Nordseebad Baltrum – Dörnröschen der Nordsee

In der südlichen Nordsee liegen die sieben bewohnten ostfriesischen Inseln Wangerooge, Spiekeroog, Langeoog, Baltrum, Norderney, Juist und Borkum.

Im Gegensatz zu den Nordfriesischen Inseln sind diese nicht Reste vom Festland, sondern vielmehr vom Meer durch ständige Sandablagerungen entstandene Inseln.

Erst mit dem Aufkommen der Eisenbahn, der Schifffahrtsverbindungen und der Gründung der Seebäder erwachte die Inselwelt aus ihrem „Dornröschenschlaf“.

In diesem Beitrag geht es um Baltrum, die nach Einwohnern kleinste der ostfriesischen Düneninseln. Baltrum gehört zum Landkreis Aurich.

Heute kaum vorstellbar brachten in früherer Zeit sogenannte Schlickläufer die Post zur Insel bzw. zum Festland. Ab 1867 wurde ein Postboot eingesetzt.

Anzeige von 1873: „Fährverbindung zwischen Baltrum und Neßmersiel. In den Monaten März bis Oktober incl. jeden Dienstag und Freitag, Abfahrt von Neßmersiel mit Hochwasser, von Baltrum eine Stunde nach Einsetzen der Fluth. In den Monaten November bis Februar incl. jeden Mittwoch zur obigen Zeit. Vorbehältlich Wind und Wetter.

Abbildung eines Fahrplans von 1885 – „Vorbehältlich Wind und Wetter!“

Eine neue Zeit begann kurz vor der Jahrhundertwende. 1876 wurde Baltrum zum „Seebad“ ernannt und die touristische Erschließung der Insel begann.

Poststempel Baltrum vom 27. Dezember 1909

Mit dem Beginn des Badeverkehrs (schönes Wort für Tourismus), dem wirtschaftlichen Aufschwung und verbunden mit der steigenden Einwohnerzahl begann auch die Arbeit der Post. Telegraphenlinien wurden eingerichtet und am 9. Mai 1885 startete eine Postagentur im „Hotel zur Post“ auf Baltrum. Post und Telegraphendienst lagen in der Hand des Hotelbesitzers und Postagenten Cassen Eilts, sen..

Zum Vergleich: Norderney hat bereits seit 1820 eine Postanstalt.

Zwischen den Menschen auf der Insel und der zuständigen Postverwaltung auf dem Festland knirschte es gewaltig. Beispielhaft 1914, wie auch 1922 und 1923 sind Probleme belegt:

Ein Antwortbrief vom 10. Oktober 1914 von der Kaiserlichen Ober-Postdirektion aus Oldenburg an den Königlichen Herrn Landrat in Norden

„In der Anlage beehrt sich die Ober-Postdirektion eine Abschrift des an den Gemeindevorstand in Baltrum erteilten Bescheids wegen werktäglicher Postsachenbeförderung auch in den Wintermonaten ergebenst zu übersenden. Leider ist die Ober-Postdirektion mit Rücksicht auf den geringen Verkehrsumfang nicht in der Lage, den Wünschen der Gemeinde Baltrum zu entsprechen. Da die amtlichen Kriegstelegramme, sofern solche herausgegeben werden, auch während der Wintermonate täglich nach Baltrum gelangen und bei der Postagentur ausgehängt werden, ist den Bewohnern Gelegenheit gegeben, sich über die wichtigsten Vorkommnisse zu unterrichten. Die Ober-Postdirektion wird ferner die Postsendungen für Baltrum täglich nach Neßmersiel schaffen lassen, damit die Bewohner der Insel sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit abholen können. Zu weiterem Entgegenkommen ist die Ober-Postdirektion leider nicht in der Lage.“

Die Berliner Morgen-Zeitung berichtete am 20. Oktober 1922 über die Postsituation mit der Insel Baltrum

Zwischen zwei Meldungen zu Raubmorden in Dortmund und München berichtet die Berliner Morgen-Zeitung: “ Die Insel Baltrum ohne Postverbindung. Aus Leer meldet unser Korrespondent: Bei der ostfriesischen Nordseeinsel Baltrum scheint die Postverwaltung mit dem Sparshstem (?) beginnen zu wollen. Bereits seit dem 1. Oktober existiert keine Postverbindung nach der Insel mehr. Wer seine Postsachen haben will, muß sie sich vom Festlande in Neßmersiel holen. Erst wenn die Badegäste im nächsten Sommer wiederkommen, soll es wieder die Post geben.“

Der Reichstagsabgeodnete Dr. Alfred Gildemeister, Bremen, Wahlkreis Weser-Ems, setzte sich für Baltrum ein und schrieb am 8. Februar 1923 an den Reichpostminister.

Die Antwort des Reichspostministers, Berlin, Leipziger Str. 15 vom 15. März 1923 ist dokumentiert:

Auszugsweise aus drei Seiten Antwortbrief, in Stichworten:

140 Einwohner auf Baltrum, schlechte wirtschaftliche Lage des Reiches, Postagentur lässt sich außerhalb der Badesaison nicht rechtfertigen, Telegraphenhilfsstelle vorhanden, zu hohe finanzielle Forderung der Fährschiffer, Geldentwertung, der Kreis Norden und Regierung in Aurich wollten keine Fährverbindung einsetzen, seit Februar 1923 fahren zwei in Baltrum ortsansässige Fährschiffer zweimal wöchentlich zwischen Baltrum und Festland/ Postagentur Nessmersiel, 14 Rentempfänger auf der Insel, Stichprobe ergab in einer Februarwoche durchschnittlich 16 Briefe täglich und je eine Zeitung, Paket und Postanweisung.

Zur Einordnung: 1. Weltkrieg von 1914 bis 1918, Inflation 1914 bis November 1923.

Strom gab es auf Baltrum erst ab 1925 und fließendes Wasser sogar erst 1935.

Mit der Indienststellung des Fährschiffs „Baltrum I“ im Jahr 1927 stieg die Gästezahl bis 1936 auf etwa 5000 Gäste an.

In den Personalakten des Postagenten finden sich Unterlagen, die die damalige Zeit widerspiegeln, z.B.:

  • Meldung über die Kürzung der Vergütung von Zustelleistung auf Grund der Notverordnung vom 12. Februar 1932
  • Schriftverkehr mit dem Personalbüro der Reichspostdirektion Oldenburg (Oldb.) vom 5. Mai 1937 (Statistik zum Arbeitsumfang)
  • Verleihung des Treuedienstehrenzeichen für 25jähriges Dienstjubiläum am 30. Januar 1942 (Anmerkung: Kosten dürfen der Reichspostkasse hierdurch nicht entstehen)
  • Einberufung zur Wehrmacht vom 17. Februar 1943

R-Brief Nordseebad Baltrum, Poststempel vom 13. August 1946, Brief nach 23 Norden

R-Zettel vom obigen Beleg, Einheitsausgabe Deutsches Reich, breiter Rahmen

loser Einschreibzettel, (23) Nordseebad Baltrum, zweistellige Postleitgebietszahl

Vom 1. Juni 1949 bis 30. September 1949 wird während der Badesaison die Poststelle I Nordseebad Baltrum in ein Zweigpostamt (ZwPA) des Postamtes Norden umgewandelt. Die Umwandlung erfolgt wie in jedem Jahr nur während der Sommersaison. Die Bezüge des Posthalters (1949: Lucie Eilts, 1956: Cassen Eilts, jun.) ruhen, den Dienst übernehmen Postbeamte vom Festland.

So wechselt jährlich der Posthalter in den Sommermonaten in seinen Hauptberuf als Gastwirt und Hotelier.

Die genauen Dienstzeiten des Posthalters sind vom Postamt (23) Norden dokumentiert, 14. Juli 1952

Nordseebad Baltrum – Dornröschen der Nordsee, 17. Dezember 1956, Sonderstempel mit Möwe

Der Slogan „Baltrum – Das Dornröschen der Nordsee“ wird dem ab den 1920er Jahren tätigen Badedirektor zugeordnet.

Jede Posteinrichtung hatte der vorgesetzten Stelle einen Leistungsnachweis einzureichen. In diesem Fall berichtet die Poststelle Baltrum an das Abrechnungspostamt Norden, auszugsweise aus dem Jahr 1960:

  • Einwohnerzahl des Ortes: 405
  • Posthalterdienst im Hause, die Öffnungszeiten: werktags von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 15.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Sonntagsdienst 9.00 Uhr bis 10.00 Uhr.
  • Dienststunden der Hilfskräfte, Zustelldienst, Posteingang und Postausgang, Entstörungsdienst
  • Kassenumsatz und Wertzeichenerlöse
  • Schiffsverbindungen, abhängig von den Gezeiten
  • Verkehrsübersicht, u.a. bearbeitete Rundfunkempfangsbescheinigungen, gezahlte Renten, eingegangene Pakete, Wert- und Einschreibesendungen, Ein- und Auszahlungen im Postsparkassendienst, ein- und ausgehende Telegramme.

Nach einem Leistungsnachweis vom 1. Oktober 1959 bis zum 30. April 1960 hält die Statistik 687 eingehende und 480 abgehende Wert- und Einschreibsendungen fest.

Postkarte von Baltrum, im Mittelpunkt Hotel zur Post, ca. 1960

Im Mai 1962 wurde das „Hotel zur Post“ erweitert und die Deutsche Bundespost schloss sich auf der Ostseite des Hotelgebäudes mit dem Neubau eines neuen Inselpostamtes an

Foto vom Umbau und Fertigstellung vom 23. Mai 1962

Blick auf die Postfächer im Eingangsbereich

Zwei Briefschalter und ein Paketschalter wurden im Auftrag der Oberpostdirektion Bremen eingerichtet.

Die Öffnungszeiten 1962 waren geprägt durch die Bedürfnisse der Insulaner und Gäste in der damaligen Zeit:

Vom 1. September bis 30. Juni hatte die Post geöffnet von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 15.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Sonnabends von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr und sonntags von 11. 00 Uhr bis 12.00 Uhr!

In der Saison, damals vom 1. Juli bis 31. August, war die Post von 8.30 Uhr bis 12.00 Uhr und 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr dienstbereit. Am Sonnabend wurde eine halbe Stunde früher geöffnet, der Sonntag wie außerhalb der Saison.

1956 lösten die Rautenausgaben mit Amtskennzeichen (AKZ) für die Bundesrepublik Deutschland die zweistelligen Postleitgebietszahlen ab. Mit Amtsblattverfügung 274/1956 galten die Amtskennzahlen am 30. Juli 1956 auch für die Rautenausgabe der Einschreibezettel.

R-Brief Nordseebad Baltrum, Poststempel vom 24. August 1962, Brief nach Duisburg, R-Zettel mit Amtskennzeichen (AKZ) 9 P

R-Zettel vom obigen Beleg

Die Oberpostdirektion Bremen teilt am 5. Juli 1963 mit, dass nach Abstimmung mit dem Niedersächsischen Minister des Innern die ostfriesischen Inseln, also auch Baltrum, den Zusatz Nordseebad in postamtlichen Bezeichnungen beibehalten.

2985 Nordseebad Baltrum, Dornröschen der Nordsee, 28. April 1964, Abbildung Glockenstuhl 

Seit 1966 ist Baltrum ein staatlich anerkanntes Nordseeheilbad.

Zum 1. Januar 1965 wurden in der Bundesrepublik Deutschland Postleitzahlen mit vier Ziffern eingeführt. In den 28 Jahren bis zur nächsten Veränderung wurden durch viele Nachbestellungen eine Vielzahl von Schriftarten und Schriftgrößen eingesetzt:

R-Zettel 2985 Nordseebad Baltrum, schmale Schrift

R-Zettel 2985 Nordseebad Baltrum, fette Schrift

R-Zettel 2985 Nordseebad Baltrum, fette Schrift, kleinere Schriftart bei der Postleitzahl

R-Zettel 2985 Baltrum, Wegfall des Zusatzes Nordseebad, schmale Schrift

R-Zettel 2985 Baltrum, ohne Zusatz Nordseebad, fette Schrift

R-Zettel 2985 Baltrum, letzter Drucktype vor Einführung der fünfstelligen Postleitzahl

Seit dem 1. Juli 1993 lautet die fünfstellige Postleitzahl von Baltrum 26579:

R-Zettel 26579 Baltrum, nach Einführung der fünfstelligen Postleitzahl

Diese nassklebenden R-Zettel sind belegt. Vermutlich gibt es weitere R-Zettel mit anderen Drucktypen und Unterscheidungsbuchstaben. Ob es auch selbstklebende R-Zettel mit fünfstelliger Postleitzahl gab, ist mir im Moment nicht bekannt.

Die Post für Baltrum wird im Briefzentrum Bremen zusammengeführt und zum Fährhafen Neßmersiel gebracht. Die morgendliche erste Fähre nimmt die Postsendungen vom Festland, von Neßmersiel, mit nach Baltrum. Da wegen der Tiede die Uhrzeiten der Schiffsverbindungen variieren, stellt sich das Zustellteam auf die jeweilige Ankunftszeit mit einer gleitenden Arbeitszeit ein.

Das Hotel zur Post im Westdorf Nr. 43. Der graue Anbau rechts vom Gebäude war der Standort des Postamtes

Ende 2004 wird die Poststelle am Hotel zur Post geschlossen.

Auf Baltrum (Westdorf und Ostdorf) gibt es keine Straßennamen, nur Hausnummern, die sich quer über die Insel verteilen. Die mehr als 300 Häuser sind in der Regel nach Erbauungsdatum nummeriert. Je höher die Hausnummer, desto jünger sind die Häuser. So kommt es etwa, dass der Frischemarkt Baltrum die Hausnummer 19 trägt, der gegenüberliegende Störtebeker Backshop, in dem auch die Partnerfiliale ihren Sitz hat, aber die Nummer 95.

Seit Anfang 2005 befindet sich die Partnerfiliale der Deutschen Post AG, die Deutsche Post Filiale 555, im Westdorf Nr. 19 in der Regie von Herrn Bernd Stürenburg in der Bäckerei gegenüber vom Frischemarkt.

Interner Stempel der Partnerfiliale auf Baltrum. Die Hausnummer Westdorf 19 bezieht sich auf die „Zentrale“ Frischemarkt

Baltrum online berichtet von der Ratssitzung am 27. Juli 2010: „Es liegt ein Antrag auf Erweiterung der Festsetzungen für das ehemalige „Nordseehotel zur Post“ vor. Ein Bauunternehmer hatte das Grundstück mit dem Gebäude darauf erworben und will bereits im Herbst mit dem Umbau beginnen. Neben geplanten Eigentumswohnungen gibt es einen Pachtbereich, der vor allem die Flächen der Deutschen Post und der Telekom umfasst. „

Baltrum online verbreitet am 20.10.2013 einen Baustellenreport „Der Neubau des Hauses zur Post ist größtenteils abgeschlossen. Aktuell wird noch am Gebäude gearbeitet, indem sich die Briefverteilung und die Postfächer der Baltrumer befinden. Im nächsten Jahr dürfte dann auch das Drumherum des Neubaus fertig sein und die Bauzäune abgebaut werden können.“

Im Jahre 2015 hat Herr Marc Gloystein die Partnerfiliale (und den EDEKA-Supermarkt und die Bäckerei) von Herrn Stürenburg übernommen. Nach dem Inhaberwechsel ist die Partnerfiliale an dem bisherigen Standort geblieben.

Die Partnerfiliale der Deutschen Post auf Baltrum im Café & Backshop Störtebeker, Westdorf 95

Inseltypische Öffnungszeiten der Partnerfiliale von Montag bis Samstag von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr und zusätzlich am Montag und am Donnerstag 15.00 Uhr bis 17.00 Uhr.

 

Es hat leider auch im wiederholten Versuch nicht zu einem besseren Abschlag gereicht: 26579 Baltrum am 4. Juni 2024

Der Fuhrpark der Deutschen Post AG auf Baltrum ist zukunftsorientiert:

Cargobike …

…und weitere Fahrzeuge für die Post- und Paketzustellung am heutigen Zustellstützpunkt

Transportbox für die Verladung zum Schiff

Heute leben auf Baltrum 500 Insulanerinnen und Insulaner. Zur Einordnung: bei der Europawahl 2024 gab es auf Baltrum 421 Wahlberechtigte.

Und 70.000 Gäste kommen jährlich auf die Insel. (Quelle Heimatverein Baltrum, Webseite, abgerufen 17.7.2024), etwa 3000 Gäste gleichzeitig.

Damals und heute:

Hotel zur Post, Foto undatiert

Das ehemalige Hotel zur Post nach dem Umbau in ein Apartmenthaus, jetzt Haus zur Post, Westdorf 43

Der Zustellstützpunkt zur Vorsortierung der Postsendungen seit 2013…

…und den Postfächern an der hinteren Tür. In der Verlängerung der heute Postfach Anlage war die damalige Post platziert.

Ostfriesischer Inselhumor am Zustellstützpunkt: Auch für Postkarten….

Lesetipps: als Ergänzung zu diesem Artikel werden in diesem Blog weitere ostfriesische Inseln postgeschichtlich betrachtet: Borkum und  Norderney.

Anmerkung:

Die Insel Baltrum ist charmant und klein. Philatelistische Material zu finden ist nicht leicht. Wenige Einwohner und entsprechend zu anderen Inseln weniger Besucher verursachen eine geringeres Postaufkommen. Sollten Sie, liebe Leserin und Leser, weiteres Material zur Vervollständigung dieses Artikels beitragen können, würde ich mich sehr über Ihre Zuschrift freuen.

Quellen:

  • Heimatmuseum Baltrum: https://www.baltrum.org/2018/01/29/die-baltrum-chronik/
  • Heimatverein Baltrum e.V., Museum Altes Zollhaus
  • Postgeschichtliche Blätter Weser Ems. Juni 1957
  • Ostfriesischer Kurier, 15.5.1962
  • Postgeschichtliche Blätter Weser Ems, 100 Jahre Inselpostämter, V 4 – 1985, Horst Behnke
  • Führer durch Ostfriesland, A. Stockvis, Verlag von Schwalbe Emden
  • https://www.baltrum-online.de/impressum.php, alte Fotos, Quelle für Hotel zur Post
  • Süddeutsche Zeitung, Das Gesetz einer Insel, Ulrike Nimz, 30. März 2024
  • Baltrum online, Das OnlineMagazin der Insel Baltrum, www.baltrum-online.de
  • RND RedaktionsNetzwerk Deutschland GmbH, Keine Straßennamen, keine Autos: Wie ein Postbote auf der Insel Baltrum arbeitet, veröffentlicht am 9. Juli 2021
  • Niedersächsisches Landesarchiv Aurich
  • Vielen Dank an Herrn Stürenburg, Herrn Gloystein und Herrn Krandick für die freundlichen und informativen Gespräche
  • Fotos vom Autor, Juni 2024

Borkum, die größte ostfriesische Insel in der Nordsee

Borkum ist die westlichste aller ostfriesischen Inseln und gleichzeitig die flächenmäßig größte dieser sieben bewohnten Inseln.

Durch die preußische Kreisreform wurde Borkum am 1. Oktober 1932 aus dem aufgelösten Kreis Emden ausgegliedert und gehört seitdem zum Landkreis Leer.

Im Nordseeheilbad Borkum leben über 5.000 (Stand: 2021) Einwohnerinnen und Einwohner und temporär viele, viele Urlauber. Die Zahl der Gästebetten ist im Laufe der Heilbadgeschichte auf 19.000 (Stand: 2023) angestiegen. Über 300.000 Gäste besuchten (Stand: 2017) die Insel und trugen auch mit ihren Postkarten und Briefen zu einer umfangreichen Postdokumentation bei. Natürlich gibt es auch viele Einschreiben, der Nachwelt durch einzelne R-Zettel und R-Briefe erhalten.

Die Besucherzahlen haben sich seit 1850 rasant entwickelt:

  • 1850: 252 Besucher
  • 1865: 1.024 (erstmals vierstellig)
  • 1893: 10.603 (erstmals fünfstellig)
  • 1900: 16.474 (und 2114 Personen mit festem Wohnsitz, 70 Pferde, 388 Rindvieh, 354 Schafe, 97 Schweine, 46 Ziegen und 2328 Federvieh)
  • 1975: 102.388 (erstmals sechsstellig)

Wer nicht mit dem Flugzeug anreist, startet mit einem Schiff ab Emden Außenhafen. 20 km vom Festland entfernt erreichen die Reisenden je nach gewählter Schiffsverbindung in 60 bis 130 Minuten die Insel. Nach einer Fahrt mit der Inselbahn ist das Zentrum erreicht, den Bahnhof und man steht mittendrin in der Borkumer Postgeschichte.

Aber der Reihe nach.

Am 2. Juli 1867 gab die Oberpostdirektion Hannover bekannt:

„Auf der Nordseeinsel Borkum ist für die Dauer der diesjährigen Badesaison eine Post-Expedition eingerichtet worden.“

1876 wurde für die Sommersaison ein Postamt III. Klasse eingerichtet.

Aufzeichnungen aus dem Jahr 1879 im Archiv für Post- und Telegraphie halten die Postaktivitäten fest (Auszug):

„Die Postanstalt in Borkum ist während des diesjährigen Sommers 106 Tage in Thätigkeit gewesen. Der Gesamtverkehr bei der Postanstalt in Borkum beziffert sich auf 97 722 Postsendungen; davon sind abgegangen 40 510 Stück Brief-, 1328 Stück Packet- und Geldsendungen, eingegangen 40 510 Stück Brief-, 2815 Stück Packet und Geldsendungen…“

Thätigkeit und Packet wurde damals so geschrieben.

Drei Jahre später, 1882, verewigte sich der Herr Postpraktikant G. Kubath aus Osnabrück mit einer Inselbeschreibung und Beobachtungen zur Post im Archiv für Post- und Telegraphie:

Die Verbindung mit dem Festlande wird durch die in der Woche durchschnittlich sechs Mal verkehrenden Dampfer der Ems-Dampfschifffahrts-Gesellschaft und durch das Segelfährschiff hergestellt. Die Fahrten des letzten sind völlig unbestimmt, da sie zu sehr von Wind und Wetter abhängen… Die Dampfer können nur bei Hochwasser in Emden einlaufen bz. von Emden abfahren…Unter einer derartigen Unregelmäßigkeit…hat natürlich der Postbetrieb sehr zu leiden. Die Erwartung des Badepublikums bei Ankunft einer Post und der Zudrang zum Schalter ist deshalb auch um so größer. Die Postdienstgeschäfte werden von einem Beamten und zwei Unterbeamten, die Telegrafengeschäfte von einem Privat-Telegrafenbeamten versehen…“

„Außerhalb der Badesaison gehörte Borkum zum Landbestellbezirk des Postamtes Emden. Die Landbriefbestellung erfolgte einmal wöchentlich durch den Führer des Segelbootes (Fährschiffer), soweit Wind und Wetter die Verbindung mit dem Festlande gestatten.“ (Auszug)

R-Zettel Borkum, R rechtsstehend, Einsatz dieser R-Zettel ab 1883

Die während der Sommermonate bestehende Post-Expedition war bis 1884 im Köhlers Dorfhotel untergebracht. Für die Badesaison wurde ein Postbote nach Borkum abgeordnet.

Im Jahre 1884 übernahm der Apotheker und spätere Badedirektor Willhelm Bakker (Dienstzeit von 1885 bis 1913), Neue Straße 58, die Postagentur für die Wintermonate.

(Von 1880 bis 1882 war Wilhelm Bakker Verwalter, von 1883 bis 1907 Eigentümer der selbstständigen Apotheke.)

Die Nordsee Apotheke heute, Neue Str. 2, Ecke Wilhelm-Bakker-Straße

(Zum 1. Oktober 1961 wurden die Hausnummern auf Borkum neu „benummert“. So erklärt sich die Veränderung der Hausnummer in der Neuen Straße von 58 zu 2)

Ab 1888 organisierte die Firma Habich & Goth ganzjährig die Postbeförderung mit ihren Dampfern zwischen Emden und Borkum und nahm die Borkumer Kleinbahn in Betrieb. Im Bahnhofsgebäude wurden Räume für eine ganzjährig betriebene Postagentur eingerichtet. Die Postagentur wurde für die Dauer der Saison in ein Postamt III umgewandelt.

1894, zum 1. April wurde die Postagentur endgültig ein Postamt III.

Ein Postamt III. Klasse hieß vorher Postexpeditionen und wurde von einem Postverwalter geführt. Im Gegensatz zu den Postämtern der I. (Postdirektor) und II. Klasse (Postmeister) wurde nach Größe und Aufgaben unterschieden.

Das Postamt wurde im Jahr 1900 im Bahnhofshotel Johann Dabelstein eingerichtet.

Das Bahnhofshotel Dabelstein stand als erstes und einziges Hotel ganzjährig den Gästen zur Verfügung. Noch bis 1922 war beispielsweise im heutigen Restaurant (jetzt: Inselhotel Vier Jahreszeiten) das Telegraphen- und Postamt untergebracht. Dieses Hotel wurde wegen seiner direkten Lage am Bahnhof gern von Notaren zum Beurkunden oder von Beamten, die vom Festland auf die Insel kamen, genutzt.

Die Mitarbeiter der Deutsches Reichspost vor dem Kaiserlichen Postamt beim Gruppenbild 1906 vor dem Bahnhofs-Hotel, J. Dabelstein, Urlaubsgäste über dem Haupteingang verfolgen die Aktivität. Der Neue Leuchtturm (Baujahr 1879) im Hintergrund rechts.

frühes, undatiertes Foto vom Bahnhofshotel, Inselhotel Vier Jahreszeiten

R-Zettel Borkum (Nordseebad), vierseitig gezähnt aus Bogen, R-Zettel Typ 2176, Verwendung ab 1904, mageres No mit zwei Strichen unter 0 in kursiv, hier in der Papiervariante dickeres gelbliches Papier.

R-Zettel Borkum (Nordseebad), Text zweizeilig, vierseitig gezähnt aus Bogen

R-Zettel Borkum, ohne Zusatz Nordseebad, vierseitig gezähnt aus Bogen

Borkum, Zeichnung, um 1910

R-Zettel Borkum (Nordseebad), zweizeilig, Zusatz in Klammern, ca. 1923

1925 kaufte die Deutsche Reichspost das Hotel „Hof van Holland“. Nach Umbau und Einrichtung eines Wählamtes wurde das neue Postamtsgebäude am 1. April 1926 bezogen.

Außenansicht des Postamtes in der Bismarckstraße, ca. 1928, vormals Hotel Deutsches Haus

Blick in Schalterhalle 1927

Borkum erhält den Titel „Nordseebad“ meldet die Ostfriesische Landeszeitung, 26. Januar 1937

R-Brief innerorts Borkum, Poststempel Nordseebad Borkum 24. Februar 1938

R-Zettel vom obigen Beleg, Text einzeilig

R-Zettel Borkum (Nordseebad), Einheitsausgabe Deutsches Reich, schmaler Rahmen

R-Zettel Borkum (Nordseebad), Einheitsausgabe Deutsches Reich, breiter Rahmen

R-Brief aus Borkum nach 1 Berlin-Tempelhof, Poststempel vom 15. August 1946

R-Zettel vom obigen Beleg, Text Nordseebad Borkum zweizeilig

Ab 1946 wurden R-Zettel der ersten Ausgabe für die britische Besatzungszone in Bögen zu 20 Stück hergestellt. Hierbei kamen zwei verschiedene gleichgroße Lettern für das R zum Einsatz, die im Overmann Katalog als Typen 7221 und 7222 erfasst wurden.

Der Unterschied ist der rechte Fuß des Buchstaben R, Typ 7224 linke Abbildung mit geschwungenem Fuß, Typ 7223, rechts. Nordseebad Borkum, R-Zettel mit dickem grauem Papier und der Postleitgebietszahl 23 im Kreis

Einlieferungsschein für einen R-Brief nach Köln, Poststempel Nordseebad Borkum vom 15. September 1947. Postformular der Deutschen Reichspost aus dem Jahr 1943

Poststempel vom obigen Einlieferungsschein

R-Brief aus 23 Nordseebad Borkum nach 22 Bad Godesberg, Poststempel vom 30. Dezember 1947. R-Zettel mit Stempel und mit Postleitzahl 23. Der Briefumschlag wurde von der Zensurstelle geöffnet, geprüft und anschließend mit einer Banderole verschlossen.

Vom 1. September 1947 bis April 1948 existierte eine britische Zensurstelle in Bremen, die dort Postsendungen aus dem Bereich der Oberpostdirektion Bremen prüfte. Schrift auf der Banderole: OPENED BY EXAMINER 4180 und Abbildung Krone, Stempel auf der Vorderseite in Teilen auf der Banderole: BRITISH CENSORSHIP 3613 GERMANY. (vom Prüfer geöffnet – Britische Zensur)

überklebter R-Zettel vom obigen Beleg, Stempel 23 Nordseebad Borkum auf Blanko R-Zettel, R-Zettel aus Bogen, daher an vier Seiten perforiert.

Verleihung der Bezeichnung „Stadt“ für die Gemeinde Borkum

Zum 1. Mai 1950 wurde Borkum vom Niedersächsischen Innenministerium die Stadtrechte verliehen.

Ab 1951 kamen diese R-Zettel 23 Nordseebad Borkum zum Einsatz. Typ 7244 auf dünnem weißem Papier mit Ortsnamen und Postleitgebietszahl im Kreis

Zu dem R-Zettel Typ 7244 finden Sie hier weitere Informationen.

Ab 1. Oktober 1953 übernimmt die Postsachenbeförderung von Emden nach Borkum und umgekehrt wieder die Borkumer Dampfschiffahrts AG. Der Vertrag mit dem Unternehmer Teerling wird gleichzeitig gegenstandslos.

1956 lösten die Rautenausgaben mit Amtskennzeichen (AKZ) für die Bundesrepublik Deutschland die zweistelligen Postleitgebietszahlen ab. Mit Amtsblattverfügung 274/1956 galten die Amtskennzahlen am 30. Juli 1956 auch für die Rautenausgabe der Einschreibezettel.

Mit „9 B 2“ und „9 V“ kamen auf Borkum zwei verschiedene Amtskennzeichen zum Einsatz:

Zwei fast gleiche AKZ „9 B 2“ vom Nordseebad Borkum. Der Spezialist achtet bei Postformularen auch auf die ausgewählten Drucktypen und Varianten. Hier der Unterscheidungsbuchstabe „b“ in zwei verschiedenen Größen

Bei der größeren Variante sind die Unterscheidungsbuchstaben (UB) a, b, c, d und e belegt. Bei der kleineren Variante sind die UB a, b und c bekannt.

Amtskennzeichen „9 V“ Nordseebad Borkum mit UB a.

Neben diesem UB sind auch R-Zettel „9 V“ mit den UB c und e bekannt.

Am 1. April 1959 wird das Postamt Borkum dem Postamt Emden unterstellt. Auch wird an diesem Tage die Postbeförderung nach Borkum auf den Behälterverkehr umgestellt. Die Pakete mussten bis dahin einzeln auf die Dampfer verladen und dann gezählt werden.

Postamt Borkum im neuen Gewand, beschreibt die Ostfriesische Rundschau die Umbauten, 4. Juni 1959

Die Postschalterstunden der Post auf Borkum 1961

Die Öffnungszeiten wurden während der Saison erweitert. Ganzjährig war das Postamt sonntags von 11.00 Uhr bis 12.00 Uhr geöffnet. In Vergessenheit dürfte die Dienstbereitschaft außerhalb der Schalterstunden geraten sein. Beispielhaft wurde für die Annahme von Einschreibsendungen eine zusätzliche Gebühr von 40 Pfennig erhoben.

19. Mai 1961: das Postamt verwendet intern den Stempel mit der Postleitgebietszahl: 23 Nordseebad Borkum

Der Amtsstempel, nicht der Poststempel, vom Postamt Nordseebad Borkum, Unterscheidungsbuchstabe „a“, 1961

Eine Besonderheit auf dieser Insel: zweimal tägliche Postzustellung, Borkumer Zeitung vom 29. Mai 1962:

„Zweimal tägliche Postzustellung. Die Saison ist da, an der zweimal täglich die Post ausgetragen wird. Das trifft zwar nicht für montags und sonnabends zu. An diesen Tagen ist in der ganzen Bundesrepublik nur einmalige Zustellung. Für die Briefträger beginnt jetzt die schwere Zeit. Wenn sie in der Saison auch Unterstützung durch auswärtige Postkräfte haben, müssen sie doch von dienstags bis freitags auch zweimal nach Eingang des Dampferzuges die Post sortieren und verteilen.“

Ein Stummes Postamt wird eingerichtet:

Neben dem Postamt wird gebaut“, meldet die Borkumer Zeitung am 11. Dezember 1962

Die Ostfriesen Zeitung vom 14. Juni 1963 meldet die Fertigstellung des Stummen Postamtes

„…Das stumme Postamt soll durch einen Münzwechsler, der auf ein 1-DM-Stück ein 50-Pfennig-Stück und fünf Groschen herausgibt, einen Postkartengeber und einen Doppelwertzeichengeber ergänzt werden“

Am 5. Juli 1963 informiert die Oberpostdirektion Bremen: „Der Niedersächsische Minister des Innern und das BPM (Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen) haben zugestimmt, daß der Zusatz „Nordseebad“ in der postamtlichen Bezeichnung beibehalten wird.“

16. August 1963: das Postamt verwendet intern den Stempel mit der neuen vierstelligen Postleitzahl: 2972 Nordseebad Borkum, der Zeit etwas voraus

Zum 1. Januar 1965 wurden in der Bundesrepublik Deutschland Postleitzahlen mit vier Ziffern eingeführt. In den 28 Jahren bis zur nächsten Veränderung wurden durch viele Nachbestellungen eine Vielzahl von Schriftarten und Schriftgrößen eingesetzt:

R-Zettel 2972 Nordseebad Borkum, „fetter“ Numerator und verschiedene Schalterbuchstaben

R-Zettel 2972 Nordseebad Borkum, Numerator „dünn“ und verschiedene Schalterbuchstaben

Ab 27. Juni 1968 stellt die Reederei AG Ems ein neues Fährschiff, eine Autofähre mit Namen Rheinland, in Dienst. Mit Lkw wird jetzt die Post nach und von Borkum befördert. Es entfällt das bisherige Beladen und Entladen der Postbehälter.

1976 wurde in Borkum die Fußgängerzone in der Bismarckstraße (Postamt, Bismarckstr. 9) eingerichtet.

Ausschnitt von einem Stadtplan von Borkum aus dem Jahr 1992. Die Post ist in der Bismarckstr. 9, in der Nähe zum Bahnhof/Borkumer Kleinbahn eingetragen.

R-Zettel 2972 Borkum, „fetter“ Numerator und verschiedene Schalterbuchstaben. Der Zusatz Nordseebad ist verschwunden…

2972 Borkum mit unterschiedlichen Unterscheidungsbuchstaben

Eine letzte Drucktypveränderung für die R-Zettel mit vierstelliger Postleitzahl von 2972 Borkum

Seit dem 1. Juli 1993 lautet die fünfstellige Postleitzahl von Borkum 26757:

R-Zettel mit 5-stelliger Postleitzahl 26757 Borkum mit unterschiedlichen Unterscheidungsbuchstaben

26757 Borkum mit unterschiedlichen „fetten“ Unterscheidungsbuchstaben

Diese nassklebenden R-Zettel sind belegt. Vermutlich gibt es weitere R-Zettel, wie bei allen anderen abgebildeten Typen bisher, mit weiteren Unterscheidungsbuchstaben. Ob es auch selbstklebende R-Zettel mit fünfstelliger Postleitzahl gibt, ist mir im Moment nicht bekannt.

Am Abend des 19. Februar 2007 war die Postfiliale für Postkunden in der Bismarckstraße Geschichte. Der Postbetrieb (Sortierung, Zustellung, Verwaltung) wurde weiter von dort organisiert. Für Kunden wurde eine Postagentur im City Center, Edeka, Strandstr. 5 eingerichtet.

Standort der neuen Postagentur im city center, Inselmärkte, Strandstr. 5

Die Borkumer Zeitung meldet am 10. November 2020 (Auszug):

„Borkum – In den 1920er Jahren zog die Post- und Paketverteilung für die Insel vom heutigen Gebäude des Hotels Vier Jahreszeiten am Bahnhof in das Gebäude in der Bismarckstraße, welches einen erkennbaren neoklassizistischen Baustil aufweist. Jetzt wird nach 95 Jahren das Licht für die Post ausgeschaltet, denn der bestehende Pachtvertrag wurde nicht weiter verlängert…Was nun aus dem Gebäude wird, konnte bislang nicht in Erfahrung gebracht werden…Im Gegensatz zu den Jahren zuvor kommt die Briefpost schon in Kisten aus dem Verteilerzentrum aus Oldenburg auf die Insel. Somit müssen die entsprechenden Zusteller ihre vorsortierten Kisten verladen… Die Hallen und Räume in der Bismarckstraße leeren sich zunehmend und der Wechsel in die neuen Räumlichkeiten in der Speckschniederstraße 7 wird in Eigenregie durchgeführt…“

Was der Autor der Borkumer Zeitung 2020 noch nicht wusste (aber ahnte), war vermutlich keine Überraschung. In dem alten Postgebäude wurden Appartements für Urlauber eingerichtet:

Die Appartements stellen mit dem Wort „Posthus“ eine Verbindung zur Geschichte her. Auch der Posthof findet, wie die Abbildung des früheren Postamtes einen Platz in der Werbung.

Im Februar 2021 gab es einen neuen Standort für die Postagentur auf Borkum. Die Agentur (Deutsche Post Filiale 577) ist jetzt im Kaufhaus Domus, Wilhelm-Bakker-Str. 14 zu finden.

Poststempel der Agentur auf Borkum vom 12. Juni 2023, 11.00 Uhr und mit den Unterscheidungsbuchstaben „zz“

Außenansicht, Domus – Das Kaufhaus, mit Postschild

Innenansicht, die Postagentur

Für die Postversorgung der Insel wurde von der Deutschen Post AG im September 2021 ein neuer Zustellstützpunkt in der Specksniederstrate 7 eröffnet.

Deutsche Post AG, Zustellstützpunkt (ZSP) Borkum, Specksniederstrate 7

In Borkum ist der Street Scooter für die Zustellung im Einsatz

Bildpostkarte Borkum, Insel im Hochseeklima, größte der ostfriesischen Inseln, Luftbildaufnahme, 1989

Die Deutsche Post AG verausgabte ab dem 12. Juli 2012 in der Serie Leuchttürme auch eine Briefmarke zu Borkum: Kleiner Leuchtturm erbaut 1888/89, Michel Nr. 2942

Die Privatisierung der Deutschen Post AG macht es möglich. Auf Borkum gibt es seit 2007 einen privaten Postdienst, die Borkumpost, ohne eigene Briefmarken.

Briefkasten der Borkumpost, „Bitte keine Sendung der Deutschen Post AG“, 2023

Werbeaufsteller der Borkumpost in der Fußgängerzone, 2023

Gab es am Flughafen Borkum eine Poststelle?

Außenansicht Flughafen Insel Borkum

Flugplatz Borkum, Lage auf der Insel mit Kontrollturm, Start- und Landebahn, Grasbahn, Hubschrauber Start- und Landeplatz

Der Flughafen auf Borkum wurde 1925 zwischen West- und Ostland auf der Insel errichtet. Ein erster Post-Flug fand am 15. Juni 1926 statt. Poststempel von „Borkum Nordseebad Flughafen“ vom 12. August 1927, 16. Juli 1928, 27. Februar 1929, 19. Juli 1930 und 15. August 1934 belegen die Existenz einer Poststelle am Flughafen. Im Ortsverzeichnis des Reichspostministeriums von Juli 1928 wird Borkum aufgeführt, leider ohne einen Hinweis auf eine zweite Poststelle auf der Insel zu geben:

Ausschnitt aus dem Ortsverzeichnis: Borkum Nordseebad, Symbol „Flugzeug“ für: Luftverkehr, Symbol „Schiff“ für: Dampferverbindung. „Oldb“ Abkürzung für Oberpostdirektions-Bezirk Oldenburg

Im März 1897 wagte der Autor im Archiv für Post- und Telegraphie einen Ausblick: „Es wird nicht ausbleiben, daß Borkum dereinst zu den betuchten Seebädern gehört.“

Ich bitte um Nachsicht, aber die sehr interessante Geschichte der Telegrafie und die besondere Rolle Borkums hierbei und die Rolle des Militärs auf der Insel würden diesen Artikel sprengen.

Offene Fragen:

  • Von wann bis wann gab es eine Poststelle am Inselflughafen Borkum?
  • Nach dem Auszug der Schalter aus dem Postamt in der Bismarckstr. wurde für Kunden 2007 eine Agentur im „city center“ eingerichtet. Bis wann war diese Agentur dort platziert, bevor sie zum Kaufhaus Domus weitergezogen ist?

Lesetipps: als Ergänzung zu diesem Artikel in diesem Blog: Außenhafen von Emden und einer ostfriesischen Nachbarinsel: Insel Norderney.

Quellen:

  • Archiv für Post- und Telegraphie, Amtsblatt der Deutschen Reichspost- und Telegrafenverwaltung, Nr. 6, März 1876, Nr. 22, November 1879 und Nr. 19, Oktober 1882
  • Deutsches Reichpostministerium, Ortsverzeichnis, Verzeichnis der Postanstalten Eisenbahn-, Kraftwagen-, Luftverkehr- und Dampfschiffsstationen in Deutschland, Juli 1928
  • Geschichte des Postamtes in Emden, Erich Schlehufer, 1953
  • Ostfriesische Rundschau, 4. Juni 1959
  • Ostfriesische Landeszeitung, 26. Januar 1937
  • Postgeschichtliche Blätter Weser Ems 1994, Die Borkumer Post und ihre Vorgeschichte
  • Deutsche Postorte 1490 bis 1920, Autor: Günther Hass
  • Alte Apotheken in Ostfriesland, Heinrich Buurmann, Leer 2010 ISBN: 978-3-9814038-0-0
  • Borkumer Zeitung vom 29. Mai 1962, 11. Dezember 1962, 10. November 2020, 22. und 23. September 2021
  • Ostfriesen Zeitung, 14. Juni 1963
  • Inselhotel Vier Jahreszeiten, https://www.inselhotel.de/das-hotel/historie/, abgerufen am 18. Mai 2023
  • Borkumer Inselgeschichte, private Internetseiten von Karsten Schönbeck und Sören Schönbeck, https://www.schoenbeck-borkum.de/index.html, abgerufen am 18. Mai 2023
  • Borkum-Aktuell, Das Inselmagazin, https://www.borkum-aktuell.de, Ausgaben vom März 2007, Dezember 2020, Oktober 2021 und Januar 2022
  • Private Post auf Borkum: www.borkumpost.de
  • Heimatmuseum Borkum Dykhus, Museum für Lokalgeschichte auf Borkum, Roelof-Gerritz-Meyer-Straße 8, 26757 Borkum
  • Fotos vom Autor Juni 2023
  • Niedersächsisches Landesarchiv, Standort Aurich
  • Ein besonders herzlicher Dank gilt Herrn Rudolf Erdwiens, Borkum, für die Unterstützung bei diesem Artikel

Norderney, die einwohnerstärkste ostfriesische Insel in der Nordsee

Zu den bewohnten ostfriesischen Inseln vor der niedersächsischen Nordseeküste zählen Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge.

Dieser Artikel beschäftigt sich mit Norderney, der Insel mit der größten Stadt auf den Inseln.

Norderney, vom Fischerdorf zum Nordseeheilbad

Die Stadt Norderney hat mit etwa 6.100 Einwohnern die größte Bevölkerungszahl aller ostfriesischen Inseln. Die große Zahl der temporären Urlauber ist hier nicht berücksichtigt.

Norderney gehört heute zum Landkreis Aurich. Die Entfernung zur Küste beträgt ca. drei Kilometer.

1815 kam Ostfriesland inkl. Norderney zum Königreich Hannover. 1819 machte die Regierung das Norderneyer Seebad zum Staatsbad. Dadurch begann die Blütezeit der Insel. Das Postaufkommen ist geprägt von der Post der Insulaner, der üblichen Geschäftspost und den Sendungen der Urlauber, insbesondere zur Ferienzeit. Und Norderney verzeichnet in der Anzahl der Postsendungen (und der Badegäste) eine stetige Aufwärtsentwicklung.

Ein philatelistischer Spaziergang zu „Postorten“ auf der Insel Norderney

Wer mag, kann mit einem philatelistischen Spaziergang die Insel erkunden.

  • Markt 1 (Bülowallee: Schuchhardts Hotel, heute Inselhotel König), hier wird erstmals am 1. Juli 1820 eine Posteinrichtung eingerichtet. Und 1823 folgt hier eine Wattenpoststation zur Personen- und Postbeförderung über das Watt aus Hilgenriedersiel.
  • 1823 war die Post auf dem Gelände des einstigen „Haus der Insel“.
  • 1841 befindet sich die Postspedition in der Luisenstr. 24.
  • 1869 bekommt das Postbüro ein neues Domizil im Haus Brunnenstraße, Ecke Luisenstraße und ist der OPD Oldenburg unterstellt.
  • Zum 1. Januar 1876 wird die Postexpedition 2. Klasse auf Norderney zum Postamt 3. Klasse (Postamt III) aufgestockt. Das kaiserliche Post- und Telegrafenamt befindet sich bis 1892 in der Strandstr. 5 (heute Bücher Lübben).

R-Zettel Norderney, R rechtsstehend, Einsatz dieser R-Zettel ab 1883

1887 beginnen durch den Kauf mehrerer Grundstücke die Vorbereitungen zum Bau eines Postdienstgebäudes in der heutigen Poststraße. Am 1. April 1892 zieht die Kaiserliche Post dort in das von der Kaiserlichen Postdirektion Oldenburg erbauten Gebäude ein. In der Poststraße 1 steht das historische imposante Kaiserliche Postgebäude heute noch. Leider wird dieses imposante Gebäude anderweitig mit Geschäften und Wohnungen genutzt.

Kunstvolle Backsteinverblendungen und -verzierungen schmücken das Postgebäude. Hoch über dem Eingangsportal befindet sich eine Wappenrosette. Aufgesetzte Ziergiebel, hell abgesetzte Ornamente und Schmuckbänder zeugen vom hohen Stand des Handwerks im Backsteinbau. Von der Inschrift „Kaiserliches Postamt“ ist die Bezeichnung „Postamt“ geblieben.

2010 wurde das Gebäude der (Kaiserlichen) Post an einen Investor verkauft.

Nach der Postgeschichte beginnt jetzt die Reise mit den unterschiedlichsten Typen von Einschreibzetteln des Inselpostamtes.

R-Brief Norderney, Poststempel vom 18. Juli 1917 nach Rostock

R-Zettel vom obigen Beleg. Diese R-Zettel Variante war seit 1904 im Einsatz. Das R ist jetzt links abgebildet, mageres No mit zwei Strichen in kursiv, allseitige Zähnung, aus Bogen

Stempel von der Vorderseite des obigen Beleges, u.a. Posthorn und Name Norderney

Stempel von der Rückseite des obigen Beleges, Absender Inselwacht Bataillon, genaue Bezeichnung „2. KGL. PR. Inselwacht-Bataillion Norderney X 41. Stern“

R-Brief Norderney, Poststempel mit Zusatz Nordseebad vom 28. Juni 1937, nach Branitz, Luftpost und durch Eilboten

R-Zettel vom obigen Beleg. R-Zettel der Deutsches Reichspost sind mit schmalem und breitem Rahmen bekannt

R-Brief Nordseebad Norderney, Poststempel 3. Januar 1946, nach Pillnitz/Elbe

R-Zettel vom obigen Beleg

R-Brief Nordseebad Norderney, Poststempel 25. Mai 1948, nach Norden Ostfriesland, Absender und Adresse mit PLGZ 23

R-Zettel vom obigen Beleg. Wegener Druck, erste Ausgabe für das vereinigte Wirtschaftsgebiet, aus Bögen geschnitten, Blanko Zettel mit Stempel

Die zweite Ausgabe für das vereinigte Wirtschaftsgebiet der amerikanischen und britischen Zone wurde in Bögen produziert. Die R-Zettel sind allseitig gezähnt. Die Postämter hatten die Aufgabe die R-Zettel zu stempeln. Unterschiedliche Stempelvariationen kamen so zum Einsatz:

R-Zettel Typ 762, allseitig gezähnt, Nordseebad Norderney, Blanko Zettel mit Stempel

Seit 1951 wurden R-Zettel auf dünnem weißem Papier mit Ortsnamen und PLGZ im Kreis eingesetzt:

R-Zettel 23 Nordseebad Norderney, UB c, auf weißem Papier, R-Zettel Typ 7244

Zu dem R-Zettel Typ 7244 finden Sie hier weitere Informationen.

Auf dünnem durchsichtigen Pergaminpapier, ebenfalls mit Ortsnamen und PLGZ im Kreis:

R-Zettel 23 Nordseebad Norderney, UB a, durchsichtiges Pergaminpapier, R-Zettel Typ 7242

Die Rautenausgabe mit Amtskennzeichen (AKZ) für die Bundesrepublik Deutschland lösten die zweistelligen Postleitgebietszahlen ab. Mit Amtsblattverfügung 274/1956 galten die Amtskennzahlen am 30. Juli 1956 auch für die Rautenausgabe der Einschreibezettel.

Amtskennzeichen 9 D 4, Nordseebad Norderney

Amtskennzeichen 9 D 4, Nordseebad Norderney

R-Brief Nordseebad Norderney, Stempeldatum 19. Oktober 1963 nach Hannover, R-Zettel mit AKZ 9 P und UB a

R-Zettel vom obigen Beleg

Amtskennzeichen 9 P, Nordseebad Norderney, fette Schrifttype

Am 5. Juli 1963 informiert die Oberpostdirektion Bremen: „Der Niedersächische Minister des Innern und das BPM (Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen) haben zugestimmt, daß der Zusatz „Nordseebad“ in der postamtlichen Bezeichnung beibehalten wird.“

Zum 1. Januar 1965 wurden in der Bundesrepublik Deutschland Postleitzahlen mit vier Ziffern eingeführt. In den 28 Jahren bis zur nächsten Veränderung haben die Schriftsetzer eine Vielzahl von Schriftarten und Schriftgrößen eingesetzt:

R-Zettel 2982 Nordseebad Norderney

R-Zettel 2982 Nordseebad Norderney, neuer Type bei Unterscheidungsbuchstabe

R-Zettel 2982 Norderney, der Zusatz Nordseebad ist weggefallen

R-Zettel 2982 Norderney, handschriftliche Veränderung des UB

R-Zettel 2982 Norderney, mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Schalterbuchstaben

R-Zettel 2982 Norderney, der letzte Schrifttyp mit der vierstelligen Postleitzahl

Ab dem 1. Juli 1993 galten auch auf Norderney die fünfstelligen Postleitzahlen:

26548 Norderney mit unterschiedlichen Unterscheidungsbuchstaben

26548 Norderney mit unterschiedlichen „fetten“ Unterscheidungsbuchstaben

  • Eine Postagentur auf Norderney:

Von 2019 bis 24. März 2020 war die Postagentur beim Tankstop Bodenstab in der Hafenstr. 6 untergebracht.

Ein für Menschen vom Festland ungewöhnliches Postauto.

  • Seit dem 25. März 2020 befindet sich die Post-Partnerfiliale im ehemaligen Haus Schifffahrt, der heutigen HS 2 Passage, in der Bülowallee 2.
  • Die Partnerfiliale Asia Kiosk, Jann-Berghaus-Str. 66 wurde am 30. September 2020 geschlossen.
  • Ein DHL Paketshop bei Genuss Company Klus im Herrenpfad 6 wurde am 1. Dezember 2020 eingerichtet.

Ziel eines Spaziergangs kann auch eine Bake, eine Postbake sein!

Heute wird die Post per Fährschiff von Norddeich Mole zur Insel und zurück transportiert. Ab 1844 richtete die hannoversche Post, mit Unterbrechungen bis 1892, eine Postbeförderung über das Watt mittels Karriol Post ein. Karriol Post nannte man einen ein- oder zweiachsigen Briefpostwagen, der auch Personen befördern durfte.

Karriol Post der Thurn und Taxis´schen Post 1846, Tag der Briefmarke 1952, Michel Nr. 160, 100. Jahrestag der Erstausgabe der Briefmarken von Thurn und Taxis.

So elegant wie auf der Briefmarke, ging es sicher nicht über das Watt, denn die Fahrt war mit allerlei Gefahren verbunden.

Die benutzten Postwagen hatten breitere und höhere Räder, um das tiefe Einschneiden der Räder in Sand und Schlick und die Berührung des Personenabteils und des Packraumes mit dem Seewasser zu vermeiden. Start der Postbeförderung war auf dem Festland Hilgenriedersiel (heute ein Ortsteil der Gemeinde Hagermarsch im Landkreis Aurich).

Auf einem „befestigten“ Wattfahrweg wurde als Transportmittel ein Pferdegespann und ein hölzerner Wagen mit breiten Rädern eingesetzt.

Eine Postbake auf der Wattseite der Insel diente als Orientierungshilfe.

Nach dem Herbst 1892 wurde die Wattenpost zu Gunsten einer funktionieren Dampfschiffsverbindung eingestellt.

Heute erinnern der „Alte Postweg“ am Südsaum der Insel als Wanderweg und die Postbake im Osten der Insel als historisches Orientierungszeichen an die einstige Wattenpost.

Als bunter Abschluss des Artikels, die zwei Briefmarken der Deutschen Post AG, die bisher Norderney würdigen:

Leuchtturm Norderney 2009, erbaut 1875, Michel Nr. 2742, 0,45 €

Tag der Briefmarke 2010, Kaiserlich Deutsche Post nach Helgoland-Norderney-Sylt Postplakat von 1890 der Albert Ballin Dampfschiff Reederei, Michel Nr. 2819, 0,55 €. Von Hamburg morgens um 8 Uhr nach Norderney, jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend.

Viel Freude beim Erobern der Insel!

Nicht alle wesentlichen R-Zettel Typen der Insel Norderney konnte ich belegen. Gern nehme ich Ihren Scan zur Abrundung dieses Artikels entgegen. Kontakt.

Lesetipp: ein weitere Artikel beschäftigt sich mit der ostfriesischen Nordseeinsel Borkum.

Offene Fragen:

  • Gab es beispielhaft im Sommer 1933 eine Poststelle II im Marienheim auf Norderney, Georgstr. 5?
  • An welchen Orten war die Post auf Norderney von 2010 bis 2019 untergebracht?

Quellen:

  • Postgeschichtliche Blätter Weser Ems, Heft 1/1960, Aus der wirtschaftlichen und postalischen Entwicklung der Insel Norderney, Herr Fritz Thole
  • Katalog der Deutschen und verwandten R- und + V-Zettelformen, Herausgegeben von der Westdeutschen Arbeitsgemeinschaft R-Zettel und R-Stempel, 2. Auflage Oktober 1966, umgangssprachlich Overmann-Katalog.
  • Post- und Telekommunikationsgeschichte, Regionalbereich Nord, 1/1998, Das kaiserliche Postgebäude in Norderney, Herr Georg Friedrich
  • Norderney entdecken, das historische Schaufenster, 1998, http://www.norderney-chronik.de/download/insel-stadt/schaufenster.pdf, abgerufen 2.3.2021
  • Ein Rückblick in Jahreszahlen aus der Postchronik der Insel, 100 Jahre Postamtsgebäude Norderney, http://www.norderney-chronik.de, abgerufen 22.2.2021
  • Norderney Nordsee Magazins vom 6.2.2020, https://magazin.norderney-zs.de, Herr Hans Joachim Vollmer
  • Baken an der Nordsee, Jade, Weser und Elbe, www.baken-net.de, Herr Gerd Liedtke

Emden Außenhafen

Einschreibezettel mit Zusätzen wecken ein besonderes Interesse bei Sammlern, hier Außenhafen.

Emden Außenhafen beschreibt einen Hafenbahnhof in Emden, der Reisenden ein bequemes Umsteigen zur Fähre nach Borkum ermöglicht. Borkum ist die westlichste ostfriesische Insel in der Nordsee in Deutschland.

Binnenhafen und Außenhafen in Emden

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist IMG_20190730_122226-2-1024x152.jpg

Der Hafenbahnhof ist über eine kurze Strecke mit dem Hauptbahnhof Emden verbunden.

R-Brief (23) Emden Außenhafen innerstädtisch. Beleg vom 1.4.1955. Der Poststempel ist vom Postamt Emden 2, nicht von der Poststelle Emden Außenhafen. Vermutlich ist dieser Beleg ein Ersttagsbrief vom 31.3.1955, der am darauffolgenden Tag vom übergeordneten Postamt abgefertigt wurde.

R-Zettel vom obigen Beleg

R-Zettel mit Amtskennzeichen (AKZ) Emden Außenhafen 9 V. AKZ wurden zwischen 1956 und 1964 verwendet.

Ein Postamt Emden Außenhafen wird im Ortsbuch für das Deutsche Reich 1930 aufgeführt. Im Ortsverzeichnis I von 1952 gibt es die zusätzlichen Hinweise auf Postamt mit Schiffsverbindung und dem Leitpostamt Emden 2. In den Ortsverzeichnissen 1958 und 1959 wird das Außenhafen Postamt als Zweigpostamt des Amtes (ZdA) Emden 1 geführt.

Am 9. Juli 1959 konnte das Postamt Emden 2 im Außenhafen in neuen Räumen seinen Dienst aufnehmen. Die neuen Postamt Diensträume befinden sich in dem Empfangsgebäude des Bahnhofs Emden-Außenhafen. Bisher war das Postamt in einem Wohnhaus am Borkum-Anleger untergebracht. Vermieter ist die Deutsche Bundesbahn.

In der Nacht vom 16. Februar zum 17. Februar 1962 wird bei der Sturmflutkatastrophe das Postamt Emden 2 im Außenhafen 50 cm überspült. Die Flut kam überraschend. Wertzeichen, Bücher und Belege wurden zum großen Teil unbrauchbar. Durch die Sturmflutkatastrophe wird auch der Borkumanleger überspült. Die Behälter für und von Borkum müssen auf der Reede für ca. drei Wochen be- und entladen werde.

1970 und 1972 wird die Post am Außenhafen mit dreistelliger Postleitzahl 297 Emden 29 gelistet.

R-Zettel mit der Postleitzahl 297 Emden 29, bisher ist kein R-Zettel mit der vierstelligen Zahl 2970 bekannt.

Die Ortsverzeichnisse der Deutschen Bundespost beschreiben in unterschiedlichen Jahren die Adresse der Poststelle 1 in 2970 Emden 29 mit unterschiedlichen Straßenanschriften:

1974 bis 1984: Am Borkumanleger

1988: Am Außenhafen

1991: Am Außenhafen, Bahnhofsgebäude

…ein nicht datierter Zeitungsartikel und ohne weitere Quellenangabe beschreibt mit der Überschrift „Besuch des Postamts Emden“ eine Poststelle am Außenhafen (Zeile acht und neun)

Wann wurde das Postamt Emden Außenhafen eröffnet und wann geschlossen?

Die Frage ist heute trotz viele Versuche nur schwer zu klären. Fragen vor Ort in Emden brachten kein befriedigendes Ergebnis. Wissen Sie mehr?

Sicher ist, dass nach dem Neubau des Fährhauses in 2001 für die moderne Reiseabwicklung, das bisherige Postamt im alten Abfertigungsgebäude bereits nicht mehr existierte.

Hinter den gr0ßen Scheiben waren früher die Abfertigung, Gastronomie und Post untergebracht. Nur ein Zufall auf dem Foto ist das geparkte Postfahrzeug.

Am alten Abfertigungsgebäude hängt ein „historisches“ Hinweisschild.

1902 wurde der erweiterte Hafen mit Borkum Abfertigung eingeweiht (Postkarte Stadtarchiv Emden).

Eine Luftbildaufnahme vom Außenhafen in Emden. Auf der linken Seite vor der Schleuse die Abfertigung für Reisende nach Borkum und der vermutete Standort der Post.

Eine undatierte, alte Darstellung des Hafengebietes. Die elektrische Kleinbahn führt zum Außenhafen, zum Empfangsgebäude und zur Anlegebrücke. Auf der gegenüberliegenden Hafenbeckenseite ist die Neue Quarantäne Anstalt angesiedelt. Der neue Handelshafen ist noch im Bau. Der Stadtteil Transvaal ist noch nicht in Sicht.

Eine Vergrößerung aus obiger Karte.

Das Postamt Emden 29 mit fünfstelliger Postleitzahl 26723 lag nicht mehr am Außenhafen, sondern im benachbarten Emder Stadtteil Transvaal.

Quellen:

  • Das Ortsbuch für das Deutsche Reich herausgegeben in Verbindung mit der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Reichspost, 7. Auflage 1930, Berlin
  • Ortsverzeichnis Post, Verzeichnis der Orte im Bereich der deutschen Postverwaltungen in den Jahren 1952, 1958, 1959, 1970, 1972, 1974, 1978, 1980, 1982, 1984, 1988, 1991
  • Geschichte des Postamtes in Emden, Erich Schlehufer, 1953
  • City-Tipp, Das Magazin Ostfriesland, Ausgabe Juni 2019
  • Fotos vom Autor August 2019

Vielen Dank an die netten Menschen in der Tourist Information im Hauptbahnhof Emden, an das Stadtarchiv der Stadt Emden, an das Ostfriesische Landesmuseum Emden und an alle anderen Personen, die ich bei der Recherche persönlich und telefonisch befragen konnte.

Insel Neuwerk

Es gibt verschiedene bewohnte Inseln in Niedersachsen, die in späteren Beiträgen vorgestellt werden. Hier erfahren Sie etwas über eine Hamburger Insel, die einmal zu Niedersachsen gehörte.

Die Insel Neuwerk gehört zur Stadt Hamburg, Verwaltungsbezirk Hamburg-Mitte. Etwa 40 Menschen leben auf dieser drei Quadratkilometer großen Insel.

Gruss von der Insel Neuwerk, 31. Mai 1898, von Neuwerk nach Hamburg (*Übersetzung des Textes am Ende des Artikels …von Agathe an Richard…)

Die Insel Neuwerk liegt nordwestlich vor Cuxhaven in der Elbmündung. Man erreicht sie entweder mit dem Schiff, während der Ebbe zu Fuß, auf einem Pferd oder mit dem Wattwagen.

Das imposanteste Bauwerk der Insel, übrigens Hamburg ältestes, ist der Leuchtturm aus dem Jahre 1310 (Michel-Nr. 2800):

Was hat die Insel Neuwerk mit Niedersachsen zu tun?

Zum 1. April 1938 trat das Gesetz über Groß-Hamburg und andere Gebietsbereinigungen, das sogenannte Groß-Hamburg-Gesetz, in Kraft. Gegenstand dieser Regelungen waren eine Vielzahl von Gebietsänderungen, mit dem Ziel die wirtschaftliche Stellung Hamburgs zu vergrößern. Hamburg wurde um die bis dahin preußischen Städte Altona, Harburg-Wilhelmsburg und Wandsbek sowie weitere Gemeinden aus den benachbarten Landkreisen erweitert.

Im Gegenzug gingen verschiedene Hamburger Exklaven, wie die in der Elbmündung liegende Insel Neuwerk, sowie das dortige Festlandsgebiet Amt Ritzebüttel mit der Stadt Cuxhaven an die preußische Provinz Hannover.

 

Reichsgesetzblatt vom 27. Januar 1937, Gesetz über Hamburg und andere Gebietsbereinigungen

Aus dem Gesetzestext zitiert: „Auf das Land Preußen gehen über: … die Stadt Cuxhaven und die Gemeinden Berensch und Arensch, Gubendorf, Holte und Spangen, Oxstedt, Sahlenburg unter Eingliederung in den Landkreis Land Hadeln, Regierungsbezirk Stade…..“

Die Elbinsel Neuwerk ging am 1.10.1969 im Rahmen eines Staatsvertrages vom 3.10.1961 mit Niedersachsen im Austausch gegen einzelne noch der Freien und Hansestadt Hamburg gehörende Geländestücke in Cuxhaven wieder an Hamburg.

Unterzeichnung Staatsvertrag, Hamburgs Erster Bürgermeister Paul Nevermann (2. von links) und Niedersächsischer Ministerpräsident Georg Diederichs (7. von links), 5. Oktober 1962, im Leuchtturm Neuwerk.

Hintergrund des Staatsvertrages war die Planung eines Hamburger Tiefwasserhafens in der Elbmündung. Diese Planung wurde bisher nicht vollzogen. Seit 1990 ist dieses Gebiet Teil des Nationalparks Hamburgisches Wattenmeer.

Eine R-Zettel Chronologie der Insel:

Die Postleitzahl bleibt, der Ort ändert sich von Cuxhaven auf Hamburg, durch den Wechsel des Bundeslandes:

R-Brief von Hamburg-Insel Neuwerk, 21. Januar 1991

R-Zettel Hamburg-Insel Neuwerk

R-Brief Hamburg-Insel Neuwerk, 14. Januar 1994, fünfstellige Postleitzahl 27499

Selbstklebender R-Zettel, fünfstellige Postleitzahl 27499

Die Geschichte der Insel Neuwerk mit seinen Einschreibezetteln ist abschließend behandelt.

Es folgt eine Poststempel- und Formular-Chronologie von Neuwerk:

Stempel Neuwerk (Insel), 31. Mai 1898

Neuwerk (Insel), 2. August 1909

Stempel Neuwerk (Insel), 1. August 1910, mit Sternen

Stempel Neuwerk (Insel) 15. Juli 1927, ohne Sterne

Stempel Cuxhaven-Neuwerk 28. Mai 1940

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Das Postamt Cuxhaven fragt am 12. Juli 1944 die Poststelle Neuwerk nach dem Barvorschuß in Höhe von 300 Reichsmark. Am 14. Juli 1944 antwortet die Poststelle auf dem gleichen Blatt, unten links. Kein Poststempel.

Der Bezirksaufsichtsdienst Cuxhaven wiederholt diesen Vorgang am 4. März 1946, jetzt für 100 Reichsmark. Formular der Reichspostdirektion RPD Hamburg.

Die Bestätigung erfolgt umgehend. Der Vorschuss von einhundert Reichsmark ist in bar und in Wertzeichen vollzählig vorhanden. Stempel Cuxhaven-Neuwerk 8. März 1946

Auf einem überholten Formblatt der RPD erfolgt am 10. Oktober 1949 eine erneute Frage nach dem verbuchten eisernen Barvorschuß. RM Reichsmark wird geändert in DM Deutsche Mark. Drei Mal kommt der Stempel Cuxhaven zum Einsatz…

Die Bestätigung mit einem Poststempel vom 14. Oktober 1949

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist neuwerk-10.2.62_000014.jpg

Stempel Cuxhaven-Neuwerk 10. Februar 1961

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Stempel-Cuxhaven-Neuwerk_003096.jpg

Stempel Cuxhaven – Insel Neuwerk, Postleitzahl 2191, vom 18. Januar 1962

In den frühen 30er Jahren und in den 60er und 70er Jahren versuchte sich der Raketentechniker Gerhard Zucker mit dem Transport von Postsendungen in Versuchsraketen, u.a. ausgerechnet im Cuxhavener Wattgebiet mit der Zielrichtung Insel Neuwerk. Sie waren jedoch erfolglos und grenzten zumindest teilweise an Betrug. Diese Aktivitäten wurde mit Drucksachen philatelistisch dokumentiert:

„Zucker-Drucksache“

Stempel (24a) Cuxhaven-Neuwerk, 19. März 1961

Stempel (24a) Cuxhaven-Neuwerk, 25. Juni 1961

Einlieferungsschein Hamburg-Insel Neuwerk, 15. August 1980

Stempel Hamburg-Insel Neuwerk, 14. Januar 1994, mit der fünfstelligen Postleitzahl 27499

Letzter Tag der Postfiliale 27499 Hamburg-Insel Neuwerk, 30. August 1997

Eine Schöpfung der Deutschen Post AG für abgehende Post von der Insel und für den Verkauf bei den „Erlebnis: Briefmarken Teams“, Hamburg-Insel Neuwerk 8. April 2017. Bei der Herstellung von Post-Schmuckumschlägen ist eine kleine Panne passiert. Für die Herstellung der Tagesstempel zur maschinelle Stempelung der Schmuckumschläge wurden Gummiplatten im Durchmesser von 28 Millimetern hergestellt. Für die Stempelung von auf der Insel eingelieferter Post wird ein in Stahl gravierter Stempel mit dem Durchmesser von 35 Millimetern eingesetzt.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Insel-Neuwerk-1990-Postschalter_000715.jpg

Der Postschalter auf der Insel Neuwerk 1990

Die Posthalterin Elisbeth Griebel zeigt Briefkasten und Postschild auf der Insel, 1990

Neuwerk Impressionen:

Ein Lufthansa Airbus A320-200 überfliegt das Wattenmeer bei Neuwerk.

Transport der Post mit dem Wattwagen, daher Wattenpost.

* Übersetzung vom Text der Postkarte vom Artikelanfang, Gruss von der Insel Neuwerk: Lieber Richard, einen herzlichen Gruß schicke ich Euch Allen von der Insel Neuwerk bei schönem Wetter eben hier angekommen, mit erfreulichen Grüßen, mündlich mehr darüber, Eure Agathe, 31. Mai 1898.

Quellen:

  • Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt 13. Januar 1935, Eingemeindungen u.a. Insel Neuwerk in die Stadt Cuxhaven
  • Reichsgesetzblatt vom 27. Januar 1937,  Groß-Hamburg-Gesetz 26. Januar 1937
  • Cuxhaven-Vertrag vom 3. Oktober 1961
  • Bilder zur Geschichte des hamburgischen Amtes Ritzebüttel, Band 2
  • Festschrift 90 jährige Wiederkehr des Gründungstages des Vereins für Briefmarkenkunde zu Hamburg, Dr. Ernst Meyer-Margreth, 14. Oktober 1975
  • Deutsche Briefmarken Zeitung, DBZ Spezial 150 Jahre Briefmarken, 1990
  • Hamburger Abendblatt 30. August 1997
  • Deutsche Briefmarken-Zeitung DBZ, Nr. 10/2017, 28. April 2017, Seite 8