief Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben 1, Unterscheidungsbuchstaben a, Poststempel vom 23. April 1943 nach Laußig
R-Zettel vom obigen Beleg, dreizeilig, mit Postamtsbezeichnung1
R-Zettel dreizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1, Unterscheidungsbuchstabe a, Wort „des“ nicht ausgeschrieben
Die Aller-Zeitung berichtet am 5. September 1940 von der Eröffnung des Zweigpostamtes im Stadtteil Steimker Berg:
„Stadt des KdF.-Wagens. Das erste Zweigpostamt errichtet. Mit Wirkung zum 3. September wurde in der Stadt des KdF-Wagens ein neues Postamt als erstes Zweigpostamt am Steimker Berg, Alte Landstr. (Hausnr. 25), errichtet, das als Zweigpostamt der Stadt unterstellt ist. Im Zuge des Ausbaus wurde ein neuer Münzfernsprecher aufgestellt, und neue Briefkästen wurden in den einzelnen Stadtteilen angebracht. Das Personal wurde weiterhin insbesondere für die Zustellung vermehrt, so daß in der Brief- und Paketzustellung eine wesentliche Beschleunigung erreicht worden ist.“
R-Zettel zweizeilig, mit Postamtsbezeichnung 2, größere Schrift
R-Zettel zweizeilig, mit Postamtsbezeichnung 2, kleinere Schrift
Ein R-Zettel mit dem Unterscheidungsbuchstaben „a“ ist belegt (ohne Abbildung).
Angesichts des kriegsbedingten Mangels an Arbeitskräften stellte die Post im März 1943 erstmals auch vier Frauen als Postbotinnen ein und setzte sie im Zustell- und Bahnhofsdienst ein. Obwohl der Aufbau der als NS-Musterstadt geplanten „Stadt des KdF-Wagens“ voranschritt, erhielt das Postamt damit erneut einen provisorischen Bau.
Stadtplanausschnitt Stadt des KdF.-Wagens, Stand Oktober 1941. Die Stadt ist südlich des Mittelkanals gebaut. (Das Werk nördlich des Kanals, nicht eingezeichnet) Die beiden Postämter sind eingetragen. Die Hauptpost oben links gegenüber der Cianetti-Halle Rothehofer Straße / Ecke Clausewitzstraße. Das Zweigpostamt im Stadtteil Steimkerberg, unten rechts auf der Karte, Alte Landstraße.
Paketkarten von Stadt des KdF.-Wagens bei Fallersleben mit dem Taxquadrat 1049 sind bekannt von den Postämter 1 und 2, und ohne Postamtsbezeichnung.
Das wahre Gesicht des KdF-Programms veranschaulicht folgendes: Ab 1938 sollte die Massenmotorisierung der deutschen Bevölkerung eingeleitet werden. Dazu wurden Sparkarten für den eigens entwickelten sehr günstigen Volkswagen ausgegeben. Keiner der 336.000 Besteller erhielt jedoch seinen Wagen, die Menschen finanzierten stattdessen mit ihren Spargroschen den Bau des „Kübelwagens“ für den Kriegseinsatz.
Die Stadtverordnetenversammlung von „Wolfsburg“ trat am 25. Mai 1945 zum ersten Mal zusammen und beschloss auf Drängen der Besatzungsmacht die Änderung des bisherigen Stadtnamens „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“ in „Wolfsburg“. Damit erhielt die Stadt ihren endgültigen Namen nach dem bereits 1302 urkundlich erwähnten Schloss Wolfsburg an der Aller.
Zum 1. Oktober 1951 wurde Wolfsburg kreisfreie Stadt und aus dem Landkreis Gifhorn „ausgekreist“.
Das Volkswagen Werk Wolfsburg, hinter den Bahngleisen und am Mittellandkanal, 2023
„Wolfsburgs Entwicklungsgeschichte ist vielleicht das bewegendste Beispiel dafür, das aus einem überaus fragwürdigen Beginn dennoch eine gute Sache werden kann. Der Volkswagen, ersonnen in der Zeit des bösen Deutschlands, wurde zum Symbol des guten.“ Zitat von Christoph Stölzl
Lesetipp:
In Niedersachsen gibt es zwei Städte mit vergleichsweise jungen Gründungsdaten. Neben Wolfsburg (1945) ist das die ca. 55 km entfernte, südlich gelegene Stadt Salzgitter (1942).
Etwas Buntes zum Abschluss des Artikels. Nicht nur viele Meter Literatur in Bibliotheken füllt das Thema KDF und VW. Auch in den unterschiedlichsten Ecken dieser Welt ist das Thema auf Briefmarken oder Belegen präsent:
Deutsches Reich, 17. Februar 1939, Internationale Automobil- und Motorrad-Ausstellung, Berlin, Volkswagen (KDF-Wagen), Michel Nr. 688
Der komplette Briefmarkensatz (Michel Nr. 686-688) mit 6+4 Pf., 12+8 Pf. und obiger 25+10 Pf. wurde in Berlin auf der Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung, in Mengen von bis zu zwei ganzen Sätzen beschränkt auf eine Eintrittskarte zur Ausstellung (zu 1,- M) abgegeben. Abgabe nur beim Sonderpostamt vom 17. Februar bis 5. März und von besonderen Markenabgebern innerhalb der Ausstellung, sowie an den Kassen zur Ausstellung. Der Wert für das Auslandsporto zeigt den KdF-Wagen.
Bundesrepublik Deutschland, 5. Dezember 2002, Wohlfahrt, Oldtimer Mobile, VW Käfer 1949, Michel Nr. 2292, mit Bogenrand und Abbildung Käfer
Die folgenden Exemplare aus der Serie Laeders of the World sind angeblich auf Karibik Inseln herausgegeben worden. Vermutlich sind diese Marken nie auf den Inseln verwendet worden, sondern von einer Agentur für den Philamarkt geschaffen worden…, aber halt schöne Zeichnungen.
Nevis, 23. Oktober 1984, Volkswagen/Beetle 1947, Michel Nr. 198 und 199(Nevis ist eine Insel in der Karibik mit ca. 11.500 Einwohnern)
Saint Lucia, 29. März 1985, KdF 1937, Michel Nr. 742 und 743 (Saint Lucia ist eine Insel in der Karibik mit etwa 184.000 Bewohnern)
Quellen:
Die Wolfsburg Saga, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart, 2008
„Der Postdienst in der Stadt des KdF-Wagens“, Aller Zeitung vom 4. November 1938
„Das neue Postamt eröffnet“, Aller-Zeitung vom 12. Juli 1939
„Das Postamt übt Dienst am Kunden“, Aller-Zeitung vom 19. November 1939
„Das erste Zweigpostamt errichtet“, Aller-Zeitung vom 5. September 1940
Stadt Wolfsburg, Institut für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation, Goethestr. 10a, 38440 Wolfsburg, https://www.wolfsburg.de/newsroom/2018/04/25/08/22/gemeinschaftslager-postamtund Zeitschrift „Das Archiv“, Zeitung für Wolfsburger Stadtgeschichte
Arbeitskreis Zukunft braucht Erinnerung, Choriner Str. 23, 10435 Berlin, https://www.zukunft-braucht-erinnerung.de – abgerufen am 7.2.2022
Katalog 1. Ost-Niedersächsische Briefmarkenausstellung in der Volkswagenstadt Wolfsburg, 5. bis 7. November 1966, Kulturzentrum
Katalog Wolfsburger Postwertzeichenausstellung, 20. bis 27. Mai 1973, Bürgerhalle im Wolfsburger Rathaus, Die Entwicklung des Postwesens im Raum der Volkswagenstadt, Herbert Engelmann
Katalog Landesausstellung Rang 2, Jubiläumsaustellung in der Stadthalle Wolfsburg, 28. und 29. März 1987, Einschreibezettel deutscher Automobilwerke, Wilhelm Bergmann und die Geschichte des Postwesens im heutigen Wolfsburger Raum, Ursula Rumpf
Zu verschiedenen Zeiten gab es in Deutschland Versandstellen für Postwertzeichen.
Bekannt ist die Versandstelle in Berlin, die zur Zeit des Deutsches Reiches auch Briefmarken aus den Kolonien (Kolonial – Wertzeichenstelle) an Sammler oder sonstige Käufer lieferte. Und die Versandstelle in Frankfurt am Main lieferte auch Marken der Deutschen Bundespost Berlin an Interessierte.
Nach dem zweiten Weltkrieg gab es verschiedene Standorte, von denen aber nur acht gleichzeitig aktiv waren.
Neben Berlin-West (ab 18. Juni 1946 bis 2010, Goethestr. 12) gab es auch eine Versandstelle in Berlin- Ost (ab 8. Juli 1947 bis 1990).
In der Amerikanischen Zone wurden Briefmarken aus Frankfurt (ab 17. Juni 1947, letzte Adresse: Zeil 108/110) und aus Stuttgart (1947, zeitweise) geliefert.
Standorte in der Französischen Zone waren Freiburg (5. Oktober 1947 bis 23. Dezember 1949), Tübingen (6. Dezember 1946 bis 5. Mai 1949), Ebingen (2. Mai 1948 bis 6. Dezember 1949), Koblenz (3. Mai 1946 bis 31. Dezember 1949) und Saarbrücken (30. März 1948 bis 23. August 1959).
Die Daten basieren auf Belegen von Sammlern und geben nicht abschließend die echten Öffnungszeiten der Versandstellen wieder.
In der Britischen Zone gab es eine Sammlermarkenstelle in Braunschweig (August 1947 bis Juli 1948) beim Postamt 1.
Warum wurde eine Versandstelle in Braunschweig eingerichtet?
Basis dafür war die Gebietswertzeichenstelle Braunschweig, die die bei der Staatsdruckerei Berlin gedruckten Briefmarken auf die Oberpostdirektion der Britischen Zone, später auch der amerikanischen Zone aufteilte. Der Versandorganisation für Postwertzeichen stand eine ähnlich aufgebaute Versandorganisation für postalische Formblätter zur Seite.
Die OPD Braunschweig gründete 1947 eine Versandstelle für Sammlermarken, um die hohe Nachfrage nach Sondermarken und höhere Wertstufen zu bedienen. Die Versandstelle war organisatorisch der Gebietswertzeichenstelle angegliedert. Diese konnte eine Anzahl von Postbediensteten beschäftigen, die durch die Beendigung der Wertzeichenherstellung bei der Druckerei Westermann ohne Beschäftigung waren. Die Versandstelle bestand mit beachtlichen Umsätzen über die Währungsreform (20. Juni 1948) hinaus.
Beim Versand der Briefmarken kam beim Versand als Einschreiben, statt eines Einschreibzettels, ein R-Stempel zum Einsatz.
R-Brief (20b) Braunschweig Sammlermarkenstelle, R-Stempel mit handschriftlichem Numerator, Poststempel vom 19. August 1947,Nachnahme, Postsache, Brief nach Köln-Bickendorf
R-Stempel vom obigen Beleg, Höhe 18 mm, Breite 62 mm, Stempel mit Postleitgebietszahl 20.
Rückseite des Beleges, Absenderstempel:Sammlermarkenstelle Braunschweig
Ein weiterer Beleg der Sammlermarkenstempel zeigt einen R-Stempel in einem größeren Format und ohne PLGZ:
R-Brief Braunschweig Sammlermarkenstelle, R-Stempel mit handschriftlichem Numerator, Poststempel vom 23. August 1947,Nachnahme, Postsache, Brief innerorts
R-Stempel vom obigen Beleg, Höhe 24 mm, Breite 62 mm, Stempel ohne Postleitgebietszahl
Beilage in diesem Briefumschlag von der Sammlermarkenstelle Braunschweig an den Empfänger:
„Betr. Ihren Dauerauftrag, Wir übersenden Ihnen die gewünschten Marken. Ihrem Antrag auf Eintragung als Dauerbezieher können wir jedoch nicht mehr entsprechen, da wir unseren Betrieb im Hinblick auf die Eröffnung der Versandstelle für Sammlermarken bei der Oberpostdirektion Frankfurt (Main) auflösen müssen. Wir bitten Sie, sich wegen des Dauerbezugs an die Versandstelle in Frankfurt (Main) zu wenden. Einzelaufträge, insbesondere auch über Ziffernmarken, können wir bis auf weiteres noch ausführen.“ (23.8.1947)
Der R-Stempel „Braunschweig Sammlermarkenstelle“ kann aktuell in dem Zeitraum vom 19. Mai 1947 bis 3. März 1948 mit Belegkopien nachgewiesen werden. Dieser Stempel ist als Selbstbucher einzuordnen.
Die Einsatzzeiten des schmalen und breiten Stempels überschneiden sich.
Belegt sind Briefe der Sammlermarkenstelle vom Mai und Juni 1948 mit einem R-Zettel der Einheitsausgabe Braunschweig 1 und Unterscheidungsbuchstaben „af“.
Weitere Versandstellen gab es in Halle für die Provinz Sachsen, Leipzig für West-Sachsen und Schwerin für Mecklenburg-Vorpommern.
Im Jahre 2022 gibt es in Deutschland nur noch eine Versandstelle, die Niederlassung Postphilatelie in Weiden in der Oberpfalz/Bayern (Eröffnet 1980).
Ein einzelner loser R-Zettel, kein Beleg dazu. Das Entziffern gelingt:
TRILLKE Hildesheim
R-Zettel Trillke Hildesheim, Ortsbezeichnung in Großbuchstaben
Auf zur Spurensuche.
Durch dieses Postformular des Einschreibezettels kann der Zeitraum der Verwendung geklärt werden. Die Produktion dieser Zettel begann nach Kriegsende 1945 und diese Variante wurde bis 1947 produziert.
Für die Trillke-Werke ist im Ortschaftsverzeichnis der Oberpostdirektionen (OPD) Hannover und Braunschweig, Stand Januar 1948, mit Berichtigungen zum Stand 9.10.1948 eine Posthilfsstelle „Trillkewerke Post Hildesheim“ verzeichnet.
Auszug aus Ortschaftsverzeichnis
Aufgeführte Orte ohne die entsprechende Symbolik für Poststelle I und Poststelle II waren Posthilfsstellen. Da es keine Statusänderung (Umwandlung in eine Poststelle I) gab, ist davon auszugehen, dass bei den Trillke-Werken durchgehend nur eine Posthilfsstelle bestand. Vermutlich handelt es sich hier um einen Selbstbucher R-Zettel der Werke.
(Nachrichtlich: Im Ortschaftsverzeichnis 1943 gibt es keinen Hinweis auf Trillke.)
Was verbirgt sich hinter Trillke?
Ein Blick in die damalige Situation: Mitte der 30er Jahre war die Robert Bosch GmbH, Stuttgart wirtschaftlich auf Erfolgskurs. Die Firma war Weltmarktführer für Anlasser, Lichtmaschinen, Einspritzpumpen und Magnetzünder und exportierte ca. 90 % seiner Waren ins Ausland.
1935 besaß Bosch Vertretungen in 51 Ländern und Fertigungen in Frankreich, USA, Großbritannien und Italien.
Auf Druck der nationalsozialistischen Machthaber gründete die Firma Bosch zwei Ausweichwerke: eines 1934 in Kleinmachnow, die „Dreilinden Maschinenbau GmbH“ für die Luftwaffe, das Ausweichwerk I (AW I).
Und ein weiteres Werk im Hildesheimer Stadtteil Neuhof, im Hildesheimer Wald 1937 (AW II) für das Oberkommando des Heeres. Die Produktionshallen beider Kriegsmusterbetriebe wurden in Wälder gebaut, um die kriegswichtigen Betriebe vor etwaigen Fliegerangriffen zu schützen.
An diesen Standorten wurde mit dem know-how von Bosch nur noch für das Militär u.a. für Kraftfahrzeuge und Panzer produziert.
Am 18. Dezember 1937 wurde die „Elektro- und Feinmechanische Industrie GmbH – ELFI“ in Hildesheim-Neuhof, Waldstr. 200 als heereseigener Industriebetrieb gegründet. Die Bezeichnung „ELFI“ konnte als Wortmarke nicht eingetragen werden, da bereits einige ähnliche Wortmarken in diesem Fertigungsgebiet vorhanden waren.
Am 23. Dezember 1942 wurde die Fima in „Trillke-Werke-GmbH“ umbenannt.
Briefkopf der Trillke-Werke
1952 wurde die Trillke Werke in eine Niederlassung der Robert Bosch GmbH Stuttgart, Werk Hildesheim, umgewandelt.
Der Begriff Trillke ist abgeleitet vom Flüsschen Trillkebach.
Trillkebach
Nach Trillke-Werke, Trillkebach verdient auch das Trillke-Gut eine kurze Erwähnung.
Das beeindruckende Gebäude vom Trillke Gut im Jahre 2021
Die Gründung des Trillke-Gutes geht zurück auf das Jahr 1155. Das Gut lag bis 1888 außerhalb der Hildesheimer Stadtgrenzen. Die Nutzung von Gebäuden und Gelände war im Laufe der Geschichte in der Steinbergstraße sehr unterschiedlich. Von Landwirtschaft, einer wirtschaftlichen Frauenschule, während des zweiten Weltkrieges ein chirurgisches Reserve-Lazarett, anschließend ein Flüchtlings- und Versorgungskrankenhaus, eine Tuberkulose Heilanstalt, die Nutzung durch das Studentenwerk bis zur Übernahme einer Bewohnerinnen-Genossenschaft reicht die Aufzählung der Nutzung.
Philatelistisch kann von einer Mitteilung vom 3. Juni 1925 des Postamtes im Hildesheimer Stadtteil Moritzberg berichtet werden. Dem Trillke-Gut wird ein öffentlicher Briefkasten zugestanden, „…wenn die Anlieger eine Vorkehrung zur Anbringung eines Briefkastens in Gestalt eines sicheren Pfahles oder Steinsockel schaffen“.
Das Trillke-Gut im Hildesheimer Stadtteil Moritzberg ist ca. 5 km vom Bosch-Werk im Hildesheimer Stadtteil Hildesheimer Wald entfernt.
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit Postgeschichte. Weitere Informationen zum Thema Bosch in Hildesheim, Zwangsarbeit im II. Weltkrieg, den nationalsozialistischen Machenschaften entnehmen Sie bitte den Hinweisen bei den nachfolgenden Quellenhinweisen.
Quellen:
Ortschaftsverzeichnis für die Bezirke der Reichspostdirektion (RPD) Hannover und Braunschweig, 1949, Seite 70
Hildesheimer Briefmarkensammler- Verein von 1913 e.V., Herr Dr. Ralf Prenzel
Herr Hans-Henning Mücke, Söhlde
Renaissance einer Kulturstadt, Hildesheim nach dem 2. Weltkrieg, Manfred Overesch, Georg Olms Verlag, 1998
Pelikan Werke Günther Wagner, Pelikan, eine Weltmarke!
Gelegentlich sagt ein Bild mehr als 1000 Worte.
Mit Füllern von Pelikan sind viele Schüler in Berührung gekommen. In diesem Artikel geht es um die Weltmarke Pelikan, aber zuallererst um Günther Wagner.
Ein R-Zettel führt uns auf die Spur zu diesem Selbstbucher:
Die Firma Günther Wagner, Hannover bekam von der Post R-Zettel gestellt. Diese Zettel mit dem Vermerk 20 Hannover 15 wurden zusätzlich mit den Initialen „GW“ versehen. Ein Selbstbucher, diesmal nicht mit vorproduzierten Zetteln. Postkunden mit höheren Einlieferungsmengen bekamen „eigene“ Einschreibezettel, um den Einlieferungsvorgang zu beschleunigen. Eine Erklärung für die sogenannten Selbstbucher.
Eine Variante des obigen Einschreibezettels. Punkte hinter den Initialen.
Der Verwendungszeitraum dieses R-Zettel Typs ab 1946 aus der Druckerei Wegener, Alfeld ist in einem früheren Artikel beschrieben.
Grundstein der späteren Günther Wagner Werke war die Farbenfabrik Carl Hornemann in Groß Munzel (Barsinghausen). Hier arbeite der studierte Chemiker Wagner 21jährig ab 1863. Bereits 1871 kaufte er die Firma und führte sie unter eigenem Namen weiter.
Günther Wagner 1842 – 1930
Das Sortiment der Firma Pelikan für den Schul- und Schreibbedarf von den Anfängen bis heute ist für den Laien kaum überschaubar: Deckfarben, Tusche, Malfarben, Tinte und Tintenfässer, Zeichenblöcke, Kohle- und Durchschreibepapier, Schreibgeräte, Schreibbänder, Künstlerfarben, Klebstoff, Büroleim, Radiergummi, Pinsel, Siegellack, Technische Farben bis zur Jugendbuchreihe TKKG, u.v.m.
Tintenflasche mit der Nummer 4001, einzige Zahlenkombination neben der Weltmarke 4711, die warenzeichenrechtlich geschützt ist.
Die Post genehmigte der Fa. Wagner eigene Einschreibzettel, die direkt auf Päckchenaufkleber gedruckt wurden. Die folgenden R-Zettel sind im Bereich der OPD Hannover Amtsausgaben in der Britischen Zone.
R-Zettel Typ 72141, als Firmen-Selbstbucher:
Adresszettel für eine Einschreib-Drucksache der Firma Günther Wagner, Hannover. Mit Handrollstempel entwertet, Datum nicht erkennbar, auf Grund der Notopfermarke jedoch in den Dezember 1948 zu datieren.
R-Zettel 20 Hannover 15, Unterscheidungsbuchstaben GW, Zettel vom Bogenrand, vom obigen Beleg, lokaler R-Zettel mit großem Numerator
Ein Adressausschnitt von Hannover nach (14b) Wangen (Allgäu)
R-Zettel 20 Hannover 15, Unterscheidungsbuchstaben GW, vom obigen Beleg, lokaler R-Zettel mit großem Numerator
Es folgen zwei lose R-Zettel, gerader Fuß beim R, mit der Postleitgebietszahl 20, um den Unterschied der verschiedenen Typen deutlich zu machen.
PLGZ 20: Höhe des Buchstaben R – 7,5 mm
PLGZ 20: Höhe des Buchstaben R – 9 mm
Der Buchstabe R mit geschwungenem Fuß bei der Variante mit der Postleitgebietszahl 20 a:
PLGZ 20 a: Höhe des Buchstaben R – 7 mm
PLGZ 20 a: Höhe des Buchstaben R – 8,2 mm
Bereits 1912 war die Firma Günther Wagner als Selbstbucher bei der Post registriert. Eine Paketkarte für eine Sendung aus Hannover-List (Günter Wagner) nach Aarau in die Schweiz. Perfins Firmenlochung der 80 Pfennig Briefmarke mit den Initialen GW. Bulletin d’expédition vom 31.12.1912, Poststempel Hannover-List und Bahnpoststempel Frankfurt-Karlsruhe- Basel.
Die Firma THE NEW BOOK Co. aus Singapur war 1933 optimistisch, dass die Post in Hannover das Werk auch ohne Straßenanschrift finden wird.
Eine Selbstbucher Paketkarte vom 1.6.1943 von Hannover 2 (Günther Wagner), Gebühr bezahlt nach Wassenheim im Elsass
Eine portopflichtige Dienstsache vom Außenhandelskontor Niedersachsen in die Podbi 292, innerorts, vom 28.4.1951, Notopfer Steuermarke und 10 Pfennig Nachgebühr…
Kein Kaufmannsbetrieb kann vor einem Gerichtsvollzieher sicher sein. Ein Beleg mit Notopfer Steuermarke und Frei durch Ablösung vom 19.6.1952
Das Wachstum der Firma machten mehrere Umzüge notwendig. Von Groß Munzel nach Hannover zum Engelbosteler Damm in Hannover-Hainholz und schließlich 1906 in den hannoverschen Stadtteil List an die Podbielskistraße.
Eine historische Zeichnung gibt einen Eindruck von der Lage der Firma in der hannoverschen List.
Das damalige Firmengelände wird heute von unterschiedlichen Betrieben genutzt. Allein der „PelikanTurm“ mit seinem Showroom und einem historischen Saal erinnern an die damalige Verwendung.
Der Firmenschriftzug auf dem Schonstein ist noch erhalten.
Eine kleine, unvollständige Zeittafel:
1842 Gründung der Farbenfabrik Carl Hornemann
1863 Eintritt von Günther Wagner bei Carl Hornemann.
1871 kauft Günther Wagner die Firma und führt sie unter eigenem Namen weiter.
Am 27.11.1878 ließ Wagner den Pelikan (Familienwappen) als Schutzmarke beim Amtsgericht Hannover eintragen.
1881 tritt der spätere Nachfolger von Günther Wagner, Fritz Beindorff als Reisender in die Firma ein.
1890, die erste Schreibmaschine wird angeschafft
1906 Umzug der Firma an die Podbielskistraße
1930, Beginn der Herstellung von Plaka-Farbe
7.2.1938 Tod von Fritz Beindorff
Im Jahr 1965 kauft Pelikan (Günther Wagner) die Greif-Werke in Goslar.
Ende der 1960 Jahre wurde der Name des Markenzeichens auch offiziell zum Firmennamen gemacht und von Fa. Günther Wagner in Pelikan umbenannt.
1973 verlagert Pelikan Teile der Produktion aus dem Stammsitz nach Voehrum bei Peine.
1978 wird aus der Pelikan GmbH eine Aktiengesellschaft.
1982 meldet die Pelikan AG Vergleich an
Im Jahr 1990 übernimmt Pelikan den Wettbewerber GEHA – Gebrüder-Hartmann-Werke in Hannover.
1993 Umwandlung des Firmengeländes in Büro, Hotel, Restaurant u.ä.
2003 Auszug der Pelikan Verwaltung.
Die Nachfolgeorganisation der Pelikan wurde aus Puchong, Selangor in Malaysia geführt. Ein neuer Eigentümer ist der französische Konzern Hamelin.
Die Pelikan Vertriebsgesellschaft wird den Betrieb zum Jahresende 2024 in Hannover und Falkensee einstellen. Hamelin will ab 2025 selbst den Vertrieb der Marken Pelikan und Herlitz übernehmen. Der Produktionsstandort im niedersächsischen Peine mit zuletzt rund 230 Mitarbeitern bleibe erhalten.
In Hannover sind nach den drei prägenden Unternehmern der Firmengeschichte Straßen benannt worden:
Carl Hornemann: Carl-Hornemann-Straße, zwischen Immengarten und Günther-Wagner-Allee
Günther Wagner: Günther-Wagner-Allee, unweit der Stadtbahn Haltestelle Pelikanstraße
Fritz Beindorff: Fritz-Beindorff-Allee, in der Nähe der Stadtbahn Haltestelle Vier Grenzen
Nachsatz zu der Pelikan-Marke:
Die Anzahl der Pelikan Kinder variiert in der Pelikan-Marke:
Kopf einer Firmenrechnung, ca. 1910, oben links vier Pelikan Kinder im Nest.
Die Pelikan-Marke mit zwei jungen Pelikanen im Nest, ca. 1960
Das aktuelle Logo, ein Pelikan mit einem jungen Pelikan im Nest.
Quellen:
Wagner ist nicht an allem schuld, Willi Bongard, Die Zeit, 48/1963
Pelikan: Der traditionelle Schreibwarenhersteller muß saniert werden – Politiker und Beschäftigte kämpfen um Arbeitsplätze: Gnadenlos abgewirtschaftet, Stefan Merx, Die Zeit, 30.9. 1994
Geschichte der Stadt Hannover, vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart, Klaus Mlynek und Walter R. Röhrbein, 1994 Agenten, Bader und Copisten, Ludwig Hoerner, 1995
Geha vs. Pelikan, Wettrüsten der blauen Wunder, Stefan Schmitt, Der Spiegel, 12.11.2008
„…da ich von Hitler begeistert war“, wie braun war Fritz Beindorff? Hannoversche Allgemeine Zeitung, Simon Benne, 5.2.2018
Günther Wagner, 1838-1938, Buch zum 100. Jahrestag des Firmen Bestehens, Wilhelm Grabow, 1938, Stadtbibliothek Hannover
Der Beitrag der hannoverschen Industrie zum technischen Fortschritt, Albert Lefevre, 1970, Hannoversche Geschichtsblätter, Stadtbibliothek Hannover
Günther Wagner 1838-1906, verfasst von Hermann Löns, 16.9.1906, Stadtbibliothek Hannover
Fotos vom Autor Juni 2019
Katalog der Deutschen und verwandten R- und + V-Zettelformen, Herausgegeben von der Westdeutschen Arbeitsgemeinschaft R-Zettel und R-Stempel, 2. Auflage Oktober 1966, umgangssprachlich Overmann-Katalog.
Noch nicht für diesen Beitrag ausgewertet:
Tinte und Blech, Eine Pilotstudie zu Fritz Beindorff (1860-1944) und den Günther Wagner Pelikan Werken im Nationalsozialismus, Annemone Christians
R-Brief 15.8.27 von Delmenhorst nach Oldenburg, Freistempler NWK Wolle, 45 Reichspfennig, Absender Kammgarnspinnerei Delmenhorst G.m.b.H., NW&K
Firmen R-Zettel vom obigen Beleg, vom Absender mit einem Stempel und den Initialen NWK ergänzt.
Die Firma hat die ihr von der Post zur Verfügung gestellten R-Zettel mit einem Stempel versehen. Ein Selbstbucher, diesmal nicht mit vorproduzierten Zetteln. Postkunden mit höheren Einlieferungsmengen bekamen „eigene“ Einschreibezettel, um den Einlieferungsvorgang zu beschleunigen. Eine Erklärung für die sogenannten Selbstbucher.
Welcher Postkunde verbirgt sich hinter NW&K?
NW&K = Norddeutsche Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei, im Telegrammspiel Nordwolle genannt.
Martin Christian Lebebrecht Fürchtegott Lahusen (1820-1898) gründete 1884 die Nordwolle in Delmenhorst.
Der Standort der Firma lag an der 1867 gebauten Bahnlinie, die die Städte Bremen und Oldenburg verband und bis zur Nordseeküste nach Wilhelmshaven führte. Auf diesem Weg kamen die aus Übersee angelieferten Rohwolleballen direkt zur Fabrik in Delmenhorst.
Das Firmengelände ist mit Gleisanschluss, Lagerhäusern, Wollsortierung, Wollwäscherei, Kontor und Direktion, Villa der Unternehmer, Wollepark, Häuser für leitende Angestellte, Speiseanstalt, Badeanstalt, Mädchenwohnheim, Produktionshalle, Turbinenhalle und Krankenhaus eine Stadt in der Stadt.
Unter Lahusen Sohn Johann Carl (Leiter 1888-1921) wurde das Unternehmen ausgeweitet.
Die Nordwolle gehörte nach ihrer Gründung bald zu den wichtigsten und angesehensten Industrien in Deutschland. Der Nordwolle-Konzern beschäftigte 1930 in elf Werken über 22.000 Menschen. In Delmenhorst wurden im gleichen Jahr ca. 4.500 Beschäftigte und ca. 5.500 Familienangehörige gezählt.
Zum Vergleich: Delmenhorst hatte 1930 ca. 27.000 Einwohner.
Zeitweise gab es eigene Schafzuchten in Argentinien und Uruguay und eigene Schiffe und Lagerschuppen in Bremen.
Die Geschichte der Unternehmer-Familie Lahusen und der Fabrik endete am 21.7.1931, als das Unternehmen im Zuge der Weltwirtschaftskrise und dem Unvermögen der nachfolgenden Generation in Konkurs ging. Das Unheil nahm seinen Lauf mit unsolider Expansion und Überschuldung u.a. durch Repräsentationsbauten. Die Verluste wurden auf 180 bis 240 Millionen Reichsmark geschätzt, und so löste der Zusammenbruch der Nordwolle weit über Delmenhorst und Bremen hinaus die sogenannte Deutsche Bankenkrise aus, in der verschiedene Banken und auch der Bremer Staat erheblichen finanziellen Schaden erlitten. Zurücktreten musste der mit Lahusens verschwägerte Bremer Senator Heinrich Bömers, der kurz darauf starb. Die Brüder wurden 1931 verhaftet und 1933 wegen Bilanzverschleierung und Untreue verurteilt. Die Inhaber Georg Carl Lahusen, (Firmenlenker 1921-1931) und Heinz Lahusen kamen ins Gefängnis.
1925 erteilte Georg Carl Lahusen für 12.000.000 Reichsmark den Auftrag für
den Bau einer neuen Konzernzentrale in Bremen. Nach dem Konkurs, zu dem auch
dieser überdimensionierte Repräsentationsbau beigetragen hatte, diente der Bau
in der NS-Zeit als Haus des Reichs. Heute wird das Gebäude von der Bremer
Finanzverwaltung genutzt.
Georg Carl Lahusen saß im Aufsichtsrat der Danatbank.
Für die Hausbank der Nordwolle, die Darmstädter und Nationalbank (Danatbank), hatte der Bankrott die unmittelbare Folge, dass sie selbst zahlungsunfähig wurde. Die Banken in Deutschland wurden für einige Tage geschlossen. Die Danatbank verlor 48 Millionen Reichsmark und wurde unter Reichstreuhandschaft gestellt und im Folgejahr von der Dresdner Bank übernommen. Auch die Schröder-Bank wurde deshalb zahlungsunfähig und musste schließen.
R-Brief 12.9.22 von Jever, Absender Darmstädter und Nationalbank, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Depositenkasse, an gleiche Bank in Wilhelmshaven. Ein Beleg der Danatbank aus einer Zeit, in der die Geschäfte noch funktionierten.
R-Zettel vom obigen Beleg
Nach dem Konkurs wurde in unterschiedlichen Gesellschaften bis 1981 weiter
produziert.
Einige Fotos sollen den Artikel illustrieren:
Die Schaufassade mit Lagerhaus B der NW&K, vormals Räume von Verwaltung und Direktion, direkt neben den Bahngleisen.
Rechts neben dem Haupttor hängt auch heute noch die Zentraluhr.
Der Wasserturm in seiner heutigen Wirkung. An der Südseite ist ein Relief eines Merinowidders zu sehen. Das Gründungsjahr der Firma1884 ist unter dem Widder abgebildet.
Der achtzackige Stern war das offizielle Firmenemblem. Das Sternzeichen stellte das Garantiezeichen der NW&K dar und befand sich auf sämtlichen Erzeugnissen.
Auch heute lohnt sich ein Besuch der Nordwolle in Delmenhorst, einem der größten Industriedenkmale Europas.
Quellen:
Nordwolle Delmenhorst, Baudenkmal, Wohngebiet, Wirtschaftsstandort, EXPO-Projekt, Delmenhorst 2000, ISBN 3-89598-694-1
Die Nordwolle, Eine Stadt in der Stadt, Förderkreis Industriemuseum Delmenhorst
Die Nordwolle, M. Mende, Der historische Ort, Berlin 1997, ISBN 3-931121-35-6
Warum dieser Beleg? Wolfgang Müller, Arbeitsgemeinschaft Münzen und Geldwesen, Mitteilungsblatt 114, Dezember 2007
Selbstbucher R-Zettel für Einschreibsendungen mit vierstelligen Postleitzahlen
Bereits im Jahre 2004 haben die Autoren F.J. Opaterny und Dr. F.W. Schembra über die Arbeitsgemeinschaft der R- und V-Zettel Sammler eine Arbeit zu Selbstbuchern vorgelegt. Die bemerkenswerte Arbeit beschränkt sich leider auf eine ausführliche Auflistung ohne Abbildungen. Für den niedersächsischen Teil soll das in diesem Artikel durch entsprechende Scans ergänzt werden.
R-Zettel nass- und selbstklebend mit einem oder zwei (selten auch drei oder mehr) Unterscheidungsbuchstaben mit fortlaufender Nummerierung von der Rolle (S. 5)
2900 Oldenburg, Oldb 1 UB: ihk, Industrie- und Handelskammer, nassklebend, Datum unbekannt
–liegt nicht vor —
R-Zettel nass- und selbstklebend mit einem oder zwei Unterscheidungsbuchstaben mit Zusatzeindruck „Selbstbucher“ unterhalb des Ortsnamens mit fortlaufender Nummerierung von der Rolle (S. 7)
Nutzer dieser R-Zettel ist der Landkreis Rotenburg (Wümme), Nebenstelle Bremervörde, Postfach 111, Bremervörde.
R-Zettel nass- und selbstklebend mit einem oder zwei Unterscheidungsbuchstaben mit postamtlichen Zusatzeindruck ohne Postbank, Postscheckamt und Postgiroamt unterhalb des Ortsnamens mit fortlaufender Nummerierung von der Rolle (S. 37)
3000 Hannover 1 Datenzentrum, nassklebend
R-Zettel mit einstelliger Postleitzahl, 3 Hannover 1 Datenzentrum
Beleg vom 8.7.71, Poststempel Hannover OPD (Oberpostdirektion)
R-Zettel vom obigen Beleg, mit vierstelliger Postleitzahl, 3000 Hannover 1 Datenzentrum
R-Zettel nass- und selbstklebend mit einem oder zwei Unterscheidungsbuchstaben mit Zusatzeindruck Postbank, Postscheckamt und Postgiroamt unterhalb des Ortsnamens mit fortlaufender Nummerierung von der Rolle (S. 41)
3000 Hannover Postgiroamt, nassklebend
Postsache, daher ohne Datum, Postscheckamt
R-Zettel vom obigen Beleg, Unterscheidungsbuchstaben „Dr“ = Druckerei
Postsache, daher ohne Datum, Postgiroamt
R-Zettel vom obigen Beleg, Unterscheidungsbuchstaben „Fv“ = Formblattversand
Ab 1.1.1984 wurde das bisherige Postscheckamt Hannover in Postgiroamt Hannover umbenannt. Es erfolgte ein Aufbrauch der vorliegenden Zettel Postscheckamt. R-Zettel mit dem Zusatz Postbank sind an diesem Standort bisher nicht bekannt.
Die R-Zettel vom Postscheckamt und Postgiroamt Hannover werden in einem späteren Artikel ausführlich behandelt.
R-Zettel, Aufkleber oder Umschläge mit fortlaufender Einlieferungsnummer, Numeratordruck oder EDV-Eintrag (S. 45, 46, 48)
Umschlag mit RZ – Aufdruck links oberhalb des Fensters, sowie teilweise hineinreichend wegen der aufgedruckten Briefnummer:
Umschlag/Aufkleber mit R-Zettel-Aufdruck mit eingedruckter fortlaufender Briefnummer:
3400 Göttingen UB: ee, Phila-Club Göttingen
Umschlag mit aufgedrucktem R-Zettel, vierstelliger Numerator, Datum 5.5.78 (10 Jahre später wurde gleicher Beleg mit aufgeklebter Vignette zur Göttinga 1988 erneut vertrieben.)
Aufgedruckter R-Zettel vom obigen Beleg
4500 Osnabrück 1 UB: dl, Dieter Lüwer
Briefumschlag mit aufgedrucktem R-Zettel, Belegdatum: 26.1.87 (Mit Datum 3.10.1992 wurden im gleichen Verfahren Postkarten hergestellt und vertrieben, teilweise mit zweistelligem Numerator)
Aufgedruckter R-Zettel vom obigen Beleg
Feste Numeratoren, vierstellige Postleitzahl (S. 53, 54, 55):
280 UB: rh, 3302 Cremlingen, Sir Rowland Hill Gesellschaft mbh & Co., Buchhorstblick 7
lose nassklebend, R-Zettel Pärchen mit gleichbleibendem Numerator, Belegdatum: 31.10.91
500 UB: bw, verschiedene Orte, Bundeswehr
4470 Meppen, Beleg vom 26.6.92
Zum Thema Bundeswehr in Niedersachsen, mit gleichbleibenden Numerator, lesen Sie hier bitte weiter.
Quellen:
F.J. Opaterny und Dr. F.W. Schembra, Selbstbucherzettel für Einschreib- und Wertsendungen, 1966 bis 1997, Heft 29 der Arbeitsgemeinschaft „R+V-Zettel e.V.“, Oktober 2004
Bekam ein junger volljähriger Mann ein Einschreiben per Post, war es in den meisten Fällen die Aufforderung sich bei dem zuständigen Kreiswehrersatzamt zur Musterung einzufinden oder die Einberufung zum Wehrdienst.
Das Kreiswehrersatzamt (KWEA) war eine untere Bundesbehördeder Territorialen Wehrverwaltung auf Ortsebene (Ortsbehörde) mit der Hauptaufgabe, den Personalersatz für die Bundeswehr sicherzustellen.
Mit dem Aussetzen der Wehrpflicht und der Neuausrichtung der Bundeswehr wurden die Kreiswehrersatzämter mit Wirkung vom 30. November 2012 aufgelöst.
Der Name Kreiswehrersatzamt setzt sich aus vier Bestandteilen zusammen: Kreis als Einteilung der Republik durch die Bundeswehr in Kreise. Diese entsprechen nicht den Landkreisen. Wehr stellt den Bezug zur Bundeswehr, also der Landesverteidigung (Gefahrenabwehr) Deutschlands her. Ersatz bezeichnet im deutschen Wehrsprachgebrauch die Ergänzung des Personalbedarfs der Streitkräfte. Amt ist die schlichte Bezeichnung für eine öffentliche Verwaltung.
Die Kreiswehrersatzämter hatten folgende Hauptaufgaben:
Musterung der Wehrpflichtigen und freiwilligen Bewerber/Bewerberinnen zur Feststellung der Wehrtauglichkeit und Verwendungsfähigkeit,
Durchführung einer psychologischen Untersuchung zur Ermittlung der Eignung der tauglich Gemusterten,
Einplanung der Bewerber für den Freiwilligen Wehrdienst,
Einberufung der Bewerber für den Freiwilligen Wehrdienst zum Dienstantritt und der Reservisten zu Dienstleistungen.
Die Kreiswehrersatzämter nutzen vorbereitete Umschläge mit einem eingedruckten R-Zettel und gleichbleibenden Numerator. Außerdem wurden die Unterscheidungsbuchstaben bw = Bundeswehr verwendet.
KWEA Hannover, Alter Flughafen 2 a, 3000 Hannover 1, 26.06.1992, Absender Hannover 1, R-Zettel Hannover 112, (Beleg mit naßklebendem R-Zettel KWEA Hannover siehe unten)
KWEA Nienburg, Berliner Ring 98, 3070 Nienburg, 02.01.1989, Freistempler Bundeswehr, Hinweis: Nur in der Bundesrepublik Deutschland, nicht jedoch nach Berlin (West) nachsenden. Dieser Hinweis wurde nach der Wende auf den vorgedruckten Umschlägen durchgestrichen.
R-Zettel von obigen Beleg, 500 bw rechtsstehend (Beleg mit fünfstelliger Postleitzahl KWEA Nienburg am Ende des Artikels)
KWEA, Anschrift wie oben, R-Zettel ohne Zusatz Weser, 500 bw mittig
KWEA Celle, Spörkenstr. 63, 3100 Celle, Oktober 1991
Ein Briefausschnitt einer s/w Variante vom KWEA 3100 Celle 1
KWEA Hildesheim, Waterloostr. 25, 3200 Hildesheim, 01.07.1992 , Freistempler Bundeswehr Kreiswehrersatzamt Hildesheim, Hinweis: … mit Ausnahme Berlin (West) … durchgestrichen.
KWEA Meppen, Adresse wie oben, 26.06.1992, Briefumschlag nicht mit blauem, sondern weißem Papier, 500 bw rechtsstehend und kleinerer Schrifttyp, R-Zettel gedruckt, aber Abriss links und rechts nachempfunden…
KWEA Osnabrück, Postfach 2848, 4500 Osnabrück, Freistempel und R-Zettel Osnabrück 12, 29.06.1992, waagerechter roter Strich in der Abbildung stammt vom Freistempler
Bis hier wurden Belege und R-Zettel mit eingedrucktem R-Zettel und gleichbleibendem Numerator vorgestellt. Aber natürlich keine Regel ohne Abweichung:
KWEA Goslar, Oberer Triftweg 16/17, 338 Goslar, vermutlich 01.12.1977, mit naßklebendem R-Zettel 338 Goslar und Unterscheidungsbuchstaben „fa“
R-Zettel vom obigen Beleg
KWEA Hannover, Alter Flughafen 2 A, 3000 Hannover 1, 16.10.1986, mit losem R-Zettel 3000 Hannover 112 und Unterscheidungsbuchstaben „ad“
R-Zettel vom obigen Beleg
Die folgende Variante ist erst auf dem zweiten Blick zu erkennen:
KWEA Oldenburg, Bremer Str. 71, 2900 Oldenburg, 29.06.1992, ein naßklebender R-Zettel klebt auf dem eingedruckten R-Zettel
R-Zettel von obigem Beleg, der aufgeklebte R-Zettel 2900 Oldenburg, Oldb 13 deckt den vorgedruckten R-Zettel links und rechts nicht komplett ab
Und zum Schluss zwei Bundeswehr Einschreibzettel mit 5-stelliger Postleitzahl:
KWEA Nienburg, Berliner Ring 98, 3070 Nienburg, leider nur ein Briefstück, ohne Datum. Auf einen alten Bundeswehr Umschlag, wird das Einschreiben mit einem selbstklebenden schmalen R-Zettel verschickt: 31582 Nienburg, Weser 3, UB m
Die Einlieferung der R-Briefe mit feststehendem und gleichem Numerator erfolgte mit einer begleitenden Computerliste. Freistempler waren der Normalfall, die Verwendung von Briefmarken war nicht vorgesehen.
Offene Fragen:
Von welchen nicht aufgeführten Kreiswehrersatzämtern aus Niedersachsen gibt es weitere Belege?
Gibt es weitere Belege mit 5-stelliger Postleitzahl?
Quelle:
wikipedia.org/wiki/Kreiswehrersatzamt, auszugsweise, Abruf am 16.10.2018
Postkunden mit höheren Einlieferungsmengen bekamen „eigene“ vorproduzierte Einschreibezettel, um den Einlieferungsvorgang zu beschleunigen.
Eine Erklärung für die sogenannten Selbstbucher.
29.12.33, Goslar Greifwerke, Freistempel Deutsches Reich mit Motiv Füllhalter und Tinte, R-Brief nach Erfurt
R-Zettel vom obigen Beleg, Goslar Greifwerke 1933
Ca. 1920 wurde dieser R-Zettel eingesetzt, Kopie von einem Auktionslos
Welcher Postkunde verbirgt sich hinter den Greif-Werken?
Der Vorläufer der Greif-Werke wurde 1902 von Carl Bruer als „Deutsche Bürobedarfsgesellschaft Carl Bruer & Co.“ gegründet.
Gründer und Inhaber Carl Bruer
Wer Dauerschablonen, Füllhalter, Tinte, Typenreiniger, Wachspapier Vervielfältiger, Schreibmaschinen Zubehör, Kohlepapier, Klebstoff oder allgemeinen Bürobedarf suchte kam an dieser Firma nicht vorbei. 1921 wurden in der Firma 300 Menschen beschäftigt.
Die einzelnen Bauabschnitte der Greif-Werke von 1908 bis 1930 am Greifplatz und im Gosetal werden dokumentiert
23.4.15, Paketkarte, Absender Deutsche Bürobedarfs-Gesellschaft
Etwa 1922 wurde die Füllhalterfabrikation aufgenommen.
Perfin-Beleg 12.6.22 von Greif-Werke, Goslar nach Stuttgart
Die Firmenlochung von Marken war eine Sicherheitsmaßnahme gegen Entwendung durch die Belegschaft. Im englischen Sprachgebrauch werden sie als Perfin bezeichnet, von der englischen Abkürzung „Perforated Initials“, was so viel bedeutet wie: gelochte Initialen. Es wurde ein Raster aus Punkten in das Bild der Briefmarke eingestanzt und das Aussehen der Marke so verändert. Die Marken wurden durch die Lochung nicht entwertet, sondern nur für einen eingeschränkten Gebrauch kenntlich gemacht. Meist wurden hierfür die Anfangsbuchstaben der Firma oder auch Symbole verwendet. Unternehmen, Dienststellen und Behörden mit einem größeren Vorrat an Briefmarken kennzeichneten so ihre Marken. Die Marken auf diesem Beleg tragen die Lochung „GW“ für „Greif-Werke“. Und 1922 ahnte man noch nicht den Verkauf an Pelikan: Günter Wagner „GW“.
Notgeld der Greif-Werke vom 23.10.1923, Unterschrift Carl Bruer
Freistempel Greif-Werke vom 15.11.33, Umsatz schaffen durch Greif Vervielfältiger Dauerschablonen
Freistempel Greif-Werke vom 29.12.33, Greif Füllhalter und Tinte, Ausschnitt aus obigem R-Brief
Historischer Füllhalter, schwarze Perle, ca. 1937
Auf Bestellformularen taucht während der Kriegszeit der Zusatz Reichsbauernstadt Goslar auf.
1955 übernahm die Nukote-Holding die Greif-Werke, die zu einer Tochter der Pelikan Hardcopy AG mit Sitz im schweizerischen Egg geworden waren.
Im Jahr 1965 kauft Pelikan (Günther Wagner) aus Hannover die Greif-Werke. Zu diesem Zeitpunkt erzielen 380 Beschäftige einen Umsatz von 10,5 Millionen Deutsche Mark. 1985 folgt der Zusammenschluss mit Pelikan. Bis Mitte der 1990er Jahre wurde von Pelikan im Stadtteil Baßgeige produziert.
Weitere Information zu Günther Wagner, Hannover finden Sie hier.
Als Erinnerung an die Greif-Werke ist der Greifplatz als ein Straßenabschnitt in Goslar benannt worden. Die Benennung erfolgte in den 1980er Jahren. Der Platz an der Bäringerstraße erinnert an den ursprünglichen Standort der Firma. Der Greif- und Ziegenbrunnen, der 1920 von dem Berliner Bildhauer Willibald Böttcher (1867-1928) erschaffen wurde, hat die Zeiten überlebt und wurde wieder aufgebaut und im September 1983 eingeweiht. Er war eine Stiftung von Carl Bruer an die Stadt Goslar.
Wo einst der Mönche Chorgesang
Tönt jetzt vom Greifwerk Arbeitsklang
Der Hirte bläst das Zicklein springt
Der Brunnen leise dazu singt
Spruch am Brunnen, gestiftet von Carl Bruer 1920. Ziegenköpfe erinnern am Brunnen an die ehemalige Nutzung als „Ziegenplatz“, noch vor der Niederlassung der Greifwerke.
Das Symbol der Greif-Werke: der Greif ist ein aus Tierkörpern gebildetes, mythisches Mischwesen. Die Eigenschaften des Greifs sind Stärke, Klugheit und Wachsamkeit.
Brauner Schatten: das Trillke-Werk lagerte während des 2. Weltkrieges einen Teil der Zubehörproduktion für die Herstellung von Kriegsgerät in andere Firmen aus, die dem Rüstungsunternehmen ihre Arbeitskräfte überließen. Trillke stellte die nötigen Maschinen, schulte die Arbeiterinnen und übernahm die technische Leitung. Eine dieser sogenannten verlängerten Werkbänke befand sich in Goslar in den Greif-Werken. Hier ließ Trillke Zündanker, Kollektoren und Magnetschalter fertigen.
Quellen:
Goslars Handel im Wandel der Zeiten, Kraus Geyer, 1. Auflage 1996
Nun muss sich alles wenden, Goslarer Allerlei 1948-1970. Aus gesammelten Zeitungsberichten zusammengestellt von Hannelore Giesecke
Verein „Spurensuche Goslar e.V.“. „Gebt uns unsere Würde wieder“ – Kriegsproduktion und Zwangsarbeit in Goslar 1939; eine Begleitbroschüre zur gleichnamigen Ausstellung von Peter Schyga, Goslar 20062, S. 21.
www.goslarer-geschichten.de
Archiv:
Das Stadtarchiv Goslar bewahrt wertvolle Unterlagen zu den Greif-Werken auf: Gründungsverträge, Bauprojekte, Kataloge, Preislisten, Werbematerial, Chroniken, Fotoalben, Firmenzeitschriften, Reiseberichte des Inhabers und persönliche Familienpapiere. Das Stadtarchiv deckt hier den Zeitraum von 1890 bis 1985 ab.
Postkunden mit höheren Einlieferungsmengen bekamen „eigene“ vorproduzierte Einschreibezettel, um den Einlieferungsvorgang zu beschleunigen. Eine Erklärung für die sogenannten Selbstbucher.
Welcher Postkunde verbirgt sich hinter G. Hohn?
Fabrikant Gerhard Hohn, 1870 -1939, Gründer der Harzer Hosenträger- und Gürtelfabrik in Goslar. Auf Vorschlag der Technischen Universität Braunschweig, Abteilung für Maschinenbau, am 26.5.1922 Ernennung zum Dr.-Ing E.H. .
Auf dem R-Zettel der 1. Reichsausgabe ab 1910 ist der Selbstbucher Zusatz G. Hohn zu erkennen.
R-Brief aus Baddeckenstedt (Landkreis Wolfenbüttel) nach Hannover, 15.11.45, Selbstbucher R-Zettel Goslar G. Hohn überstempelt mit Baddeckenstedt.
R-Zettel vom obigen Beleg.
Die Firmengründung fand 1896 im Marktkirchhof 1 statt. Die Firma wuchs und fand neue Räume in die Mauerstraße 3-4. Die Produktion von Hosenträgern wurde von Herrenwäsche Sortimenten abgelöst.
Werbung ca. 1926
Cunard- Werk ist der neue Name der Harzer Hosenträger- und Gürtelfabrik. Der Firmengründer Gerhard Hohn ist am Beginn seiner Berufstätigkeit als Steward für die englische Cunard-Linie gefahren. So fand der Qualitätsbegriff Cunard Einzug in die Firmenhistorie. (Die Cunard-Linie führt auch heute noch Kreuzfahrten durch).
Das Firmengelände um ca. 1926.
Ca. 1938 wird bei der Darstellung der Fabrik auf die Schornsteine verzichtet.
Auf Firmenformularen taucht während der Kriegszeit, ca. 1942, der Zusatz Reichsbauernstadt Goslar auf. Und an Eigenwerbung wird nicht gespart: Erstklassische Herstellung von Hosenträgern, Sockenhaltern, Ärmelhaltern, Sport- und Ledergürteln.
Und die Cunard Bulldogge ist das Wahrzeichen für Sorgfalt und Eleganz.
Ende der 1960er Jahre existierte das Werk in Goslar nicht mehr. Eine Verlagerung nach Bad Harzburg war der Grund. Etwa 1977 wurde das bisherige Fabrikgelände verkauft und umgestaltet.
Quellen:
Goslars Handel im Wandel der Zeiten, Kraus Geyer, 1. Auflage 1996
Nun muss sich alles wenden, Goslarer Allerlei 1948-1970. Aus gesammelten Zeitungsberichten zusammengestellt von Hannelore Giesecke, S. 426/7
Universitätsarchiv der Technischen Universität I Braunschweig.
Offene Fragen:
Gibt es in Goslar noch eine Erinnerung an diese Firma? Ist der Cunard-Platz, Ecke Bäckerstraße/Mauerstraße, noch existent?
Kann ein interessierte Leser dem Autor einen Einblick in folgendes Buch zum Thema Harzer Hosenträger- und Gürtelfabrik, Gerhard Hohn, Goslar gewähren?
Titel: Goslar a./H. / Hrsg. vom Magistrat Goslar a. H. Verlag: Berlin-Halensee : „Dari“, Deutscher Architektur- u. Industrie-Verlag – [Leipzig] : [F. Volckmar], Erscheinungsdatum: 1921, Signatur: 1921 B 1953 Bereitstellung in Leipzig.