Forschungsanstalt für Landwirtschaft, Braunschweig

Auffällig bei diesem Selbstbucher R-Zettel ist die zeitweise fehlende Ortsangabe. Die Postleitzahlen lassen erahnen, an welchem Ort diese Anstalt angesiedelt war.

Die Forschungsanstalt wurde zum 1. November 1947 durch den Wirtschaftsrat der Bizone im Agrarland Niedersachsen gegründet. Ziel der Anstalt war die für den Wiederaufbau der deutschen Landwirtschaft vordringlichen Forschungsinstitute in einem wissenschaftlichen Zentrum zusammenzufassen.

Zu diesen gehörten die Institute für:

  • Biochemie des Bodens
  • Humuswirtschaft
  • Bodenbearbeitung
  • Grünlandwirtschaft und Futterbau
  • Pflanzenbau und Saatguterzeugung
  • Tierernährung
  • Konstitutionsforschung
  • Landtechnische Grundlagenforschung
  • Schlepperforschung
  • Landmaschinenforschung
  • Landwirtschaftliche Marktforschung
  • Angewandte Betriebswirtschaft

Standort war das Gelände der 1938 gegründeten Luftfahrtforschungsanstalt in Braunschweig, Bundesallee 50.

Blanko R-Zettel mit Poststellen II Stempel 20b Forschungsanstalt für Landwirtschaft Braunschweig

R-Zettel Typ 7242, auf dünnem durchsichtigen Pergaminpapier mit Postleitgebietszahl (PLGZ) 20b im Kreis und Braunschweig Forschungsanstalt für Landwirtschaft, Ausgabe für die britische Besatzungszone

R-Zettel Amtskennzeichen (AKZ), Braunschweig Forschungsanstalt für Landwirtschaft, 16 A, ca. 1964

1965 wurde ein dreizeiliger R-Zettel verwendet: 3301 Forschungs- / anstalt für / Landwirtschaft.

Belegvorderseite vom 24. Oktober 1967, Poststempel und R-Zettel 3301 Forschungsanstalt für Landwirtschaft, nach Hannover

R-Zettel vom obigen Beleg

Belege mit diesem R-Zettel Typ sind auch aus 1968 bekannt.

Ca. 1971 wurde ein ähnlicher R-Zettel mit fettem Numerator eingesetzt:

Vom 5. Mai 1949 bis 15. März 1952 war vor Ort eine Poststelle II eingerichtet. Ab dem 16. März 1952 bis zum 31. Dezember 1971 folgte eine Aufwertung zur Poststelle I.

Zeitlich überlappend, vermutlich ab dem 15. November 1971, gab es eine wesentliche Änderung. Ein fahrbarer Postschalter (mAst = mobile Annahmestelle) hielt werktags von 14.55 Uhr bis 15.25 Uhr vor der Tür an der Bundesallee 50 und hat die Selbstbucher-Poststelle abgelöst. Dieser Postkurs 402 führte den Tagesstempel 3300 Braunschweig 1 mit den Unterscheidungsbuchstaben „bo“ und verwendete einen R-Zettel 3300 Braunschweig 1 und Unterscheidungsbuchstabe „f“.

Der Kurs startete um 11.00 Uhr in Braunschweig Mastbruch, über Tostmannplatz, zur Lagesbütteler Straße in Harxbüttel, weiter zur Neuen Reihe 8 in Neubrück, über die Bundesallee 50 und beendete um 17.00 Uhr den Kurs in der Siedlung Kanzlerfeld, Paracelsiusstr. 68.

Durch den Einsatz dieses fahrbaren Postschalters mit festen, verlässlich Zeiten, konnte die Postversorgung an diesen Stellen sichergestellt werden.

Das Einsatzende dieses fahrbaren Postschalters ist mir leider nicht bekannt.

Der Eingangsbereich der Forschungsanstalt, ca. 1950

Der ehemalige Eingangsbereich der Forschungsanstalt, 2023

Ein Gesamtblick auf das große Grundstück

(Punkte zum obigen Übersichtsplan: 1 Haupteingang, 2 Hauptverwaltung, 3 Landwirtschaftliche Administration, 4 Marktforschung, Betriebswirtschaft, Zentralbücherei, 5 Werkstätten, 6 Bodenbearbeitung Bildstelle, 7 Schlepperforschung, 8 Gästehaus, 8a Kantine, 9 Grünlandwirtschaft Humuswirtschaft, 10 Chemische Untersuchungslaboratorium, 11 Tierernährung, 12 Landtechnische Grundlagenforschung, 13 Biochemie des Bodens, 14 Pflanzenbau und Saatguterzeugung, 15 und 16 Versuchsfelder, 17 Landwirtschaftsbetrieb, 18 Nordausgang)

Die Poststelle war vermutlich bei 2 Hauptverwaltung untergebracht.

Als Einrichtung des Landes Niedersachsen gegründet, wurde es ab 1977 eine Bundesforschungsanstalt mit verschiedenen Einrichtungen, überwiegend in Braunschweig-Völkenrode, Bundesallee 50.

2008 erfolgte durch eine neue Aufteilung der bisherigen Institute auf andere Forschungseinrichtungen die Auflösung der bisherigen Organisation.

Quelle:

  • Forschungsanstalt für Landwirtschaft, Braunschweig Völkenrode, Eigendarstellung 1950
  • Deutsche Briefmarken-Revue, Nr. 9, September 1997 und Nr. 10, Oktober 1997, Hans Paikert
  • Foto vom Autor, Juli 2023

Offene Fragen:

  • Wann wurde der Kurs 402 eingestellt?

Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben

Eine Stadt, die unter diesem Namen nicht einmal sieben Jahre existierte.

Um diesen Käfer ging es. Auf der Tür die Abkürzung KdF.

Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel Abbildungen aus dem Dritten Reich enthält.

Und bitte beachten Sie §86 und §86a Strafgesetzbuch. Sie versichern die Abbildungen aus der Zeit des III. Reiches nur zu Zwecken der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken zu lesen oder weiter zu verarbeiten.

Bitte respektieren Sie diese Aufforderung!

Die Geschichte der Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben, von Wolfsburg und von Volkswagen ist dermaßen umfangreich, dass sie viele Meter Literatur in Bibliotheken füllt und einen Blog zur Postgeschichte von Niedersachsen sprengen würde.

Am 4. Oktober 1937 erließ die damalige Reichsregierung das Gesetz zur Neugestaltung deutscher Städte. Dieses Gesetz zielte auf den repräsentativen Umbau von zunächst vier Städten, die im Blick Hitlers lagen – die sog. Führerstädte München, Nürnberg, Berlin, Hamburg, sowie Linz nach der Annektion Österreichs. Auf Druck der Gauleiter wurden die meisten Gauhauptstädte einbezogen, als erste Stadt Weimar; schließlich das zukünftige Wolfsburg als neuer Industriestandort.

Am 26. Mai 1938 fand die feierliche Grundsteinlegung des Volkswagenwerkes statt. Mit Wirkung vom 1. Juli wird durch Erlass des Oberpräsidenten der Provinz Hannover die „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“ gegründet.

Sonderstempel, Grundsteinlegung des Volkswagenwerkes, 26. Mai 1938, Rothenfelde über Vorsfelde, Abbildung Volkswagen, DAF-Rad (Abzeichen der Deutschen Arbeitsfront)

Aus diesem Anlass wurden zwei fahrbare Postämter vor Ort eingesetzt.

Das Sonderpostamt und der oben abgebildete Sonderstempel wurden im Amtsblatt des Reichspostministeriums, Bekanntmachungen der Deutschen Reichspost, Nr. 60 am 24. Mai 1938 angekündigt

Text der Ankündigung: Rothenfelde über Vorsfelde: 2 Fahrbare Postämter, Grundsteinlegung des Volkswagenwerkes durch den Führer und Reichskanzler, 26. Mai 1938, Fußnote. Auch nehmen die Sonder-PÄ Telegramme an und vermitteln Ferngespräche. Es werden auch die Sonderwertzeichen zum 30. Januar 1938 (6+4 Rpf, 12+ 8 Rpf, Postkarten 6 + 4 Rpf) abgegeben. Schriftliche Anträge auf Gefälligkeitsstempelungen – jedoch nur für die angegebenen Sondermarken – sind bis zum 31. Mai an die Versandstelle für Sammlermarken in Berlin W 30 zu richten. Beschreibung des Stempels: Rothenfelde über Vorsfelde, Grundsteinlegung des Volkswagenwerkes 26.5.1938 und das Bild des Volkswagens mit dem Zahnrad der Deutschen Arbeitsfront im Hintergrund.

Der KdF Wagen, der spätere VW Käfer von 1938…

mit dem typischen Brezelfenster (Rückfenster), unverkäuflicher Prototyp

Im Amtsblatt der Regierung zu Lüneburg wird am 9. Juli 1938 die Stadtgründung bekannt gemacht.

Das heute Wolfsburg wurde als Stadt des KdF.-Wagens bei Fallersleben 1938 gegründet. Gründungsanlass war die Entscheidung ein Automobilwerk und die dazu gehörende Stadt zu bauen. Dieses sollte strategisch gelegen auf der grünen Wiese passieren. Vordergründig ging es um den Bau von KdF.-Wagen für fleißige Sparer zum festgesetzten Preis von 990 Reichsmark. In Wahrheit diente das Werk als Rüstungsbetrieb.

Was bedeutet KdF? Die nationalsozialistische Gemeinschaft Kraft durch Freude (KdF) wurde am 27. November 1933 als Unterorganisation der Deutschen Arbeitsfront (DAF) gegründet.

Poststempel Stadt des KdF.-Wagens bei Fallersleben, 6. September 1938, Unterscheidungsbuchstabe C

Die Aller-Zeitung berichtet am 4. November 1938 vom „Der Postdienst in der Stadt des KdF.-Wagens“:

Auszüge aus dem abgebildeten Zeitungsartikel:

„Der ständige Berichterstatter des NS-Gaudienstes Ost-Hannover beim Volkswagenwerk gibt uns folgenden Bericht: …Äußerlich unterscheidet sich das Postamt der Stadt des KdF.-Wagens im Gemeinschaftslager nur durch das Schild „Deutsche Reichspost“, den Briefkasten, den Marken- und Wertzeichengeber und den Postkraftwagen von den anderen Baracken…Das Postamt liegt im Mittelpunkt des Lagers…Das Postamt ist zuständig für das gesamte Stadtgebiet der Stadt des KdF.-Wagens, einschl. der Ortsteile Wolfsburg, Rothenfelde, Rothenhof und Heßlingen…Sechs Schalter liegen hier nebeneinander…Postamt gehört seit 1. September 1938 zur RPD (Reichspostdirektion) Hannover…eigene Verzollungsstelle für Auslandspakete…33700 Briefsendungen und Postkarten ins Inland und 25100 Sendungen ins Ausland, monatlich…

Die R-Zettel der Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben unterscheiden sich durch die Schriftart, Schriftgröße, Unterscheidungsbuchstaben, Postamtsbezeichnung und durch die Anzahl der Zeilen:

R-Zettel zweizeilig, ohne Postamtsbezeichnung

R-Zettel dreizeilig, ohne Postamtsbezeichnung

R-Zettel zweizeilig, ohne Postamtsbezeichnung, Unterscheidungsbuchstabe a

R-Zettel zweizeilig, ohne Postamtsbezeichnung, Unterscheidungsbuchstabe b

R-Brief Stadt des KdF.-Wagens bei Fallersleben, Poststempel vom 15. August 1938, nach Münster

R-Zettel vom obigen Beleg, dreizeilig, ohne Postamtsbezeichnung

Am Montag, 18. Juli 1938 erhielt die damals gerade knapp drei Wochen alte Stadt ihr eigenes Postamt im Bereich der alten Dorfstelle Wellekamp, Rothehofer Straße / Ecke Clausewitzstraße.

In der neugegründeten „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“ war die Stellung des Postamtes besonders bedeutsam. Denn die Bevölkerung der neugegründeten Stadt setzte sich aus vielen Teilen Deutschlands zusammen. Der Briefverkehr war für die neuen Einwohner zumeist die einzige Möglichkeit, Kontakt zur Familie in der Heimat zu halten. Nachdem im September 1938 die ersten italienischen Arbeitskräfte in der Stadt angekommen waren und im Laufe des Krieges vermehrt ausländische Zwangsarbeiter in der Stadt und im Werk eingesetzt wurden, begann die Post als Kommunikationsmittel weiter an Bedeutung zu gewinnen. 

Das neue Postamt, 1939, Aufnahme von Fritz Heidrich

Das neue Postamt verfügte über sechs Schalter und befand sich in einer Baracke am Appellplatz des Gemeinschaftslagers. Der Aller-Zeitung zufolge unterschied es sich lediglich durch das Schild „Deutsche Reichspost“, den Briefkasten, den Marken- und Wertzeichengeber sowie den Postkraftwagen von den anderen Baracken, die das Erscheinungsbild der Stadt bis weit in die Nachkriegszeit prägen sollten.

Zuvor war der Postverkehr durch eine Zweigstelle des Postamtes Vorsfelde in Heßlingen abgewickelt worden.

Die Aller-Zeitung berichtet am 12. Juli 1939 über „Das neue Postamt eröffnet“:

„Das neue Postamt eröffnet. Das ansprechende Gebäude des neuen Postamtes, das gegenüber der Tullio-Cianetti-Halle liegt, hat am Montag seinen Betrieb eröffnet. Der gesamte Postbetrieb erfolgt jetzt hier und nicht mehr in der alten Postbaracke, die einem anderen Zweck zugeführt wird. Der große Schalterraum läßt eine reibungslose und schnelle Abfertigung zu. Die eine Seite dieses Raumes ist nur für Paketausgabe und -annahme eingerichtet. Die hinter dem Schalterraum liegenden großen freien Räume sind für den nötigen Postverwaltungsbetrieb eingerichtet. Nett und freundlich liegt der hell und bunt geputzte langgestreckte Bau neben der riesigen Halle. Einladend wirken die beiden am Eingang angebrachten Kandelaber.“

Die Stadt des KdF-Wagens war eine einzige Großbaustelle und bestand in ihren Anfängen im Wesentlichen aus Baracken:

Postkarte, Das deutsche Volkswagenwerk, Gemeinschaftslager

Die Postkarte ist im Juli 1942 abgestempelt worden, die Aufnahme also aus dem Jahr oder früher. Das Gemeinschaftslager ist als Barackenlager eingerichtet. Die Cianetti-Halle ist als höchstes Gebäude zu erkennen.

Tullio-Cianetti-Halle, Postkartenmotiv

Die Cianetti-Halle, eine Holzkonstruktion, wurde auch „Halle der Fünftausend“ genannt, was eine ungefähre Vorstellung von der Größe dieses Veranstaltungsortes mitten im Gemeinschaftslager geben mag. Sie war Veranstaltungsort für Konzerte, Theater, Kabarett, Kino, Sport und politische Kundgebungen.

(Anmerkung zu Tullio Cianetti: Italiener, 1899 bis 1976, Gewerkschaftsvertreter verhandelte 1937 als Präsident des italienischen Industriearbeiterverbandes mit Robert Ley, Leiter Deutsche Arbeitsfront DAF, über eine Entsendung von italienischen Facharbeitern in das Deutsche Reichsgebiet.)

Die Absenderangaben einzelner Belege sind ein eigenes Forschungsgebiet, beispielhaft: Gemeinschaftslager 8/6, Hafenlager Stuben 95 Barraque 7, Gemeinschaftslager Volkswagenwerk, (nur) 7/42, Gemeinschaftslager 21/56 oder Gemeinschaftslager 9/58.

R-Zettel zweizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1, größere Schrift

R-Zettel zweizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1, kleinere Schrift

R-Brief Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben 1, Poststempel vom 14. August 1944, Brief nach Wittingen, Nachnahme, Absender Gemeinschaft Deutscher Sammler e.V., Gau Ost-Hannover, Kreis Gifhorn, Ortsgruppe Stadt des KdF.-Wagens

R-Zettel vom obigen Beleg

R-Zettel zweizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1, Unterscheidungsbuchstabe a

R-Zettel zweizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1, Unterscheidungsbuchstabe b, Verwendung ca. 1942

R-Zettel zweizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1, Unterscheidungsbuchstaben VW, Selbstbucher Volkswagenwerk

R-Brief Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben 1, Unterscheidungsbuchstaben VWW (Volks Wagen Werk), Absenderfreistempel vom 25. April 1944 Volkswagen-Werk GmbH, Selbstbucher

R-Zettel vom obigen Beleg

Absenderfreistempel vom obigen Beleg

Das Postaufkommen lag im November 1938 bereits bei etwa 2.000 Sendungen pro Tag – und dies obgleich die Stadt in jenen Tagen gerade einmal rund 5.500 Einwohner hatte, davon etwa 2.500 Italiener. Zum gleichen Zeitpunkt hatte die Post bereits mehr als 25.000 Auslandssendungen abgefertigt. Der Presseberichterstattung zufolge hätten die Postbeamten aus diesem Grund gar italienisch gelernt. Die Zustellung im Lager selbst erfolgte direkt an die Empfänger, und zwar zweimal am Vormittag und einmal in den Abendstunden. Pakete mussten jedoch direkt im Postamt, das über eine eigene Verzollungsstelle verfügte, abgeholt werden. Zudem existierten gesonderte Briefumschläge für deutsche und italienische Arbeiter. Auch den im Laufe des Krieges in die Siedlung am Mittellandkanal verschleppten Zwangsarbeitern war der Postverkehr mit ihren Angehörigen in der Heimat gestattet, solange Postverbindungen in die besetzten Gebiete bestanden. Allerdings unterlagen die Briefe der Zensur. 

Die Aller-Zeitung berichtet am 18. November 1939 vom „Dienst am Kunden“ in der Stadt des KdF.-Wagens:

„Stadt des KdF.-Wagens – Das Postamt übt Dienst am Kunden. Nachdem wir erst kürzlich davon berichtet hatten, daß im Vorraum des Postamtes Schließfächer eingerichtet worden sein, hat man jetzt auch zwei Telefonzellen dort geschaffen, in denen Münzfernsprecher angebracht sind. Die Fernsprecher sind auch während der Mittagsstunden zu benutzen. Es sei schließlich noch darauf hingewiesen, daß sich dort auch Markenautomaten befinden. Man sieht, daß unsere Reichspost vorbildlich bemüht ist, Dienst am Kunden zu üben.“

R-Zettel dreizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1

R-Zettel dreizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1, Unterscheidungsbuchstabe a

R-Brief Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben 1, Unterscheidungsbuchstaben a, Poststempel vom 23. April 1943 nach Laußig

R-Zettel vom obigen Beleg, dreizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1

R-Zettel dreizeilig, mit Postamtsbezeichnung 1, Unterscheidungsbuchstabe a, Wort „des“ nicht ausgeschrieben

Die Aller-Zeitung berichtet am 5. September 1940 von der Eröffnung des Zweigpostamtes im Stadtteil Steimker Berg:

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Aller-Zeitung-5.9.40-Das-erste-Zweigpostamt-errichtet-Ausschnitt-1024x489.png

„Stadt des KdF.-Wagens. Das erste Zweigpostamt errichtet. Mit Wirkung zum 3. September wurde in der Stadt des KdF-Wagens ein neues Postamt als erstes Zweigpostamt am Steimker Berg, Alte Landstr. (Hausnr. 25), errichtet, das als Zweigpostamt der Stadt unterstellt ist. Im Zuge des Ausbaus wurde ein neuer Münzfernsprecher aufgestellt, und neue Briefkästen wurden in den einzelnen Stadtteilen angebracht. Das Personal wurde weiterhin insbesondere für die Zustellung vermehrt, so daß in der Brief- und Paketzustellung eine wesentliche Beschleunigung erreicht worden ist.“

R-Zettel zweizeilig, mit Postamtsbezeichnung 2, größere Schrift

R-Zettel zweizeilig, mit Postamtsbezeichnung 2, kleinere Schrift

Ein R-Zettel mit dem Unterscheidungsbuchstaben „a“ ist belegt (ohne Abbildung).

Angesichts des kriegsbedingten Mangels an Arbeitskräften stellte die Post im März 1943 erstmals auch vier Frauen als Postbotinnen ein und setzte sie im Zustell- und Bahnhofsdienst ein. Obwohl der Aufbau der als NS-Musterstadt geplanten „Stadt des KdF-Wagens“ voranschritt, erhielt das Postamt damit erneut einen provisorischen Bau. 

Stadtplanausschnitt Stadt des KdF.-Wagens, Stand Oktober 1941. Die Stadt ist südlich des Mittelkanals gebaut. (Das Werk nördlich des Kanals, nicht eingezeichnet) Die beiden Postämter sind eingetragen. Die Hauptpost oben links gegenüber der Cianetti-Halle Rothehofer Straße / Ecke Clausewitzstraße. Das Zweigpostamt im Stadtteil Steimkerberg, unten rechts auf der Karte, Alte Landstraße.

Paketkarten von Stadt des KdF.-Wagens bei Fallersleben mit dem Taxquadrat 1049 sind bekannt von den Postämter 1 und 2, und ohne Postamtsbezeichnung.

Das wahre Gesicht des KdF-Programms veranschaulicht folgendes: Ab 1938 sollte die Massenmotorisierung der deutschen Bevölkerung eingeleitet werden. Dazu wurden Sparkarten für den eigens entwickelten sehr günstigen Volkswagen ausgegeben. Keiner der 336.000 Besteller erhielt jedoch seinen Wagen, die Menschen finanzierten stattdessen mit ihren Spargroschen den Bau des „Kübelwagens“ für den Kriegseinsatz.

Die Stadtverordnetenversammlung von „Wolfsburg“ trat am 25. Mai 1945 zum ersten Mal zusammen und beschloss auf Drängen der Besatzungsmacht die Änderung des bisherigen Stadtnamens „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“ in „Wolfsburg“. Damit erhielt die Stadt ihren endgültigen Namen nach dem bereits 1302 urkundlich erwähnten Schloss Wolfsburg an der Aller.

Zum 1. Oktober 1951 wurde Wolfsburg kreisfreie Stadt und aus dem Landkreis Gifhorn „ausgekreist“.

Das Volkswagen Werk Wolfsburg, hinter den Bahngleisen und am Mittellandkanal, 2023

„Wolfsburgs Entwicklungsgeschichte ist vielleicht das bewegendste Beispiel dafür, das aus einem überaus fragwürdigen Beginn dennoch eine gute Sache werden kann. Der Volkswagen, ersonnen in der Zeit des bösen Deutschlands, wurde zum Symbol des guten.“ Zitat von Christoph Stölzl

Lesetipp:

In Niedersachsen gibt es zwei Städte mit vergleichsweise jungen Gründungsdaten. Neben Wolfsburg (1945) ist das die ca. 55 km entfernte, südlich gelegene Stadt Salzgitter (1942).

Etwas Buntes zum Abschluss des Artikels. Nicht nur viele Meter Literatur in Bibliotheken füllt das Thema KDF und VW. Auch in den unterschiedlichsten Ecken dieser Welt ist das Thema auf Briefmarken oder Belegen präsent:

Deutsches Reich, 17. Februar 1939, Internationale Automobil- und Motorrad-Ausstellung, Berlin, Volkswagen (KDF-Wagen), Michel Nr. 688

Der komplette Briefmarkensatz (Michel Nr. 686-688) mit 6+4 Pf., 12+8 Pf. und obiger 25+10 Pf. wurde in Berlin auf der Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung, in Mengen von bis zu zwei ganzen Sätzen beschränkt auf eine Eintrittskarte zur Ausstellung (zu 1,- M) abgegeben. Abgabe nur beim Sonderpostamt vom 17. Februar bis 5. März und von besonderen Markenabgebern innerhalb der Ausstellung, sowie an den Kassen zur Ausstellung. Der Wert für das Auslandsporto zeigt den KdF-Wagen.

Bundesrepublik Deutschland, 5. Dezember 2002, Wohlfahrt, Oldtimer Mobile, VW Käfer 1949, Michel Nr. 2292, mit Bogenrand und Abbildung Käfer

Die folgenden Exemplare aus der Serie Laeders of the World sind angeblich auf Karibik Inseln herausgegeben worden. Vermutlich sind diese Marken nie auf den Inseln verwendet worden, sondern von einer Agentur für den Philamarkt geschaffen worden…, aber halt schöne Zeichnungen.

Nevis, 23. Oktober 1984, Volkswagen/Beetle 1947, Michel Nr. 198 und 199 (Nevis ist eine Insel in der Karibik mit ca. 11.500 Einwohnern)

Saint Lucia, 29. März 1985, KdF 1937, Michel Nr. 742 und 743 (Saint Lucia ist eine Insel in der Karibik mit etwa 184.000 Bewohnern)

Quellen:

  • Die Wolfsburg Saga, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart, 2008
  • „Der Postdienst in der Stadt des KdF-Wagens“, Aller Zeitung vom 4. November 1938
  • „Das neue Postamt eröffnet“, Aller-Zeitung vom 12. Juli 1939
  • „Das Postamt übt Dienst am Kunden“, Aller-Zeitung vom 19. November 1939
  • „Das erste Zweigpostamt errichtet“, Aller-Zeitung vom 5. September 1940
  • Stadt Wolfsburg, Institut für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation, Goethestr. 10a, 38440 Wolfsburg, https://www.wolfsburg.de/newsroom/2018/04/25/08/22/gemeinschaftslager-postamt und Zeitschrift „Das Archiv“, Zeitung für Wolfsburger Stadtgeschichte
  • Arbeitskreis Zukunft braucht Erinnerung, Choriner Str. 23, 10435 Berlin, https://www.zukunft-braucht-erinnerung.de – abgerufen am 7.2.2022
  • Katalog 1. Ost-Niedersächsische Briefmarkenausstellung in der Volkswagenstadt Wolfsburg, 5. bis 7. November 1966, Kulturzentrum
  • Katalog Wolfsburger Postwertzeichenausstellung, 20. bis 27. Mai 1973, Bürgerhalle im Wolfsburger Rathaus, Die Entwicklung des Postwesens im Raum der Volkswagenstadt, Herbert Engelmann
  • Katalog Landesausstellung Rang 2, Jubiläumsaustellung in der Stadthalle Wolfsburg, 28. und 29. März 1987, Einschreibezettel deutscher Automobilwerke, Wilhelm Bergmann und die Geschichte des Postwesens im heutigen Wolfsburger Raum, Ursula Rumpf
  • Fotos vom Autor September 2017, Juli 2023

Braunschweig Sammlermarkenstelle

Zu verschiedenen Zeiten gab es in Deutschland Versandstellen für Postwertzeichen.

Bekannt ist die Versandstelle in Berlin, die zur Zeit des Deutsches Reiches auch Briefmarken aus den Kolonien (Kolonial – Wertzeichenstelle) an Sammler oder sonstige Käufer lieferte. Und die Versandstelle in Frankfurt am Main lieferte auch Marken der Deutschen Bundespost Berlin an Interessierte.

Nach dem zweiten Weltkrieg gab es verschiedene Standorte, von denen aber nur acht gleichzeitig aktiv waren.

Neben Berlin-West (ab 18. Juni 1946 bis 2010, Goethestr. 12) gab es auch eine Versandstelle in Berlin- Ost (ab 8. Juli 1947 bis 1990).

In der Amerikanischen Zone wurden Briefmarken aus Frankfurt (ab 17. Juni 1947, letzte Adresse: Zeil 108/110) und aus Stuttgart (1947, zeitweise) geliefert.

Standorte in der Französischen Zone waren Freiburg (5. Oktober 1947 bis 23. Dezember 1949), Tübingen (6. Dezember 1946 bis 5. Mai 1949), Ebingen (2. Mai 1948 bis 6. Dezember 1949), Koblenz (3. Mai 1946 bis 31. Dezember 1949) und Saarbrücken (30. März 1948 bis 23. August 1959).

Die Daten basieren auf Belegen von Sammlern und geben nicht abschließend die echten Öffnungszeiten der Versandstellen wieder.

In der Britischen Zone gab es eine Sammlermarkenstelle in Braunschweig (August 1947 bis Juli 1948) beim Postamt 1.

Warum wurde eine Versandstelle in Braunschweig eingerichtet?

Basis dafür war die Gebietswertzeichenstelle Braunschweig, die die bei der Staatsdruckerei Berlin gedruckten Briefmarken auf die Oberpostdirektion der Britischen Zone, später auch der amerikanischen Zone aufteilte. Der Versandorganisation für Postwertzeichen stand eine ähnlich aufgebaute Versandorganisation für postalische Formblätter zur Seite.

Die OPD Braunschweig gründete 1947 eine Versandstelle für Sammlermarken, um die hohe Nachfrage nach Sondermarken und höhere Wertstufen zu bedienen. Die Versandstelle war organisatorisch der Gebietswertzeichenstelle angegliedert. Diese konnte eine Anzahl von Postbediensteten beschäftigen, die durch die Beendigung der Wertzeichenherstellung bei der Druckerei Westermann ohne Beschäftigung waren. Die Versandstelle bestand mit beachtlichen Umsätzen über die Währungsreform (20. Juni 1948) hinaus.

Beim Versand der Briefmarken kam beim Versand als Einschreiben, statt eines Einschreibzettels, ein R-Stempel zum Einsatz.

R-Brief (20b) Braunschweig Sammlermarkenstelle, R-Stempel mit handschriftlichem Numerator, Poststempel vom 19. August 1947, Nachnahme, Postsache, Brief nach Köln-Bickendorf

R- Stempel vom obigen Beleg, Höhe 18 mm, Breite 62 mm, Stempel mit Postleitgebietszahl 20.

Rückseite des Beleges, Absenderstempel: Sammlermarkenstelle Braunschweig

Ein weiterer Beleg der Sammlermarkenstempel zeigt einen R-Stempel in einem größeren Format und ohne PLGZ:

R-Brief Braunschweig Sammlermarkenstelle, R-Stempel mit handschriftlichem Numerator, Poststempel vom 23. August 1947, Nachnahme, Postsache, Brief innerorts

R-Stempel vom obigen Beleg, Höhe 24 mm, Breite 62 mm, Stempel ohne Postleitgebietszahl

Beilage in diesem Briefumschlag von der Sammlermarkenstelle Braunschweig an den Empfänger:

„Betr. Ihren Dauerauftrag, Wir übersenden Ihnen die gewünschten Marken. Ihrem Antrag auf Eintragung als Dauerbezieher können wir jedoch nicht mehr entsprechen, da wir unseren Betrieb im Hinblick auf die Eröffnung der Versandstelle für Sammlermarken bei der Oberpostdirektion Frankfurt (Main) auflösen müssen. Wir bitten Sie, sich wegen des Dauerbezugs an die Versandstelle in Frankfurt (Main) zu wenden. Einzelaufträge, insbesondere auch über Ziffernmarken, können wir bis auf weiteres noch ausführen.“ (23.8.1947)

Der R-Stempel „Braunschweig Sammlermarkenstelle“ kann aktuell in dem Zeitraum vom 19. Mai 1947 bis 3. März 1948 mit Belegkopien nachgewiesen werden. Dieser Stempel ist als Selbstbucher einzuordnen.

Die Einsatzzeiten des schmalen und breiten Stempels überschneiden sich.

Belegt sind Briefe der Sammlermarkenstelle vom Mai und Juni 1948 mit einem R-Zettel der Einheitsausgabe Braunschweig 1 und Unterscheidungsbuchstaben „af“.

Weitere Versandstellen gab es in Halle für die Provinz Sachsen, Leipzig für West-Sachsen und Schwerin für Mecklenburg-Vorpommern.

Im Jahre 2022 gibt es in Deutschland nur noch eine Versandstelle, die Niederlassung Postphilatelie in Weiden in der Oberpfalz/Bayern (Eröffnet 1980).

Lesetipp:

Weitere R-Stempel aus der Bizone finden Sie hier.

Quellen:

  • AM-Post Sammler, Heft 69, Bundesarbeitsgemeinschaft AM-Post, Rolf Ritter
  • 100 Jahre Oberpostdirektion Braunschweig, 1898 bis 1998
  • Deutsche Briefmarken Zeitung DBZ, Heft 2, 2022, Dr. Paetzold

Friedrich-August-Hütte, Nordenham

Ein Beleg aus dem Jahr 1941 gibt Gelegenheit sich mit Friedrich-August-Hütte zu beschäftigen. Friedrich-August-Hütte ist ein Stadtteil von Nordenham im Landkreis Wesermarsch.

Einschreibbrief mit Poststempel Friedrich-August-Hütte (OLDB) vom 23. November 1941, Auslands R-Brief nach Liege, Belgien. Beleg mit OKW-Zensur und Lager Zensur Stempel „geprüft“. (OKW= Oberkommando der Wehrmacht)

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist FAH-2_002797.jpg

R-Zettel vom obigen Beleg mit Kürzel (Oldb)

Die Abkürzung „Oldb“ steht für den Freistaat Oldenburg und nicht für die Stadt Oldenburg.

Der Stadtteil ist benannt nach Großherzog Friedrich August von Oldenburg und einer gleichnamigen Zink- und Bleihütte.

Ein Kartenausschnitt von 1910 beschreibt die Lage von Friedrich-August-Hütte direkt an der Weser. Rechter Nachbar der Hütte ist die Superphosphatfabrik. Rechts daneben die Frerische Werft

(Zum besseren Leseverständnis: die aufgeführten Orte Atens, Blexen, Einswarden und Friedrich-August-Hütte gehören heute zu den 35 Ortsteilen von Nordenham.)

Am 1. Mai 1908 wurde Nordenham im Großherzogtum Oldenburg zur Stadt II. Klasse erhoben.

Im Juli 1908 nahm der erste Zinkofen den Betrieb auf, am 8. September 1908 gestattete es der Großherzog, den Betrieb nach ihm Friedrich-August-Hütte zu nennen. Am 12. März 1912 genehmigte die großherzogliche Regierung den Bau einer Bleihütte, am 20. Dezember 1914 wurde auch die Verarbeitung von Bleierzen genehmigt.

Die Zink- und Bleihütte wechselte mehrmals den Besitzer.

1933 wurde der Ort zusammen mit der Gemeinde Blexen in die Stadt Nordenham eingemeindet. Nordenham liegt an der Weser, schräg gegenüber von Bremerhaven, fast an der Mündung der Weser.

Während des zweiten Weltkrieges waren ca. tausend Menschen in Nordenham als Zwangsarbeiter eingesetzt.

In Nordenham sind sechs Zwangsarbeiterlager bekannt: Die Weserflug (Flugzeughersteller) unterhielt Lager in Blexen (an der Papenkuhle) in Friedrich-August-Hütte und an der Adolf-Vinnen-Straße. Die Lager Midgard, Adena und Seekabelwerk standen ebenfalls in Nordenham. Weitere Standorte sind das Lager Haverkiel in Blexersande, in Friedrich-August-Hütte die Sammelunterkunft „Ledigenwohnheim“ und die Gemeinschaftsunterkünfte „Volkers II“, außerdem die „Strandhalle“ in Großensiel.

Beispielhafte Abbildung eines Barackenlagers in Nordenham, das Lager Haverkiel, ca. 1941. Auf dem Schild steht „Blindgänger Lebensgefahr“

Im Lager Haverkiel waren Zwangsarbeiter aus Belgien, Frankreich, Niederlande und Polen untergebracht. Diese Zwangsarbeiter arbeiteten bei der „Weserflug“. Nach Kriegsende waren erst kanadische, später amerikanische Besatzungssoldaten einquartiert. Abriss der Baracken etwa 1960.

Die Rückseite des obigen Beleges:

Rückseite vom obigen Beleg mit Absenderangabe im Lager: Pietra Joseph, …..Lager, Herdejürgen Harmsen, Friedrich August Hütte, i Old, Nord Deutschland

Leider kann ich den Namen des Lagers in der Absenderangabe nicht entziffern. Können Sie bitte helfen?

Weitere Informationen über Herrn Joseph Pietra liefert das Archiv des Internationalen Suchdienst in Bad Arolsen: Herr Pietra wurde am 24. Mai 1883 geboren und wird als belgischer Staatsangehöriger geführt. Aufenthalt im Wohnlager Herdejürgen & Harmsen von 16. September 1940 bis 16. Januar 1942.

(Anmerkung: in dem Archiv des Internationalen Suchdienst in Bad Arolsen wird auch ein Herr Josef Pietra (Josef nicht Joseph) als ein italienischer Staatsbürger aus Cremona mit gleichem Geburtsdatum geführt. Die Antwort des Archivs im Februar 2022 konnte den Sachverhalt nicht weiter aufklären.)

Von der Bauunternehmung Herdejürgen & Harmsen, Nordenham wurde mir freundlicherweise aus den firmeneigenen Unterlagen eine Personalkarte von Herrn Josf (vermutlich Tippfehler: Josef) Pietra zur Verfügung gestellt.

Er hat von 1940 bis 1942 als Zimmermann auf einer Baustelle in Wesermünde (heute Bremerhaven) gearbeitet. Vermutlich hat Herr Pietra im Wohnlager Haverkiel in Friedrich August Hütte gelebt.

Personalkarte von Herrn Josef Pietra, zur Verfügung gestellt von der Bauunternehmung Herdejürgen & Harmsen, Nordenham

Zum Thema Post:

Poststellen-II-Stempel von „Friedrich-August-Hütte (Nordenham)“ von 1910 und „Friedrich-August Hütte über Hude-Blexen“ von 1934 sind belegt.

R-Briefe aus Friedrich-August-Hütte aus den Jahren 1945 und 1947 mit dreizeiliger Ortsangabe sind bekannt:

Schwarz weiß Abbildung eines R-Zettels mit dreizeiligem Text Friedrich-August-Hütte (Oldb), 30. Oktober 1947, Aufbrauch der Reichausgabe

Die obige Abbildung ist mit freundlicher Genehmigung dem Rundbrief 45, April 2008 der Arbeitsgemeinschaft Oldenburg und Oldenburger Land entnommen.

In der Literatur und in Postverzeichnissen gibt es leider wenig Material über Friedrich-August-Hütte.

Dem Ortsverzeichnis I, Verzeichnis der Postanstalten, Eisenbahn- und Dampfschiffstationen im Deutschen Reich ist 1938 folgender Eintrag zu entnehmen:

Eintrag Friedrich-August-Hütte über Hude-Blexen. Das Dreieck vor der Ortsbezeichnung bezeichnet eine Poststelle

Im selbigen Verzeichnis 1940 wird Friedrich-August-Hütte als Poststelle 1 geführt. 1941 bis 1943 ist hier ein „ZdA“ gelistet, ein Zweigpostamt des Amtes Nordenham.

Um die Thematik Lager und Zwangsarbeiter besser einordnen zu können, ein Exkurs zur Industriegeschichte, soweit Friedrich-August-Hütte Erwähnung findet.

In den „Postgeschichtlichen Blättern Weser-Ems“ gibt der dortige Autor einen Einblick in die Situation, aus dem Blickwinkel des Jahres 1958:

„Die Weiterführung der Eisenbahnlinie Hude-Nordenham bis Blexen im Jahre 1904 zog weitere Industriegründungen nach sich. Die neuen Werke lagen zwar auf Blexer Gebiet, trugen aber infolge ihrer Nähe wesentlich zum Aufblühen Nordenhams bei. Gedacht ist dabei besonders an die 1905 errichte „Schiffswerft Frerichs AG“ in Einswarden und an die 1906 gegründete „Metallwerke Unterweser AG“ in Friedrich-August-Hütte, die überseeische Blei- und Zinkerze verhütten und das Rohmetall an die Industrie verkaufen. Zu erwähnen ist ferner die „Superphosphat AG“, die 1907 in Friedrich-August-Hütte ins Leben gerufen worden ist und die Herstellung und Bearbeitung von Düngemitteln und anderen Chemikalien betreibt mit Hilfe der in den benachbarten „Metallwerken“ anfallenden Schwefelsäure. Nicht zu Unrecht sprach man damals von Nordenham und seiner Umgebung als der „Zukunftsecke des Oldenburger Landes“.“

„In den Jahren nach 1933 wirkten sich Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Rüstungsaufträge der Reichsregierung bis in unser Gebiet aus. Die „Weser“-Flugzeugbau GmbH errichte Zweigbetriebe in Einswarden in den brachliegenden Hallen der stillgelegten Frerichswerft und in Friedrich-August-Hütte auf dem Gelände der früheren Oldenburger Werft, auf dem 1936 bis 1938 ein Segelfliegerhorst untergebracht war.“

„Dem wirtschaftlichen Aufschwung und der Vollbeschäftigung infolge der gewaltigen Rüstung in den Kriegsjahren, folgte der Zusammenbruch nach dem zweiten Weltkrieg. Zwar waren Nordenhams Industrie- und Hafenanlagen vom Krieg verschont geblieben und nur wenige Häuser zerstört worden, doch die Schlote rauchten nicht mehr, die deutsche Handelsflotte war versenkt oder abgeliefert, der Schiffsverkehr lag darnieder, die Demontage der Werke drohte. Die gesamte Wesermarsch wurde zum Notstandsgebiet erklärt, und erst lange nach der Währungsreform von 1948 erholte sich Nordenhams Wirtschaft allmählich. … In leerstehende Hallen der „Weser“-Flugzeugbau GmbH in Friedrich-August-Hütte stellt seit 1949 das Werk Nordenham der „Felten & Guillaume Carlswerk AG“ Köln-Mülheim Kabelarmaturen, Schaltgeräte und Elektrokarren her. … Neben den ausgedehnten Tanklagern der Firmen „ESSO“ in Nordenham und „Shell“ in Blexen entstand ein drittes in Friedrich-August-Hütte, dass der „Mobiloel AG“ gehört, bei dem die größten Tanker löschen können.“

Nordenham gehörte im Jahre 1945, wie Bremen, Brake und Bremerhaven, zum amerikanischen Besatzungsgebiet, das mitten in der britischen Zone lag. Ab 1946 stand Nordenham unter britischer Militärverwaltung.

Der Ausschnitt aus einer topografischen Karte zeigt die Lage von Friedrich August Hütte als einem nördlichen Stadtteil von Nordenham, an der Weser, schräg gegenüber von Bremerhaven

Das ehemalige Postamt (Poststelle I) in der Hüttenstr. 6, Aufnahme ca. 1978

Mit den allgemeinen Veränderungen bei der Post wurde aus dem Stadtteil Friedrich-August-Hütte 2890 Nordenham 16:

Zwei verschiedene R-Zettel (Schriftart) vom Postamt 2890 Nordenham 16

…und ab 1. Juli 1993 26954 Nordenham 16:

R-Zettel mit fünfstelliger Postleitzahl 26954 Nordenham 16

Das Postangebot in Friedrich-August-Hütte wird aktuell über „Partnerfilialen“ organisiert: seit dem 1. April 2017 in der Firma Fitness Bodywork, Martin-Pauls-Str. 160. Davor im Kiosk FAH, Hoher Weg 21.

Der Name des Stadtteils (Hütte) findet sich auch heute an dem Standort in einer Firmenbezeichnung wieder:

Hinweisschild zur Nordenhamer Zinkhütte GmbH

Das Haupttor zum Firmengelände

Die Nordenhamer Zinkhütte GmbH, Glencore Company

Nachsatz:

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Postgeschichte und nicht mit der Frage der Zwangsarbeiter während des 2. Weltkrieges. Zu diesem Thema gibt es wissenschaftliche Literatur, auf die ich Sie verweise.

Quellen:

  • Ortsverzeichnis I, Verzeichnis der Postanstalten, Eisenbahn- und Dampfschiffstationen im Deutschen Reich, Ausgabe 1936 bis Ausgabe 1943
  • Postgeschichtliche Blätter Weser-Ems, 1958, Die Post in Nordenham, Heinz Schatte
  • Topografischer Atlas, Niedersachsen und Bremen, 1977, Karl Wachholtz Verlag, Neumünster
  • Helmut Reins, Nordenham, Foto vom Postamt, 1978
  • Ortsverzeichnis Post (OV Post), Deutsche Bundespost, verschiedene Jahrgänge, u.a. 1980, 1991
  • Chronik, 50 Jahre Siedlergemeinschaft Friedrich-August-Hütte, 1941-1991
  • Kreiszeitung Wesermarsch, 27. Mai 2000, „Zwangsarbeit in der Wesermarsch“
  • Nord-West Zeitung, 18. Juni 2005, Henning Bielefeld, „Ein Dorf schlüsselfertig gebaut“, NWZ-online
  • Rundbrief 45, April 2008 der Arbeitsgemeinschaft Oldenburg und Oldenburger Land e.V.
  • Nord-West Zeitung, 23. April 2008, Henning Bielefeld
  • Holger Frerichs, Varel
  • Dieter Folgmann, Herdejürgen & Harmsen Baugesellschaft mbH & Co KG, Nordenham
  • Archiv Internationaler Suchdienst Bad Arolsen, https://collections.arolsen-archives.org/de/search
  • Fotos vom Autor, September 2018 und Januar 2022

Die Leistungsschau in Osnabrück

Eine Messe 1950 in Osnabrück.

Die Osnabrücker Leistungsschau „Zwischen Emsland und Westfalen“ fand vom 27. Mai bis 11. Juni 1950 auf dem „Schwarzen Platz“ statt. Bereits 1948 hatte es eine entsprechende Veranstaltung auf dem Domplatz gegeben.

Fünf Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs und ein Jahr nach Gründung der Bundesrepublik unternahmen Aussteller und Besucher 16 Tage lang erneut den Versuch den Aufbau und die Normalität in Angebot und Nachfrage abzubilden.

Im Amtsblatt wird das Sonderpostamt zur Messe angekündigt:

Amtsblatt des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen, Ausgabe 8/1950 vom 3. Mai 1950

Ankündigung des Sonderpostamtes als Zweigpostamt des Postamtes Osnabrück 1

R-Brief 23 Osnabrück Leistungsschau nach 23 Bremen, Sonderstempel vom 4.Juni 1950. Sonder-R-Zettel mit Stempel 23 Osnabrück Leistungsschau auf Blanko Vorlage.

R-Zettel vom obigen Beleg

Waren die beteiligten Partner erfolgreich?

Die Ausstellung fand in sieben Zelten und auf dem Außengelände statt.

Mit Autos und Pferdewagen wurden die Ausstellungsgegenstände herangebracht. Neben den alteingesessenen Betrieben der Region waren auch ostvertriebene Unternehmer präsent.

Erwachsene zahlten 75 Pfennige für den Eintritt.

Wie hoch die Erwartungen an die Leistungsschau gewesen sind, zeigt sich beispielhaft an einem Grußwort des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB):

Als Vertreter der Gewerkschaften begrüße ich jede Anstrengung durch Auftrieb der Wirtschaft Arbeitsplätze wieder zu besetzen oder neue Arbeitsplätze zu erschließen. Im Übrigen erwartet die breite Masse von der Leistungsschau auch, daß sie die Preise günstig beeinflußt und so die vorhandenen Spanne in der Lohn- und Preisbildung mildert.“

Aussteller waren u.a. Handwerksbetriebe, Einzelhändler, Industrievertreter und KFZ-Anbieter.

Bei der Sonderausstellung auf dem Domhof präsentierten sich verschiedene Kraftfahrzeugmarken, wie die auch heute noch bekannten Marken Opel (Opel Blitz Schnelllastwagen), Ford (Taunus), Mercedes und Volkswagen. Außerdem waren Büssing (Spezial- und Kommunalfahrzeuge), Hanomag (Diesel-Schnelllastwagen), Tempo (Hanseat-Kombi-Wagen und Matador Omnibus für 11 Personen), Kraus-Maffei (Omnibus) und Kleinschnittger (Kleinstwagen) vertreten.

Die Ausstellung wurde vom Osnabrücker Oberbürgermeister Heinrich Herlitzius eröffnet.

Der Sonderstempel am 31. Mai 1950 von dieser Veranstaltung: (23) Osnabrück, Leistungsschau 1950, Abbildung Rathaus Osnabrück, 27. Mai bis 11. Juni 1950

Eine Reklamemarke zur Leistungsschau in Osnabrück, Wir stellen aus! Abbildung Rathaus, Daten wie oben

Der „Schwarzen Platz“ lag an der Natruper Straße. Die Benutzung dieses Platzes spiegelt auch ein wenig die Geschichte der Stadt wieder. Zu Kaisers Zeiten wurde dieser als Exerzierplatz gebraucht. Nach der Nutzung durch Messen oder Vermietung an Firmen, fanden hier z.B. von 1955 bis 1961 Jahrmärkte statt. 1961 entschied der Rat der Stadt hier das zweite Osnabrücker Hallenbad bauen zu lassen. Im Februar 2005 wurde dieses Niedersachsenbad geschlossen und im Folgejahr abgerissen. Nach der Nutzung als Parkfläche steht heute hier ein „Combi Verbrauchermarkt“ der Fa. Bünting in der Natruper Str. 24.

Quellen:

  • Amtsblatt des Bundesministeriums für Post- und Fernmeldewesen, Ausgabe 8/ 1950 vom 3.5.1950
  • Neuen Tagespost (NT), 27. Mai und 30. Mai 1950, Redaktionsarchiv der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ)
  • Neue Osnabrücker Zeitung, 22. Mai 2016, Joachim Dierks, „Einkaufen statt Schwimmen“, Redaktionsarchiv der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ)

Offene Punkte und Fragen:

  • Gibt es zur Leistungsschau 1950 in Osnabrück in den Archiven und Bibliotheken einen Ausstellungskatalog? Ich würde mich über einen Hinweis sehr freuen!
  • Gibt es Fotos vom Stand der Deutschen Bundespost auf der Messe in Osnabrück?


Die „Braune Messe“ in Oldenburg (Oldb.)

Sonderstempel und Sonderpostämter in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 sind unter dem Einfluss der Nationalsozialisten zu sehen.

Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel Abbildungen und Propaganda aus dem Dritten Reich enthält.

Und bitte beachten Sie §86 und §86a Strafgesetzbuch. Sie versichern die Abbildungen aus der Zeit des III. Reiches nur zu Zwecken der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken zu lesen oder weiter zu verarbeiten.

Was war eine Braune Messe?

Der Nationalsozialistische Kampfbund für den gewerblichen Mittelstand, der im August 1933 in die Nationalsozialistische Handwerks-, Handels- und Gewerbeorganisation (NS-HAGO) überführt wurde, hatte das offizielle Ziel den Mittelstand zu stärken.

Zu diesem Zweck organisierte die Organisation Boykottaktionen gegen jüdische Warenhäuser und Großunternehmen.

Die Braunen Messen waren propagandistisch vorbereitete Leistungsschauen der regionalen nichtjüdischen Wirtschaft auf Gau-Ebene. Sie dienten nicht nur dem Aufschwung des wirtschaftlichen Handels, sondern auch dem organisierten Kampf gegen jüdische Geschäfte und Händler, die von einer Teilnahme ausgeschlossen waren und die im Rahmen dieser vielerorts stattfindenden Braunen Messen diffamiert wurden, indem behauptet wurde, dass Juden ihre Kunden betrügen würden und wer bei einem Juden kaufe, dem deutschen Händler und damit Deutschland schade.

Wundern Sie sich, warum die Stadt die amtliche Bezeichnung „Oldenburg (Oldb)“ als Abkürzung für „Oldenburg in Oldenburg“ führt? Als ehemalige Hauptstadt des Landes Oldenburg soll so eine Unterscheidung zu Oldenburg in Schleswig-Holstein erfolgen.

In Oldenburg (Oldb) wurde die Braune Messe vom 15. bis 23. September 1934 veranstaltet:

R-Brief vom 20. September 1934, R-Zettel Oldenburg (Oldb.) 2 mit Stempel Oldenburg (Oldb) Braune Messe. Poststempel mit Zusatz Braune Messe, Brief nach Görlitz mit Luftpost Par Avion

R-Zettel vom obigen Beleg

Das Postamt Braune Messe, Deutsche Woche, Oldenburg 15.-23. September 1934 (Quelle: Stadtmuseum Oldenburg, Foto von Heinz Besser)

Das Amtsblatt des Reichpostministeriums gibt bekannt:

Im Amtsblatt des Reichspostministeriums, den Bekanntmachungen der Deutsches Reichspost, Ausgabe 77 vom 31. August 1934 wird u.a. die Einrichtung einer Sonderpostanstalt in Oldenburg bekanntgegeben.

Bekanntmachung Nr. 1386/1934. Einrichtung einer Sonderpostanstalt in Oldenburg (Oldb). Aus Anlaß der Braunen Messe 1934 in Oldenburg (Oldb) wird auf dem Messegelände daselbst für die Zeit vom 15. bis 23. September eine PAnst als ZwPA (Zweigpostamt) eingerichtet, die einen Aufgabestempel mit der Inschrift „Oldenburg (Oldb) Braune Messe“ verwendet. Sie befaßt sich mit dem Verkauf von Postwertzeichen, der Annahme von Briefsendungen aller Art, Zahlkarten, Postanweisungen und Telegrammen, der Vermittlung von Gesprächen, der Ausgabe von postlagernden Briefsendungen und Telegrammen, die an die PAnst (Postanstalt) gerichtet sind, und der Auszahlung von Postreiseschecken und postlagernden Postanweisungen.

Welche Aussteller waren auf der Braunen Messe in Oldenburg auf dem Pferdemarkt vertreten?

  • Der Einzelhandel in den Hallen 1, 2 und 3 (Textilwaren, Reichsluftschutzbund, Automobile, Motorräder, Fahrräder, Lebensmittel- und Kolonialwarengeschäfte, Öfen, Bilder, Bücher, Puddings, Haushaltsgegenstände, Nähmaschinen, Büromöbel, Schreibmaschinen, Kaffee, Zigarren, lebende und tote Fische, Edelmost, Alkohol, Teppiche, Gardinen und Juwelierwaren – Anmerkung des Autors: Aufzählung in dieser ReihenfolgeDie Hallen waren Zelte) Zeichnungen von der Höheren Technischen Lehranstalt
  • Der Großhandel in einem besonderen Zelt
  • Deutsche Reichsbahn mit elektrischer Modellbahn, Model des modernen Verschiebebahnhofes in Osterburg (Stadtteil von Oldenburg), Fahrkartendrucker, Fahrzeug zur Beförderung eines vollen Güterwagens

Das fahrbare Anschlußgleis, das auf der anderen Seite des Pferdemarktes steht. Es ist ein technisches Wunder. Am Nachmittag wurde dieses Fahrzeug mit Musik durch Straßen Oldenburgs gefahren und man war erstaunt, wie wendig es sich durch die engen Straßen schlängelte, wie sicher und ruhig es fuhr, ohne jede Erschütterung.“ Zitat und Foto aus dem Jeversches Wochenblatt vom 18. September 1934:

  • Deutsche Reichspost mit Messe-Postamt und einem Stand in Zelt 5, als kleines Postamt im Hause. Mit Frankotyp Maschine, Briefwaagen und dem Telegraphie- und Fernsprechwesen
  • Zelt 6 die N.S. Frauenschaft, N.S. Volkswohlfahrt
  • weiteres Zelt u.a. mit Reichsnährstand, der Bauer als Lebensquell des Volkes, Haushaltsschule Schloß Neuenburg, Landwirtschaftliche Haushaltungsschule Marienhain, Schau der Oldenburger Imkerschule
  • Zelt des Oldenburger Handwerks, u.a. mit einem Stand des Arbeitsamts
  • und viel Propaganda…. für wohl über 50.000 Besucher

Nicht nur in Oldenburg, sondern auch in anderen Städten im Deutschen Reich wurden Messen mit dem Namen „Braune Messe“ veranstaltet.

Einige dieser Veranstaltungen sind durch eine Sonderpostanstalt, einen Sonderstempel, einige nur durch Plakate, Abzeichen oder Vignetten dokumentiert:

  • Aalen (Württemberg), 10. bis 19. August 1934 NS-Verbraucherausstellung Braune Messe – Deutsche Woche
  • Alfeld, 17. bis 25. Juni 1934, Braune Messe – Deutsche Woche, Alfelder Festwoche verbunden mit Bezirkstierschau, Reit- und Fahrturnier
  • Bad Freienwalde, 3. bis 6. Dezember 1933, Braune Messe, organisiert von der Ortsgruppe der NS-HAGO
  • Bamberg, 28. Juli bis 12. August 1934, Oberfränkische Braune Messe und 3. bis 19. August 1935
  • Bremen, 9. bis 24. Juni 1934, Braune Hansa Messe
  • Breslau, 14. bis 22. Oktober 1933, Große Braune Landes-Messe Schlesien und 15. bis 23. September 1934 und 5. bis 13. Oktober 1935, Braune Herbstmesse – Deutsche Woche (Breslau heute Wrocław, Polen)
  • Beuthen OS, Oberschlesien, 9. bis 17. Mai 1936, Veranstalter Institut für deutsche Wirtschaftspropaganda, Berlin (Beuthen, heute Bytom, Polen)
  • Danzig, 1934, Braune Messe, 2. BMD, „Ich gab Arbeit“, Industrie, Handwerk, Handel, Gewerbe (Danzig, heute Gdańsk, Polen)
  • Dresden, 1933, Braune Messe, im Zeichen der Verbundenheit von Stadt und Land, Ausstellungspalast, unter zahlreicher Beteiligung von Vertretern der staatlichen und städtischen Behörden sowie der NSDAP
  • Duisburg-Hamborn, 15. bis 23. Oktober 1933, Besucht die 1. Braune Messe am Niederrhein
  • Essen, 15. September bis 7. Oktober 1934, Braune Messe Essen, Deutsche Arbeit im Deutschen Westen
  • Frankfurt, 1933 und 1934, Braune Messe, organisiert von NS-Hago mit entsprechendem Propagandaaufwand, Handwerk und andere mittelständische Branchen
  • Freiburg, 23. Juni bis 4. Juli 1934, 1. Oberbadische Braune Messe
  • Forst (Lausitz), 29. April bis 6. Mai 1934, Braune Landes- und Industrie-Messe – Deutsche Woche, Schützenplatz
  • Geislingen Stg., 1934 Braune Messe – Deutsche Woche (Stg. = Stuttgart)
  • Gera 16. bis 25. September 1934, Ostthüringer Braune Messe
  • Halle (Saale), 18. Mai bis 4. Juni 1935, Mitteldeutsche Braune Messe
  • Hamburg, 8. bis 25. September 1933, (300.000 Besucher) Braune Messe der NS-HAGO auf der Cap Polonio als Messeschiff, Kreuzfahrtschiff – wegen Weltwirtschaftskrise von 1931 bis 1933 nicht in Betrieb

Luxus-Passagierschiff Cap Polonio, 1914-1935

  • Hannover, 23. November bis 3. Dezember 1933, Braune Messe, Stadthalle, mit Ehrenhof des Deutschen Handwerks, Wertvolle Trachtenschau, SA-Konzerte
  • Hof, 19. bis 27. September 1936, Oberfränkische Braune Messe
  • Karlsruhe, 15. September bis 1. Oktober 1934, 2. N.S. Grenzland Werbemesse, Braune Messe – Deutsche Woche
  • Kiel, 27. September bis 8. Oktober 1934, Braune Messe – Deutsche Woche Kiel
  • Köln, 1. bis 10. Juli 1934, Ausstellung Braune Messe – Deutsche Woche, (Sonderpostamt 29. Juni bis 11. Juli 1934), Schwimmende Braune Messe am Rhein (vermutlich Köln)
  • Kolberg, 16. bis 27. Mai 1934?, Besucht die Braune Messe an der Ostsee (Kolberg, heute Kołobrzeg, Polen)
  • Köthen Anh., 8. bis 15. April 1934, Braune Messe
  • Landau Pfalz, 19. bis 28. Oktober 1935, 2. Südpfälzische Braune Herbst-Messe, wann fand die 1. Messe statt?
  • Leer Ostfriesland, 24. August bis 1. September 1935, Braune Messe
  • Leipzig, Herbst 1933, Braune Großmesse
  • Limburg an der Lahn, 11. bis 19. Mai 1935, Braune Messe
  • Lörrach, 10. bis 18. Ausgust 1935, 2. Braune Grenzland Messe, wann fand die 1. Messe statt?
  • Luckenwalde, 11. bis 15. Oktober 1934 oder 1935?, Besucht die Braune Werbe-Messe für Luckenwalde
  • Magdeburg, 1. bis 31. Mai 1934, Besucht die Braune Messe Deutsche Woche Revolutionsschau
  • Mannheim, Ausstellung Braune Messe, 8. April bis 13. Mai 1934
  • Meppen, 3. bis 10. Juni 1934, Braune Messe, Emslandmesse
  • Minden, 1934, Braune Messe
  • Neubrandenburg, 1933, Braune Messe – Große mecklenburgische Landesmesse

Sonderstempel Oldenburg (Oldb) Braune Messe vom 21. September 1934

  • Oldenburg, 15. bis 23. September 1934, Ausstellung Braune Messe
  • Osnabrück, 1933 Gebietsaufmarsch Braune Messe (94.000 Besucher) und 21. September bis 3. Oktober 1935 Braune Messe
  • Siegen, 1933, Jahrhundertfeier, Braune Messe, Deutsche Woche, 5. Ausstellung des Kultur- und Gewerbevereins des Kreises Siegen 1833 -1933 und 2. Braune Messe des Siegerlandes, 26. September bis 6. Oktober 1935 in Siegen-Eintracht
  • Stettin, 29. September bis 8. Oktober 1933, Besucht und beschickt die große Braune Messe (Stettin, heute Szczecin, Polen)
  • Straubing, Jahr bisher unbekannt, Volksfest Straubing, Fest der Ostmark, Verbraucherausstellung (das Volksfest wurde zu Propagandazwecken missbraucht, wie wohl alle andere Messeplätze auch)
  • Stuttgart, 1934, II. Braune Messe – Deutsche Woche
  • Torgau, 23. bis 30. Juni 1935, Veranstalter Institut für deutsche Wirtschaftspropaganda, Berlin
  • Waldenburg, 30. März bis 7. April 1934, Braune Messe, „Ich gab Arbeit“ (Waldenburg, heute Wałbrzych, Polen)
  • Weimar, 30. März bis 7. April 1935, Veranstalter Institut für deutsche Wirtschaftspropaganda, Berlin
  • Wilhelmshaven-Rüstringen, 7. is 15. April 1934, Braune Messe – Deutsche Messe
  • Worms am Rhein, 4. bis 12. November 1933, Braune Messe
  • Würzburg, 9. bis 21. Mai 1934, Fränkische Braune Messe

Vermutlich ist diese Aufstellung nicht vollständig. Philatelistische Nachträge sind erwünscht.

Quellen:

  • Deutsche Digitale Bibliothek, https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de
  • Landesbibliothek Oldenburg – Jeversches Wochenblatt, 22. 2., 13.7., 11.9., 12.9., 18.9. alle 1934
  • Landesbibliothek Oldenburg, Sammlung Regionalliteratur
  • Die Sonderpostämter der Deutschen Reichspost 1933 – 1945, nach den Amtsblättern des Reichspostministeriums, Band 1. 1933 – 39, Sonderheft Arbeitsgemeinschaft R- und V-Zettel e.V., Wolfgang Reck und Dr. Friedrich W. Schembra, 1995
  • ein besonderer Dank geht an Herrn Tillenburg vom Stadtmuseum Oldenburg,
  • Fotos vom Autor September 2024,
  • Foto: Stadtmuseum Oldenburg, Heinz Besser

Informativ:

  • Zeitungen 1934 in Oldenburg: Oldenburger Nachrichten und Oldenburgische Staatszeitung, Gau Weser-Ems
  • Fotos vom Pferdemarkt in der Neuzeit:

Gezeichnete Darstellung von der Lage des Pferdemarkts 2024 in Oldenburg, zwischen Landesbibliothek, Rathaus und Standesamt (Oldenburg-Info im Lappan)

 

Der Pferdemarkt 90 Jahre später, im September 2024, Parkplatz und auch Wochenmarkt, rechts Rathaus, gegenüber Standesamt

Offene Fragen:

  • Gibt es einen archivierten Ausstellungführer, Ausstellungskatalog, Ausstellungsflugblatt etc. von der Messe in Oldenburg 1934?

Die Trillke-Werke in Hildesheim

Ein einzelner loser R-Zettel, kein Beleg dazu. Das Entziffern gelingt:

TRILLKE Hildesheim

R-Zettel Trillke Hildesheim, Ortsbezeichnung in Großbuchstaben

Auf zur Spurensuche.

Durch dieses Postformular des Einschreibezettels kann der Zeitraum der Verwendung geklärt werden. Die Produktion dieser Zettel begann nach Kriegsende 1945 und diese Variante wurde bis 1947 produziert.

Für die Trillke-Werke ist im Ortschaftsverzeichnis der Oberpostdirektionen (OPD) Hannover und Braunschweig, Stand Januar 1948, mit Berichtigungen zum Stand 9.10.1948 eine Posthilfsstelle „Trillkewerke Post Hildesheim“ verzeichnet.

Auszug aus Ortschaftsverzeichnis

Aufgeführte Orte ohne die entsprechende Symbolik für Poststelle I und Poststelle II waren Posthilfsstellen. Da es keine Statusänderung (Umwandlung in eine Poststelle I) gab, ist davon auszugehen, dass bei den Trillke-Werken durchgehend nur eine Posthilfsstelle bestand. Vermutlich handelt es sich hier um einen Selbstbucher R-Zettel der Werke.

(Nachrichtlich: Im Ortschaftsverzeichnis 1943 gibt es keinen Hinweis auf Trillke.)

Was verbirgt sich hinter Trillke?

Ein Blick in die damalige Situation: Mitte der 30er Jahre war die Robert Bosch GmbH, Stuttgart wirtschaftlich auf Erfolgskurs. Die Firma war Weltmarktführer für Anlasser, Lichtmaschinen, Einspritzpumpen und Magnetzünder und exportierte ca. 90 % seiner Waren ins Ausland.

1935 besaß Bosch Vertretungen in 51 Ländern und Fertigungen in Frankreich, USA, Großbritannien und Italien.

Auf Druck der nationalsozialistischen Machthaber gründete die Firma Bosch zwei Ausweichwerke: eines 1934 in Kleinmachnow, die „Dreilinden Maschinenbau GmbH“ für die Luftwaffe, das Ausweichwerk I (AW I).

Und ein weiteres Werk im Hildesheimer Stadtteil Neuhof, im Hildesheimer Wald 1937 (AW II) für das Oberkommando des Heeres. Die Produktionshallen beider Kriegsmusterbetriebe wurden in Wälder gebaut, um die kriegswichtigen Betriebe vor etwaigen Fliegerangriffen zu schützen.

An diesen Standorten wurde mit dem know-how von Bosch nur noch für das Militär u.a. für Kraftfahrzeuge und Panzer produziert.

Am 18. Dezember 1937 wurde die „Elektro- und Feinmechanische Industrie GmbH – ELFI“ in Hildesheim-Neuhof, Waldstr. 200 als heereseigener Industriebetrieb gegründet. Die Bezeichnung „ELFI“ konnte als Wortmarke nicht eingetragen werden, da bereits einige ähnliche Wortmarken in diesem Fertigungsgebiet vorhanden waren.

Am 23. Dezember 1942 wurde die Fima in „Trillke-Werke-GmbH“ umbenannt.

Briefkopf der Trillke-Werke

1952 wurde die Trillke Werke in eine Niederlassung der Robert Bosch GmbH Stuttgart, Werk Hildesheim, umgewandelt.

Der Begriff Trillke ist abgeleitet vom Flüsschen Trillkebach.

Trillkebach

Nach Trillke-Werke, Trillkebach verdient auch das Trillke-Gut eine kurze Erwähnung.

Das beeindruckende Gebäude vom Trillke Gut im Jahre 2021

Die Gründung des Trillke-Gutes geht zurück auf das Jahr 1155. Das Gut lag bis 1888 außerhalb der Hildesheimer Stadtgrenzen. Die Nutzung von Gebäuden und Gelände war im Laufe der Geschichte in der Steinbergstraße sehr unterschiedlich. Von Landwirtschaft, einer wirtschaftlichen Frauenschule, während des zweiten Weltkrieges ein chirurgisches Reserve-Lazarett, anschließend ein Flüchtlings- und Versorgungskrankenhaus, eine Tuberkulose Heilanstalt, die Nutzung durch das Studentenwerk bis zur Übernahme einer Bewohnerinnen-Genossenschaft reicht die Aufzählung der Nutzung.

Philatelistisch kann von einer Mitteilung vom 3. Juni 1925 des Postamtes im Hildesheimer Stadtteil Moritzberg berichtet werden. Dem Trillke-Gut wird ein öffentlicher Briefkasten zugestanden, „…wenn die Anlieger eine Vorkehrung zur Anbringung eines Briefkastens in Gestalt eines sicheren Pfahles oder Steinsockel schaffen“.

Das Trillke-Gut im Hildesheimer Stadtteil Moritzberg ist ca. 5 km vom Bosch-Werk im Hildesheimer Stadtteil Hildesheimer Wald entfernt.

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit Postgeschichte. Weitere Informationen zum Thema Bosch in Hildesheim, Zwangsarbeit im II. Weltkrieg, den nationalsozialistischen Machenschaften entnehmen Sie bitte den Hinweisen bei den nachfolgenden Quellenhinweisen.

Quellen:

  • Ortschaftsverzeichnis für die Bezirke der Reichspostdirektion (RPD) Hannover und Braunschweig, 1949, Seite 70
  • Hildesheimer Briefmarkensammler- Verein von 1913 e.V., Herr Dr. Ralf Prenzel
  • Herr Hans-Henning Mücke, Söhlde
  • Renaissance einer Kulturstadt, Hildesheim nach dem 2. Weltkrieg, Manfred Overesch, Georg Olms Verlag, 1998
  • Bosch in Hildesheim 1937-1945, Manfred Overesch, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2008
  • Trillke-Gut, Gesichter und Geschichte, Moritzberg Verlag, 2000
  • Robert Bosch GmbH, Historische Kommunikation, Bosch weltweit, Die Internationalisierung des Unternehmens, Dezember 2016
  • Berliner Geschichtswerkstatt e.V., Goltzstr. 49, 10781 Berlin, http://www.zwangsarbeit-bosch.de/firmengeschichte/elfitrillke-werke
  • Website von Hildesheimer Geschichte 815-1945, https://www.hildesheimer-geschichte.de/topografie/stadt-ortsteile/drispenstedt/hildesheimer-wald/
  • Fotos vom Autor Juni 2021

Siegfried Kaliwerk, Giesen

R-Zettel mit Zusätzen machen neugierig. Gab es ein Kaliwerk mit eigener Poststelle?

Siegfried ist heute Teil der Gemeinde Giesen im Landkreis Hildesheim.

Der Name Siegfried für den Gemeindeteil ist übernommen vom Namen der Kalischachtanlage Siegfried der Firma „Kali und Salz AG, Kassel“.

R-Brief von 3201 Siegfried Kaliwerk nach Hildesheim, Poststempel vom 14. Februar 1968

R-Zettel vom obigen Beleg

ehemalige Einfahrt zum Werksgelände, Schachtstraße

ehemaliges Verwaltungsgebäude, Schachtstraße

Ein Foto von 1990, der Briefkasten zeigt den Standort der Poststelle, Schachtstraße.

Die Post am Eingang zum Werksgelände in der Schachtstraße war in einem früheren Kiosk untergebracht. Das Gebäude ist abgerissen.

Heute gibt es in Siegfried keine Poststelle mehr.

Aus den Ortsverzeichnissen der Deutschen Bundespost sind die folgenden Einträge übernommen:

  • 1958: Poststelle 1, 20a Siegfried Giesen / über Hildesheim
  • 1968: 3201 Siegfried, Kaliwerk ü. Hildesheim

Von 1958 bis 1964 kam dieser R-Zettel, Amtskennzeichen (AKZ) 12 C, zum Einsatz: Siegfried-Giesen über Hildesheim

Die Kalischachtanlage „Siegfried“ war ab 1906 in Betrieb und hat 1987 ihren Betrieb eingestellt. 2013 wurde bekannt, dass „Kali und Salz AG, Kassel“ eine Wiederaufnahme der Kaliförderung in Giesen und Umgebung und umfangreiche Investitionen in die gesamte Bergwerksanlage plant.

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit Postgeschichte. Weitere Informationen zum Thema Kali, Siegfried und der Zukunft des Standortes entnehmen Sie bitte den informativen Links bei der Quellenangabe.

Die Kalihalde auf dem Stadtplan

Die Folgen der Kaliförderung sind von weitem zu erkennen:

Die Halde des Kalibergbaus wird auch „Kalimandscharo“ genannt.

Je nach Lichtverhältnissen wirkt die Halde optisch anders.

Ein Größenvergleich, rechts die Halde, links der Gemeindeteil Siegfried Giesen

Die der Schachtstraße abgewandte Seite

Die folgenden zwei Aufnahmen sind der Ortschronik von Ahrbergen von 2005 entnommen. Sie zeigen eindrucksvoll die Anlagen von Siegfried Kaliwerk:

Die Schachtanlage Siegfried Giesen mit dem damaligen Förderturm, Schornstein und der ehemaligen Poststelle vorn links im Bild.

Das Betriebsgelände von Kali + Salz mit dem Wohngebiet Siegfried Giesen und der Kalihalde

Quellen:

  • Ortsverzeichnis I, Teil A, Verzeichnis der Orte mit Postanstalt im Bereich der Deutschen Postverwaltungen, 1958, Herausgegeben vom Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen
  • Deutsche Bundespost, Ortsverzeichnis II, Ausgabe 1968
  • Ortsrat Ahrbergen, Chronik Ahrbergen 2005
  • Heimatverein Giesen e.V., Herr Jörg Stelzner, heimatverein-giesen@web.de
  • Die Kali- und Steinsalzschächte Deutschlands, Lars Baumgarten, https://www.lars-baumgarten.de/die-reviere-und-ihre-sch%C3%A4chte/4-s%C3%BCdhannover/4-17-siegfried-giesen/
  • Bürgerinitiative GiesenSchacht e.V.: https://www.bi-giesenschacht.de/index.php/was-hat-k-s-vor
  • K+S Aktiengesellschaft Kassel: https://www.kpluss.com/de-de/bergbaulexikon/
  • Fotos vom Autor Mai 2020, Juni 2021

Wie kam der Name „Hermann Göring“ auf einen Einschreibzettel?

Hermann Göring Stadt, eine kurze Phase in der Geschichte.

Die Vorgeschichte zur Gründung der Stadt Salzgitter:

Die Geschichte der heutigen jungen Stadt Salzgitter begann als Ansammlung von landwirtschaftlich geprägten Dörfern, die über verschiedene Landkreise verteilt waren.

Für die Kriegsvorbereitung zum II. Weltkrieg wurden Erze und Stahl gebraucht. Um Abhängigkeiten und mögliche Lieferstops von ausländischen Importen aus dem Wege zu gehen, wurde nach inländischen Erzvorkommen gesucht.

Im Raum Salzgitter gab es Erzvorkommen, das aber eisenarm und nicht wirklich wirtschaftlich verwertbar war.

Durch die Weigerung der privaten Montankonzerne aus dem Ruhrgebiet und dem oberschlesischen Industriegebiet im Raum Salzgitter unwirtschaftlich Erz abzubauen und zu verhütten, kam es zur Gründung der Reichswerke.

Am 7. November 1937 wurde der Standort für die geplanten Reichswerke im Salzgitter Gebiet festgelegt.

Gründung der Werke mit dem Namen Hermann-Göring-Werke, benannt nach dem vom Führer eingesetzten Generalfeldmarschall Göring.

In allen Planungen seit 1938 wurde die geplante Gesamtstadt stehts als Hermann-Göring-Stadt bezeichnet. Göring selbst hatte Ende 1941 seine Zustimmung erteilt.

Die posttalische Einrichtung eines Zweigpostamtes Hermann-Göring-Stadt wurde im Amtsblatt des Reichspostministeriums vom 10. Juni 1941 verkündet:

Titel vom Amtsblatt des Reichspostministeriums, 10. Juni 1941

Aus obigem Amtsblatt Nr. 306/1941, Leitung von Sendungen nach Hermann Göring Stadt, Sendungen mit der Bezeichnung Hermann Göring Stadt oder über Hermann Göring Stadt (Braunschw) sind auf die Bahnpost Braunschweig-Derneburg zu leiten.

Stempelabschlag Hermann-Göring-Stadt mit Kennbuchstabe „d“, ohne Uhrzeitangabe

Stempelabschlag Hermann-Göring-Stadt mit Kennbuchstabe „e“, ohne Uhrzeitangabe

Stempelabschlag Hermann-Göring-Stadt mit Kennbuchstabe „f“, ohne Uhrzeitangabe

Die neu geplante Stadt lag auf den Grenzen der Länder Braunschweig und Preußen. Um eine einheitliche Verwaltungsstruktur (Genehmigungsverfahren) zu schaffen wurde mit dem sogenannten „Salzgitter-Gesetz“ Gebietsbereinigungen zum 1. August 1941 verordnet.

Die Reichswerke und der Ministerpräsident des Freistaates Braunschweig, Dietrich Klagges, baten das Reichsinnenministerium um Zustimmung zu diesem Namen, auch weil die Deutsche Reichspost (!) diesen bereits seit einiger Zeit gebrauchte.

Der NSDAP-Kreisleiter des Aufbaugebietes, Heinz Deinert, schlug jedoch beim Gauleiter Lauterbacher den Namen „Stadt der Reichswerke Hermann Göring“ vor.

Am 11. März 1942 lehnte Hitler jedoch beide Namen für die Dauer des Krieges ab.

Verschiedene andere Benennungsformen wurden besprochen und verworfen: „Eisenstadt“ und „Salzgitter“.

Am 19. März 1942 schlug die Braunschweiger Regierung den Doppelnamen „Watenstedt-Salzgitter“ vor.

Nachdem die Reichspost und die Reichsbahn diesem Vorschlag zugestimmt hatten, reichte die Braunschweiger Regierung diese Bezeichnung als Stadtgründungsantrag am 20. März 1942 telefonisch an den Reichsstatthalter Braunschweig/Anhalt in Dessau, Rudolf Jordan, ein.

Am 31. März 1942 fällte Jordan die Entscheidung zum 1. April 1942 die Stadt Watenstedt-Salzgitter zu bilden.

Nach der schriftlichen Entscheidung und der Veröffentlichung am 18. April 1942 wurde Watenstedt-Salzgitter zum 27. April 1942 eine kreisfreie Stadt.

Nach der Gründung der Stadt Watenstedt-Salzgitter erfolgte knapp drei Monate später, am 25. Juni, vom Präsidenten der Reichspostdirektion Braunschweig die Anweisung, dass aufgrund der Stadtgründung die Bezeichnung für das Zweigpostamt Hermann-Göring-Stadt mit Wirkung vom 1. Juli 1942 fortfällt.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Goering-605_001525-1024x732.jpg

R-Brief Hermann-Göring-Stadt (Braunschw) nach Hannover, Stempel 25.4.1942

R-Zettel vom obigen Beleg

Poststempel vom obigen Beleg Hermann-Göring-Stadt (BSWG) 25.4.42 -18 Kennbuchstabe „c“

R-Brief Hermann-Göring-Stadt (Braunschw) nach Hannover, Stempel 9.5.1942, Blanko R-Zettel mit blauem Stempel

R-Zettel vom obigen Beleg

Poststempel vom obigen Beleg, Hermann-Göring-Stadt (BSWG) 09.5.42 -13 Buchstabe „c“

Weitere Poststempel Hermann-Göring-Stadt (BSWG) vom 11.2.42 – 13 und 25.4. 42 mit dem Kennbuchstaben „c“ liegen als Kopie vor.

Einzelner Blanko R-Zettel mit schwarzem Stempel

R-Briefe mit R-Zetteln und dem beschriebenen Zusatz sind belegt vom 5.12.41, 8.2.42, 25.4.42 und vom 9.5.42.

Weitere Poststempel Hermann-Göring-Stadt (BSWG) vom 04.10.41-13 und 10.10.41 mit dem Kennbuchstaben „a“ liegen als Kopie vor.

Ein Poststellen-II-Stempel von Burgdorf über Herrmann-Göring-Stadt (Braunschw) belegt 1942 die Aktivitäten der Deutsches Reichspost im vorauseilendem Gehorsam.

Poststellen-II-Stempel Westerlinde über Herrmann-Göring-Stadt (Braunschw), ca. 1941

Weitere Poststellen-II-Stempel sind bekannt, z.B. Osterlinde über Hermann-Göring-Stadt (Braunschw.), verwendet im Juni 1941.

Poststempel aus Lichtenberg über Hermann-Göring-Stadt (Bswg) vom 1.7.1942.

Die Zusätze (Braunschw. + BSWG) auf R-Zettel und Poststellen-II-Stempel beziehen sich nicht auf die Nähe zur Stadt Braunschweig, sondern auf das Land Braunschweig.

Für den Aufbau der Retortenstadt und dem Hüttenwerk kamen vielen Menschen neu in die Region. Die Arbeiter (Fremdarbeiter, Zwangsarbeiter, später auch Kriegsgefangene) wohnten in Baracken und Notunterkünften. In der Realität waren in Unterkünfte wohl eher Behausungen…

 

Am 26. März 1947 wurde diese Postkarte aus 20 Ringelheim (Harz) nach 22 Duisburg versendet. Die Absenderangabe lautet Erzbergbau Salzgitter GmbH der Reichswerke Hermann Göring

Natürlich wurde nach dem Krieg sparsam mit Papier umgegangen und vorliegende Formulare weiterverwendet, aber nicht in jedem Fall geschwärzt.  Göring war zu diesem Zeitpunkt bereits fünf Monate tot.

Die Rückseite der obigen Postkarte mit Reklamation zur Reichsbahn-Güterabfertigung. Beim Stempel Reichswerke der Name Göring entfernt. Und der Absender ist jetzt in 20 Salzgitter (Harz)

In den Ortsverzeichnissen der Jahre 1938 bis 1942 gibt es keinen Eintrag zu Hermann Göring Stadt, aber einen Eintrag zu Hermann-Göring-Koog über Garding (heute: Tümlauer-Koog, liegt im Westen der Halbinsel Eiderstedt in Schleswig-Holstein).

Und in Pirna, südöstlich von Dresden in Sachsen gelegen, gab es eine Mustersiedlung „Hermann Göring“. Dieses Vorzeigeprojekt des Pirnaer Wohnungsbaus zur Nazizeit wird in Artikeln auch als „Hermann Göring Stadt“ bezeichnet.

Der Stadtname „Watenstedt-Salzgitter“ wurde mit Wirkung 24. Januar 1951 in „Salzgitter“ geändert.

Ein Blick in das Archiv vermittelt die Einwohnerzahlen der heutigen 31 Stadtteile im Jahre 1905:

Bad 2.837
Barum 811
Beinum 406
Beddingen 612
Bleckenstedt 491
Bruchmachtersen 266
Calbrecht 159
Drütte 233
Engelnstedt 398
Engerode 136
Flachstöckheim 333
Gebhardshagen 1.064
Gitter 564
Groß Mahner 602
Hallendorf 295
Heerte 497
Hohenrode 118
Immendorf 491
Lebenstedt 590
Lesse 1.127
Lichtenberg 1.009
Lobmachtersen 668
Ohlendorf 539
Osterlinde 355
Reppner 325
Ringelheim 1.467
Salder 1.041
Sauingen 313
Theide 2.568
Üfingen 556
Watenstedt 371

Die Motivation für diesen Artikel bezog sich auf einen kleinen Ausschnitt der Postgeschichte. Aufgabe war ausdrücklich nicht die Auseinandersetzung mit Kriegsverbrechern, dem II. Weltkrieg oder den Nationalsozialisten. Weiterführende Informationen zu den erwähnten Namen finden sie in allen bekannten Nachschlageverzeichnissen.

Und bitte beachten Sie §86 und §86a Strafgesetzbuch. Sie versichern die Abbildungen aus der Zeit des III. Reiches nur zu Zwecken der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken zu lesen oder weiter zu verarbeiten.

Bitte respektieren Sie diese Aufforderung!

In Niedersachsen gibt es zwei Städte mit vergleichsweise jungen Gründungsdaten. Neben Salzgitter (1942) ist das die ca. 55 km entfernte, nördlich gelegene Stadt Wolfsburg (1945).

Quellen:

  • Salzgitter, Geschichte und Gegenwart einer deutschen Stadt 1942-1992, Wolfgang Benz, 1992
  • Salzgitter, die erstaunliche Geschichte einer jungen Stadt, Alfred Meschenmoser, 1995
  • https://www.salzgitter.de/kultur/stadtgeschichte/stadtarchiv.php
  • Ortsverzeichnis I, Verzeichnis der Pöstämter und -amtsstellen sowie der Bahnhöfe der Eisenbahnen, der Schiffsanlegeplätze und Flughäfen im Deutschen Reich 1938, 1939, 1940 und 1942
  • Salzgitter ´98, Briefmarkenausstellung April 1998, Katalog, Hans Günter Pabst, Alte Ansichtskarten aus Salzgitter
  • Salzgitter Jahrbuch 1997-1998, Die Geschichte der Post in Salzgitter, Reinhard Försterling
  • Salzgitter Jahrbuch 2018, Planung und Bau der Infrastruktur in der neuen Stadt, Klaus Gossow
  • Video: „Salzgitter – Zeitreise durch die Stadt bis zum Jahr 2012“, auszugsweise, auf YouTube, abgerufen 8.9.2020
  • Sächsische.de, Bomben auf die Mustersiedlung, 11.4.2017

…und im Jahre 2024 heißt die Firma Salzgitter Flachstahl, ein Unternehmen der Salzgitter Gruppe:

Bemerode Lager

Ein Einschreibzettel mit dem Zusatz Lager

R-Zettel Bemerode (Lager) über Hannover, R-Zettel Typ 34, Einheitsausgabe der Deutschen Reichspost

Bemerode ist heute ein Stadtteil der Landeshauptstadt Hannover.

Am 1. März 1974 wurde das Dorf Bemerode im Zuge der niedersächsischen Kommunalreform aus dem Landkreis Hannover in die Stadt Hannover eingemeindet.

Für eine Luftnachrichteneinheit war 1938 am Stadtrand und am Rande des Seelhorster Waldes im sogenannten „kleinen Holz“ ein Barackenlager errichtet worden, in dem Soldaten als Funker, Fernmelder und Telegrafenbauer ausgebildet wurden.

Das Wehrmachtslager bestand aus zahlreichen Baracken, Speisesaal mit Kantine, Kleiderkammer, Wasch- und Toilettenanlagen, Werkstätten, Bunkern, Hütten und Garagen. Lehrsäle dienten der Ausbildung auf technischem Gebiet. Ein Exerzierplatz wurde eigens angelegt. Mit Beginn des zweiten Weltkrieges wurden die Häuser zur Tarnung mit Giebeln aus Strohgeflecht versehen. Neben den meist geteerten Straßen wurden Pappeln gepflanzt.

Die getarnten Baracken sollten für die gegnerische Luftwaffen ein Siedlungsgebiet vortäuschen.

Baracken im Lager Bemerode

Das Lagergelände war von einem Drahtzaun umgeben, ein Schlagbaum sicherte den Eingang.

Paul Theile 1940 im Lager Bemerode

Paul Theile, Autor (siehe Quellenangabe am Ende des Artikels), ist es zu verdanken, dass viel Geschichtliches von Bemerode und Umgebung dokumentiert worden ist. Der ausgebildete Lehrer und spätere Soldat kam 1940 in das Lager Bemerode zur Luftnachrichtentruppe, wo er mehrere Lehrgänge für eine Ausbildung zum Offizier absolvierte.

Von direkten Kriegseinwirkungen war diese Anlage weitgehend verschont geblieben, und so diente das Lager, wie es allgemein genannt wurde, nach Beendigung des Krieges dazu, deutsche Gefangene aufzunehmen.

Nach dem Einmarsch der US-Streitkräfte wurde das Gelände unter britischer Führung bis 1952 als Militärlager genutzt. Danach beherbergten die Gebäude bis 1955 eine britische Kraftfahrzeug Einheit.

In Bemerode entstand eines der größten Kriegsgefangenlager, dass von den Briten als Handwerkerlager bezeichnet wurde. 4.800 Kriegsgefangene mit entsprechenden Fähigkeiten wurden hier zusammengefasst, um für die unterschiedlichsten Arbeiten in Hannover verwendet zu werden. Lagerkommandant dieses POW-Camps der 301. Division in der 8. Armoured Brigade der britischen Armee war Captain Davies. (POW = Prisoner of War)

Als die Bewachung des Lagers allmählich aufgehoben wurde, entwickelte es sich zu einer Auffangstelle für entlassende Soldaten, die keine Möglichkeiten hatten, in ihre (Ost-) Heimat zurückzukehren.

Briefausschnitt Stempel Bemerode (Lager) Hannover, 18.12.44

Am 7.7.1948 wird dieses Einschreiben mit dem Zusatz Lager im R-Zettel von der Post Bemerode über Hannover nach Lauenstein bei Elze abgefertigt. Das Lager bestand im Jahr 1948 noch.

Der Absender K. Algner Bemerode 236 Plant Group G.C.L.O. schreibt an seine Frau Adelheid Algner in das ca. 45 km entfernte Lauenstein. (Plant Group = die Sammlung einzelner Gebäude auf einer kriegsbasierten Produktionsstätte)

Die German Civil Labour Organisation (GCLO) (übersetzt: Deutsche zivile Arbeitsorganisation) war eine von 1947 bis 1950 bestehende Organisation der britischen Besatzungsmacht in Deutschland, in der deutsches Zivilpersonal tätig war. Die GCLO entstand am 1. August 1947 nach der offiziellen Auflösung vormaliger Labour Service Einheiten in der britischen Besatzungszone, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aus Teilen der deutschen Wehrmacht gebildet worden waren. Am 21. Oktober 1950 wurde die GCLO in die German Service Organisation (GSO) überführt.

Erfreulicherweise ist der Briefinhalt im Beleg erhalten geblieben. Eine Abschrift folgt am Ende des Artikels. *

Im Oktober 1949 beschäftigte die Beteiligten der Nachlass eines verstorbenen britischen Offiziers, Fuffy – ein Hund…

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Erhebung.jpg

Erhebung der Gemeinde über die Situation im Lager Bemerode aus dem August 1951, die Straßenanschrift des Lagers lautet: Bischofsholer Straße 31

Erhebung der Gemeinde über die Situation im Lager Bemerode aus dem November 1952

Bereits im damaligen Kriegsgefangenenlager wurde unmittelbar nach Kriegsende 1945 von den Insassen ein Barackenraum behelfsmäßig zu einer gottesdienstlichen Stätte umgestaltet. Daraus entstand eine Lagerkirche, die erst am 20. Juli 1958 mit einer Abschiedspredigt letztmalig als Kirche genutzt wurde.

Baracke 58, Belegungsplan: die Gemeinde Bemerode hielt am 25.11.1953 fest, welcher Raum in der Baracke wem zugeordnet war. Die zwei Räume links unten wurden von der Katholischen Kirche genutzt.

Karte des GSO Camp Hannover Bemerode

Die Original-Karte im Format 73 cm x 61 cm liegt im Archiv der Region Hannover in Neustadt am Rübenberge. Die Karte hat leider kein eigenes Datum. Sie ist Teil einer Akte zum Lager Bemerode mit der Laufzeit 1953 bis 1956.

Die Legende der obigen Karte mit der Zuordnung der einzelnen Häuser

Beispiele: Accommodation = Unterkunft, Camp Police (1) = Lager Polizei, H. Q. Building (24) = Hauptquartier, Pig Sty (42) = Schweinestall, Coal Store (43) = Kohlenlager, Sewage (86) = Abwasser

Ausschnitt aus Karte des GSO Camp Hannover Bemerode (Mitte unten), eingezeichneten Nissen Hütten als Familiennotsiedlung und zwei Hütten im Eigentum der Continental Hannover.

Familiensiedlung im abgetrennten Teil des GSO-Lagers Bemerode, aus einer Notiz der Gemeinde Bemerode, GSO = German Service Organisation, eine Dienstgruppe der Britischen Armee.

Im Anschluss erfolgte eine allmähliche Übergabe an die Bundeswehr und an zivile Gewerbebetriebe. Auch die Gemeindeverwaltung Bemerode und ein Theater hatten auf dem Gelände zeitweise ihren Sitz.

Die noch vorhandenen Gebäude wurden nach und nach entfernt, Schuttreste abgesammelt, Teerstraßen und Betonwege entsiegelt und die Freiflächen teilweise aufgeforstet. 2/3 der Lagerfläche wurde zu Bauland. Über der ehemaligen Lagerkläranlage wurde ein Rodelberg aufgeschüttet.

Noch heute sind im Seelhorster Wald Spuren des Lagers zu entdecken

Betonreste, noch nicht ganz überwachsen

Ein Kartenausschnitt aus dem Mai 1954. Das Lager ist namentlich gekennzeichnet. (Bauverwaltung der Hauptstadt Hannover)

Der Vergleich zur farbigen Karte gibt eine gute Orientierung.

Seit den 1980er Jahren entstanden im unmittelbaren Umfeld des Waldes Gebäude und Siedlungen, wie der Verlag Madsack, das Annastift und die Wohngebiete Emslandviertel, Seelhorster Garten und Spargelacker.

Das Lagerwäldchen (kleine Seelhorst) befindet sich südlich der Bemeroder Straße/Dreibirkenweg und westlich der Emslandstraße. Das Lagergelände umfasste alle heutigen Straßen mit Emslandbezeichnungen.

Aus Sicht der Wehrmacht verständlich, dass das Postamt Bemerode LAGER in den Ortsverzeichnissen der Deutschen Reichspost 1939 und folgende Jahre nicht aufgelistet wurde.

Bemerode ist postalisch bis zur Einführung der Label 1997 auf Einschreibzetteln dokumentiert: 30539 Hannover 72, 3000 Hannover 72, 3011 Bemerode, Bemerode (Han) 12 A (AKZ), 20a Bemerode (Han), 20a Bemerode über Hannover, Bemerode über Hannover, Bemerode (Landkreis Hannover).

*Mein süßer Liebling! Da ich heute nach meiner Rückkehr diese Raucher und Punktekarten ausgehändigt bekam, will ich gleich wie es sich für einen guten Ehemann wie Geburtstagskind gehört, Dir mein Liebling selbiges übersenden. Ich bitte Dich, kaufe also für nächsten Sonntag etwas Rauchbares. Nach Möglichkeit Tabak und Papier. Über die Verwendung der Punkte sprechen wir am Ende der Woche. Denn ich weiß immer noch nicht, was mit dem Hund und der Uhr wird. Wegen der Uhr will sobald als möglich zur Stadt. Vielleicht findet sich etwas passendes. Und mit dem Hund stehen die Aktien so. Man war am Sonnabend wahrscheinlich nach Goslar gefahren und ist bis Montag am Morgen noch nicht zurückgewesen. Es ist also alles noch offen. Ich wäre froh wir hätten es hinter uns. Ein Hund macht schon Ärger, wenn er da ist. So lass mich dann schließen, ich verbleibe mit vielen herzlichen Grüßen und süßen Küssen, dein Dich herzlich liebender … PS. Geld habe ich als Abschlag noch 30,00 DM bekommen.

Offene Frage:

Für die im Wikipedia Eintrag „Seelhorst Stadtwald“ im Lager Bemerode erwähnte Heeres-Nebenmunitionsanstalt Hannover hat der Autor bisher keine Hinweise in der Literatur gefunden. Kann eine Leserin oder Leser weiterhelfen?

Quellen:

  • Katalog der Deutschen und verwandten R- und + V-Zettelformen, Herausgegeben von der Westdeutschen Arbeitsgemeinschaft R-Zettel und R-Stempel, 2. Auflage Oktober 1966, umgangssprachlich Overmann-Katalog.
  • Familien Notsiedlungen, Nutzung des GSO-Lagers Bemerode für Notunterkünfte (1949-1955)
  • Hannover zwischen Null und Neubeginn, Dieter Tasch, 1985, Leuenhagen & Paris
  • 1000 Jahre christliches Wirken am Kronsberg, Paul Theile, 1987, Kronsberg Verlag
  • Heimat am Kronsberg, Kronsberger Geschichtsblätter, Heft 3, Paul Theile, 1998, Selbstverlag
  • Die Seelhorst, Stadtwälder in Hannover, 2016, Landeshauptstadt Hannover
  • Fotos vom Autor, November 2019
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Seelhorst_(Stadtwald), abgerufen am 7.1.2020
  • Mein Dank geht an Herrn Rainer Lütgens, Langenhagen für die Bereitstellung eines Beleges
  • Flüchtlingslager im Landkreis Hannover, Instandsetzung und Ausstattung, Versorgung mit Lebensmitteln (1945-1953) (Archiv der Region Hannover)
  • Verfügbare ehemalige Wehrmachts- und Rüstungsanlagen (Niedersächsisches Landesarchiv Hannover)

Nachsatz: Das Foto von Herrn Theile und die zwei Abbildungen des Barackenlagers sind dem Buch „Heimat am Kronsberg, Kronsberger Geschichtsblätter, Heft 3, Paul Theile, 1998, Selbstverlag“ entnommen. Da Herr Theile im Jahre 2006 verstorben ist und das Buch im Selbstverlag veröffentlicht wurde, hatte ich keine Möglichkeit die Bildrechte zu erbitten. Ich bitte um Zuschrift, von der Person, dem die Rechte gehören.