Bad

Die Berliner Tageszeitung DER TAGESSPIEGEL beschäftigte sich in der Ausgabe vom 19. November 2016 mit dem Ort Bad Eilsen in Niedersachsen. Mit einer ungewöhnlichen Headline machte die Zeitung auf Seite 1 auf einen längeren Artikel im Blatt aufmerksam:

 tagesspiegel

Hier erholte sich West-Berlin: Der kuriose Kurort Bad Eilsen

Die Autorin Lisa McMinn geht der Geschichte nach, warum Bad Eilsen und West-Berlin in den 1970er Jahren eine enge Verbindung hatten. Aus dem Artikel zitiert:

„Bereits 1957 hatte die Landesversicherungsanstalt Berlin-Hannover einen Großteil der Kuranlagen in Bad Eilsen gekauft. Die damalige (West-) Berliner Landesversicherung hatte feste Kapazitäten in den Kliniken gebucht. Bis zur Hälfte der Patienten kam daher aus West-Berlin. Einst war Bad Eilsen die Moorbadewanne West-Berlins, der Kurort war Hauptanlaufpunkt für malade Frontstädter. Seit 1969 sind die Heilquellen staatlich anerkannt. Und seit 1971 darf sich Eilsen „Bad Eilsen“ nennen.“

Inspiriert durch diesen Zeitungsartikel stellen sich folgende Fragen:

Welche Orte in Niedersachsen führen den Städtebeinamen BAD im Namen?

Seit wann darf der Ort diesen Zusatz führen?

In der folgenden Auflistung sind die recherchierten Daten mit eingeflossen.

Es gilt es zu berücksichtigen, dass bei einer Ortsumbenennung vorrätige R-Zettel häufig aufgebraucht wurden und sogenannte Ersttagsbelege eher unwahrscheinlich sind.

Um einschätzen zu können, welche Bedeutung die folgenden Orte für den abgehenden Postverkehr hatten, ist die ca. Zahl der Einwohner (EW) ergänzt. Die Quellen dieser Einwohnerzahlen stammen aus unterschiedlichen Jahren (2003 bis 2016). Je nach Größe des Ortes ist es teilweise schwierig aktuelle Zahlen zu ermitteln. Die genannten Zahlen dienen nur zur Einschätzung der Ortsgröße.

Kann die Veränderung im Ortsnamen mittels R-Zettel oder R-Beleg nachgewiesen werden?

Ja und nein, sehen Sie selbst:

Bad Bederkesa, Bad seit 1.10.1996, ca. 5.200 EW, vermutlich keine R-Zettel mit Zusatz Bad, da Bederkesa nur neun Monate vor Einführung der Label umbenannt wurde:

bederkesa-440

Bad Bentheim, Bad seit 6.6.1979, ca. 15.300 EW:

bad-bentheim-002bentheim-238 

Bad Bevensen, Bad seit 12.5.1976, ca. 9.000 EW:

bad-bevensenbevensen

Bad Blenhorst, ca. 320 EW

Blenhorst ist ein Ortsteil der Gemeinde Balge im Landkreis Nienburg/Weser und verzeichnet etwa 320 Einwohner (103 Häuser). Schon 1842 wurde der Ort als Kuranstalt gegründet. Er war bis Ende 2010 Kurort. Es ist das wohl kleinste Moorbad in Deutschland gewesen. Am 1. März 1974 wurden die Gemeinden Balge, Blenhorst, Bötenberg, Buchhorst, Holzbalge, Mehlbergen und Sebbenhausen zu einer neuen Gemeinde zusammengeschlossen. Diese erhielt den Namen Blenhorst. Am 23. Januar 1976 wurde ihr Name amtlich in Balge geändert. Mit diesen Informationen dürfte es schwer sein Bad Blenhorst postalisch zu belegen, oder?

Bad Bodenteich, Bad seit 1.10.1998, ca. 3.700 EW, keine R-Zettel mit Zusatz Bad, da Bodenteich zu Zeiten der Label umbenannt wurde:

bodenteich-005

Bad Eilsen, ca. 2.500 EW:

bad-eilsen-937eilsen73

Bad Essen, Bad seit 1902, ca.15.300 EW:

bad-essen-640

Bad Fallingbostel, Bad seit 5.8.2002, ca. 11.000 EW, keine R-Zettel mit Zusatz Bad, da Fallingbostel zu Zeiten der Label umbenannt wurde:

falling

Bad Gandersheim, Bad seit 1932, ca. 10.100 EW:

bad-ganderheim-133gandersheim-777

Bad Grund, Bad seit 16. Juli 1855, ca. 2.400 EW:

bad-grund-29

Bad Harzburg, Bad seit 27. 5. 1892,  ca. 21.700 EW:

bad-harzburgharzburg

Bad Helmstedt, Bad seit 1982, ca. 150 EW:

…wenn schon kein R-Zettel, dann wenigstens ein Ausschnitt aus einer Gruss aus Bad Helmstedt Karte…

Bad Iburg, Bad seit 1967, ca. 10.700 EW:

bad-iburgiburg

Bad Laer, Bad seit 1975, ca. 9.300 EW:

bad-laerlaer

Dieser Briefausschnitt zeigt eine Umstellung zum Namen Bad. Der Poststempel führt im Stadtteil Remsede (Bad Laer 4) ca. acht Jahre nach der Umbenennung am 29.4.83 den Zusatz Bad. Ein früherer R-Zettel ohne Zusatz Bad wird aufgebraucht.

Bad Lauterberg im Harz, Bad seit 1906, ca. 10.600 EW:

bad-lauterberg

lauterberg

Brief von Lauterberg am Harz nach Herzberg am Harz, 16.3.1878

Bad Münder am Deister, Bad seit 1936, ca. 17.400 EW:

bad-muendermuender

Bad Nenndorf, Bad seit 1787, ca. 8.700 EW:

bad-nenndorf

Brief von Nenndorf (Bad) nach Rinteln, 23.10.1886

Bad Pyrmont, Bad seit 1914, ca. 19.200 EW:

bad-pyrmontpyrmont

Bad Rehburg, Bad seit 28.11.1752, ca. 800 EW:

bad-rehburgrehburg-bad

Bad Rothenfelde, Bad seit 24.02.1905, ca. 7.800 EW:

bad-rothenfelde

Bad Sachsa, Bad seit 1905, ca. 7.500 EW:

bad-sachs

Brief von Bad Sachsa (Südharz) nach Halle/Saale, 29.1.1946

Bad Salzdetfurth, Bad seit 10.12.1921, ca. 13.300 EW:

bad-salzdetfurth

Bad Zwischenahn, Bad seit 1919, ca. 28.200 EW:

bad-zwischenahn

zwischenahn

Brief von Zwischenahn nach Hannover, 2.10.1895

Salzgitter-Bad, Bad seit 1951, ca. 20.800 EW:

salzgitter-badsalzgitter

Das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz bestimmt in § 19 (4):

„Ist eine Gemeinde oder ein Teil einer Gemeinde als Heilbad, Nordseeheilbad, Nordseebad, Kneipp-Heilbad oder Kneipp-Kurort staatlich anerkannt, so entscheidet die Gemeinde, ob das Wort „Bad“ Bestandteil ihres Namens oder Namens des Gemeindteils wird. Wird die staatliche Anerkennung aufgehoben, so entfällt der Namensbestandteil „Bad“ nach Ablauf von fünf Jahren, es sei denn, die staatliche Anerkennung war mindestens zwanzig Jahre wirksam.“

‎Welche Fragen kann dieser Artikel z.Zt. nicht klären:

Seit wann führt Bad Eilsen den Namenszusatz BAD im Namen?

Welcher anderer Ort hat die Bezeichnung im Laufe der Jahre verloren?

Welcher der obigen Orte hatte wegen der geringen Bevölkerungszahl kein eigenes Postamt?

Warum haben andere Orte mit entsprechenden Einrichtungen oder „gesunder“ Lage keinen Städtebeinamen?

Nicht alle der aufgeführten Bäderorte sind heute noch als Kurort aktiv.

Ihre Mitarbeit ist bei dieser und allen Seiten der Homepage erbeten. Bitte ergänzen Sie fehlende Daten, Belege oder R-Zettel über das Kontaktformular. Danke!

Quellen:

  • Der Tagesspiegel, Berlin, 19.11.2016
  • Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz vom 17. Dezember 2010
  • Bad Grund: www.horn-petra.de
  • Bad Harzburg: Leitung Bürgermeisteramt, Chronik des Amtes Harzburg im XIX. Jahrhundert von Karl Berthold Fischer. Herausgegeben vom Harzburger Altertums- und Geschichtsverein, Braunschweig Appelhans, 1912, in der unter dem 27. Mai 1892 auf Seite 72 zu lesen ist :  „Durch Verfügung des Herzoglichen Staatsministeriums wird der Gemeinde Neustadt-Harzburg die Bezeichnung Bad Harzburg beigelegt.“
  • Kur- und Tourismusgesellschaft Staatsbad Nenndorf mbH, Jubiläumsbuch 200 Jahre Staatsbad Nenndorf.
  • Friedrich Gerling, Chronik Bad Rehburg, 20.11.1936, mit freundlicher Unterstützung von Jürgen Wagner
  • Bad Rothenfelde: Vorzimmer Bürgermeister, Abschrift der Amtlichen Bekanntmachung Kreisblatt 24.02.1905 und 200 Jahre Heilbad Rothenfelde, ISBN: 978-3-33-036025-1.
  • Bad Salzdetfurth: Büro Bürgermeister Hesse, durch Erlass des Preußischen Staatsministeriums vom 10.12.1921 wurde dem Ort Salzdetfurth die Zusatzbezeichnung BAD verliehen.
  • Bad Zwischenahn: Gemeindearchiv, den Beinamen „Bad“ führt die Gemeinde seit 1919. Dies belegt eine „Bekanntmachung für die Oldenburgischen Anzeigen“ des „Ministeriums des Innern“ vom 18. Dezember 1919. Sie findet sich in den Akten des Niedersächsischen Landesarchivs, Standort Oldenburg (Best. 136 – 21620, Nr. VI 13-106, Blatt 5).
  • Einwohnerzahlen und Städtebeinamen vom Landesamt für Statistik Niedersachsen, Homepage der Orte und wikipedia.de

 

Osterode am Harz

Am 1. November 2016 feierte das Land Niedersachsen seinen 70. Geburtstag. Und am gleichen Tag verlor die Stadt Osterode ihren Status als Kreisstadt. Der Landkreis Osterode ging an diesem Tag im Landkreis Göttingen auf.

Nach jahrelangen Vorbereitung fusionierten der Landkreis Osterode und der Landkreis Göttingen zum „neuen“ Landkreis Göttingen. Es ist der erste Zusammenschluss zweier Landkreise in Niedersachsen seit den 1970er Jahren. Die Fusion soll die beiden Landkreise vor dem Hintergrund des demografischen Wandels zukunftsfähig machen.

Grund genug nach R-Zetteln zu suchen, die sich mit Osterode beschäftigen. Leider gibt es in der Sammlung vom bisherigen Landkreis Osterrode keinen Einschreibezettel mit dem Hinweis Landkreis Osterode. Vielmehr wurde mehrheitlich bei den Orten des ehemaligen Landkreises der Zusatz Südharz gewählt. Aber im benachbarten Landkreis Northeim bin ich fündig geworden. Der Ort Harriehausen verwendete im Jahr 1937 ein R-Zettel mit dem Zusatz Landkreis Osterrode. Harriehausen wurde am 1.3.1974 in die Stadt Bad Gandersheim (Lk. Northeim) eingegliedert.

R-Brief von Harriehausen nach Hannover, 22.1.1939

Zusatz im R-Zettel Kr. Osterode, Harz

Auch Calefeld (jetzt Kalefeld) liegt in der Zwischenzeit im Landkreis Northeim:

Zusatz im R-Zettel Kr. Osterode, Harz. Dieser R-Zettel wurde am 5.9.1929 verwendet.

Wie sich die R-Zettel im Laufe der Jahrzehnte verändert haben, wird hier am Beispiel des Osteroder Stadtteils Lerbach von 1879 bis 1997 gezeigt:

lerbach

Deutsches Reich Einschreiben Postkarte, 5 Pfennig mit Zusatzfrankatur 2×10 Pfennig, K1 Lerbach 6.10.1879, R-Zettel mit roter No., Braunschweigerische Gruppe, nach Clausthal.

669

257

712

986mit PLGZ 20b

579Wegener, 1945-1947

538Amtskennzeichen ab 30. Juli 1956

306AKZ

826PLZ Numerator fett, ab 23.3.1962

266PLZ Numerator dünn

081

Lerbach wird Osterode 14, dreistellige PLZ, ab 1972

567

Lerbach ist Osterode 14, vierstellige PLZ

041

fünfstellige Postleitzahl seit 1.7.1993, nur kurze Verwendungszeit dieser R-Zettel bis 1997, dann Einführung der R-Label.

Lerbach gehörte bis 1972 zum Landkreis Zellerfeld, seit der Gebietsreform am 1.7.1972 zu Osterode und zum gleichnamigen Landkreis, ab 1.11.2016 als Teil von Osterode zum Landkreis Göttingen.

Quelle:

 

Erste Ausgabe für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet bzw. für die Bundesrepublik Deutschland

Die Hannoversche Gummieranstalt August Wegener in Langenholzen bei Alfeld/Leine produzierte in den Jahren 1945 bis 1947 nachfolgende R-Zettel in der Form von Schalter-Heftchenbogen.

wegener-1

Die Firma Wegener hatte ab 1923 ihre Produktionen mit Zigarettenpapier begonnen. 1927 folgte die Herstellung von Schreibmaschinenpostkarten mit Nassklebung. 1940 ein preisgünstig herzustellender Faltbrief. Er wird von der Wehrmacht als Feldpostbrief eingeführt. 1945 beauftragen die Besatzungsmächte Briefmarken und 1948 erfolgt zusammen mit anderen Firmen, später allein, die Herstellung der Notopfermarke Berlin. Es folgen in den darauffolgenden Jahren bis heute selbst- und nassklebende Umschläge und Kuvertierhüllen.

Folgende Text ist auszugsweise aus dem Overmann-Katalog übernommen:

Die erste Auflage der oben abgebildeten Heftchenbogen wurde zunächst für die britischen Besatzungszone (PLGZ 20a, 20b, 21a, 21b, 22a, 22c, 23, 24a, 24b) mit den Oberpostdirektionen Braunschweig, Bremen, Dortmund, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Kiel, Köln und Münster produziert.

1946 erhielt auch die amerikanische Besatzungszone (PLGZ 13a, 13b, 14a, 16 und 17a) mit den OPD Frankfurt, Karlsruhe, München, Nürnberg, Regensburg und Stuttgart diese R-Zettel.

Zum Einsatz kam eine Rotdruckplatte, Din A 3 mit 320 Feldern (10 waagerecht und 32 senkrecht). Steindruck des Vollrandes, des R, des senkrechten Trennungsstriches und des dicken PLGZ-Kreises in ziegelroter bis karminroter Farbe in hellen bis dunklen Tönen.

Und  auch drei Schwarzdruckplatten wurden gebraucht, DIN A 3 mit je 320 Feldern, die später in je acht Schalterheftchen-Bogen zu je 40 Stück zerlegt wurden. Und eine Schwarzdruck-Kleinplatte DIN A 5, mit 40 Feldern für den 25. Schalterheftchen-Bogen mit den Nummern 961-1000.

An die Schalter kamen diese R-Zettel in Heftchen zu je 25 Bogen, Format 22cm x 14,5 cm einschließlich Heftrand links.

wegener-druckvermerk

Abbildung: Beschriftung der Verpackung

Jeder Heftchenbogen besteht aus fünf R-Zetteln nebeneinander und acht R-Zetteln untereinander (siehe Abbildung Bogen).

Die Schwarznummerierung beginnt rechts oben und geht senkrecht nach unten, dann die folgende Reihe usw., so dass die höchste Nummer jedes Heftchenbogens links unten steht.

Die 25 Heftchenbogen haben folgende Nummern:

1 = 1-40
2 = 41-80
3 = 81-120
4 = usw. ……… usw.
23 = 881-920
24 = 921-960
25 = 961-1000

bogen

Mit diesem Bildausschnitt wird der Numerator 1000 erklärt.

R-Brief von Alfeld nach Berlin, Adressat: Zentralorgan der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Berlin SW 68, Zimmerstr. 87-91, 12.6.46

Bei diesem R-Zettel ist der linke Rand des Bogens sehr gut zu erkennen.

Diese R-Zettel sind Blankozettel ohne Ortsnamen. Diese sollten im Postamt jeweils eingesetzt werden, wurden aber gelegentlich vergessen. Die Eintragungen geschahen durch Gummistempel, Tagesstempel, Bezirksstempel, Landpoststempel, R-Stempel, Handschrift oder Buchdruck.

Bei den im Buchdruck hergestellten Ortsbezeichnungen handelt es sich um örtliche Maßnahmen einzelner Postscheckamts-Druckereien.

osterode-wegener

Beim Setzen der Zahlen sind unterschiedliche Schrifttypen eingesetzt worden, Beispiel hier 983 aus Osterode

902

R-Brief mit beschriebenen R-Zettel, Zensurbrief, R nachgemalt, Michel Nr. 936, Brief 14.4.1947 von Rastede nach Eckartsberg, Russische Zone. Rückseitiger Stempel Zittau 24.7.47

1000

R-Brief mit beschriebenen R-Zettel, Eilboten, Numerator 1000 mit Unterscheidungsbuchstaben „C“, Brief von Nienburg nach Hannover-Linden, zwei rückseitige Stempel, (20) Hannover 1 – 24.6.48 und Hannover-Linden – 25.6.48.

Der Overmann Katalog bezeichnet diesen R-Zettel als Typ 761.

Literatur:

  • Katalog der Deutschen und verwandten R- und + V-Zettelformen, Herausgegeben von der Westdeutschen Arbeitsgemeinschaft R-Zettel und R-Stempel, 2. Auflage Oktober 1966, umgangssprachlich Overmann-Katalog.
  • Eigendarstellung Fa. Wegener, Alfeld