Zu den bewohnten ostfriesischen Inseln vor der niedersächsischen Nordseeküste zählen Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge.
Dieser Artikel beschäftigt sich mit Norderney, der Insel mit der größten Stadt auf den Inseln.
Norderney, vom Fischerdorf zum Nordseeheilbad
Die Stadt Norderney hat mit etwa 6.100 Einwohnern die größte Bevölkerungszahl aller ostfriesischen Inseln. Die große Zahl der temporären Urlauber ist hier nicht berücksichtigt.
Norderney gehört heute zum Landkreis Aurich. Die Entfernung zur Küste beträgt ca. drei Kilometer.
1815 kam Ostfriesland inkl. Norderney zum Königreich Hannover. 1819 machte die Regierung das Norderneyer Seebad zum Staatsbad. Dadurch begann die Blütezeit der Insel. Das Postaufkommen ist geprägt von der Post der Insulaner, der üblichen Geschäftspost und den Sendungen der Urlauber, insbesondere zur Ferienzeit. Und Norderney verzeichnet in der Anzahl der Postsendungen (und der Badegäste) eine stetige Aufwärtsentwicklung.
Ein philatelistischer Spaziergang zu „Postorten“ auf der Insel Norderney
Wer mag, kann mit einem philatelistischen Spaziergang die Insel erkunden.
- Markt 1 (Bülowallee: Schuchhardts Hotel, heute Inselhotel König), hier wird erstmals am 1. Juli 1820 eine Posteinrichtung eingerichtet. Und 1823 folgt hier eine Wattenpoststation zur Personen- und Postbeförderung über das Watt aus Hilgenriedersiel.
- 1823 war die Post auf dem Gelände des einstigen „Haus der Insel“.
- 1841 befindet sich die Postspedition in der Luisenstr. 24.
- 1869 bekommt das Postbüro ein neues Domizil im Haus Brunnenstraße, Ecke Luisenstraße und ist der OPD Oldenburg unterstellt.
- Zum 1. Januar 1876 wird die Postexpedition 2. Klasse auf Norderney zum Postamt 3. Klasse (Postamt III) aufgestockt. Das kaiserliche Post- und Telegrafenamt befindet sich bis 1892 in der Strandstr. 5 (heute Bücher Lübben).
R-Zettel Norderney, R rechtsstehend, Einsatz dieser R-Zettel ab 1883
1887 beginnen durch den Kauf mehrerer Grundstücke die Vorbereitungen zum Bau eines Postdienstgebäudes in der heutigen Poststraße. Am 1. April 1892 zieht die Kaiserliche Post dort in das von der Kaiserlichen Postdirektion Oldenburg erbauten Gebäude ein. In der Poststraße 1 steht das historische imposante Kaiserliche Postgebäude heute noch. Leider wird dieses imposante Gebäude anderweitig mit Geschäften und Wohnungen genutzt.
Kunstvolle Backsteinverblendungen und -verzierungen schmücken das Postgebäude. Hoch über dem Eingangsportal befindet sich eine Wappenrosette. Aufgesetzte Ziergiebel, hell abgesetzte Ornamente und Schmuckbänder zeugen vom hohen Stand des Handwerks im Backsteinbau. Von der Inschrift „Kaiserliches Postamt“ ist die Bezeichnung „Postamt“ geblieben.
2010 wurde das Gebäude der (Kaiserlichen) Post an einen Investor verkauft.
Nach der Postgeschichte beginnt jetzt die Reise mit den unterschiedlichsten Typen von Einschreibzetteln des Inselpostamtes.
R-Brief Norderney, Poststempel vom 18. Juli 1917 nach Rostock
R-Zettel vom obigen Beleg. Diese R-Zettel Variante war seit 1904 im Einsatz. Das R ist jetzt links abgebildet, mageres No mit zwei Strichen in kursiv, allseitige Zähnung, aus Bogen
Stempel von der Vorderseite des obigen Beleges, u.a. Posthorn und Name Norderney
Stempel von der Rückseite des obigen Beleges, Absender Inselwacht Bataillon, genaue Bezeichnung „2. KGL. PR. Inselwacht-Bataillion Norderney X 41. Stern“
R-Brief Norderney, Poststempel mit Zusatz Nordseebad vom 28. Juni 1937, nach Branitz, Luftpost und durch Eilboten
R-Zettel vom obigen Beleg. R-Zettel der Deutsches Reichspost sind mit schmalem und breitem Rahmen bekannt
R-Brief Nordseebad Norderney, Poststempel 3. Januar 1946, nach Pillnitz/Elbe
R-Zettel vom obigen Beleg
R-Brief Nordseebad Norderney, Poststempel 25. Mai 1948, nach Norden Ostfriesland, Absender und Adresse mit PLGZ 23
R-Zettel vom obigen Beleg. Wegener Druck, erste Ausgabe für das vereinigte Wirtschaftsgebiet, aus Bögen geschnitten, Blanko Zettel mit Stempel
Die zweite Ausgabe für das vereinigte Wirtschaftsgebiet der amerikanischen und britischen Zone wurde in Bögen produziert. Die R-Zettel sind allseitig gezähnt. Die Postämter hatten die Aufgabe die R-Zettel zu stempeln. Unterschiedliche Stempelvariationen kamen so zum Einsatz:
R-Zettel Typ 762, allseitig gezähnt, Nordseebad Norderney, Blanko Zettel mit Stempel
Seit 1951 wurden R-Zettel auf dünnem weißem Papier mit Ortsnamen und PLGZ im Kreis eingesetzt:
R-Zettel 23 Nordseebad Norderney, UB c, auf weißem Papier, R-Zettel Typ 7244
Zu dem R-Zettel Typ 7244 finden Sie hier weitere Informationen.
Auf dünnem durchsichtigen Pergaminpapier, ebenfalls mit Ortsnamen und PLGZ im Kreis:
R-Zettel 23 Nordseebad Norderney, UB a, durchsichtiges Pergaminpapier, R-Zettel Typ 7242
Die Rautenausgabe mit Amtskennzeichen (AKZ) für die Bundesrepublik Deutschland lösten die zweistelligen Postleitgebietszahlen ab. Mit Amtsblattverfügung 274/1956 galten die Amtskennzahlen am 30. Juli 1956 auch für die Rautenausgabe der Einschreibezettel.
Amtskennzeichen 9 D 4, Nordseebad Norderney
Amtskennzeichen 9 D 4, Nordseebad Norderney
R-Brief Nordseebad Norderney, Stempeldatum 19. Oktober 1963 nach Hannover, R-Zettel mit AKZ 9 P und UB a
R-Zettel vom obigen Beleg
Amtskennzeichen 9 P, Nordseebad Norderney, fette Schrifttype
Am 5. Juli 1963 informiert die Oberpostdirektion Bremen: „Der Niedersächische Minister des Innern und das BPM (Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen) haben zugestimmt, daß der Zusatz „Nordseebad“ in der postamtlichen Bezeichnung beibehalten wird.“
Zum 1. Januar 1965 wurden in der Bundesrepublik Deutschland Postleitzahlen mit vier Ziffern eingeführt. In den 28 Jahren bis zur nächsten Veränderung haben die Schriftsetzer eine Vielzahl von Schriftarten und Schriftgrößen eingesetzt:
R-Zettel 2982 Nordseebad Norderney
R-Zettel 2982 Nordseebad Norderney, neuer Type bei Unterscheidungsbuchstabe
R-Zettel 2982 Norderney, der Zusatz Nordseebad ist weggefallen
R-Zettel 2982 Norderney, handschriftliche Veränderung des UB
R-Zettel 2982 Norderney, mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Schalterbuchstaben
R-Zettel 2982 Norderney, der letzte Schrifttyp mit der vierstelligen Postleitzahl
Ab dem 1. Juli 1993 galten auch auf Norderney die fünfstelligen Postleitzahlen:
26548 Norderney mit unterschiedlichen Unterscheidungsbuchstaben
26548 Norderney mit unterschiedlichen „fetten“ Unterscheidungsbuchstaben
- Eine Postagentur auf Norderney:
Von 2019 bis 24. März 2020 war die Postagentur beim Tankstop Bodenstab in der Hafenstr. 6 untergebracht.
Ein für Menschen vom Festland ungewöhnliches Postauto.
- Seit dem 25. März 2020 befindet sich die Post-Partnerfiliale im ehemaligen Haus Schifffahrt, der heutigen HS 2 Passage, in der Bülowallee 2.
- Die Partnerfiliale Asia Kiosk, Jann-Berghaus-Str. 66 wurde am 30. September 2020 geschlossen.
- Ein DHL Paketshop bei Genuss Company Klus im Herrenpfad 6 wurde am 1. Dezember 2020 eingerichtet.
Ziel eines Spaziergangs kann auch eine Bake, eine Postbake sein!
Heute wird die Post per Fährschiff von Norddeich Mole zur Insel und zurück transportiert. Ab 1844 richtete die hannoversche Post, mit Unterbrechungen bis 1892, eine Postbeförderung über das Watt mittels Karriol Post ein. Karriol Post nannte man einen ein- oder zweiachsigen Briefpostwagen, der auch Personen befördern durfte.
Karriol Post der Thurn und Taxis´schen Post 1846, Tag der Briefmarke 1952, Michel Nr. 160, 100. Jahrestag der Erstausgabe der Briefmarken von Thurn und Taxis.
So elegant wie auf der Briefmarke, ging es sicher nicht über das Watt, denn die Fahrt war mit allerlei Gefahren verbunden.
Die benutzten Postwagen hatten breitere und höhere Räder, um das tiefe Einschneiden der Räder in Sand und Schlick und die Berührung des Personenabteils und des Packraumes mit dem Seewasser zu vermeiden. Start der Postbeförderung war auf dem Festland Hilgenriedersiel (heute ein Ortsteil der Gemeinde Hagermarsch im Landkreis Aurich).
Auf einem „befestigten“ Wattfahrweg wurde als Transportmittel ein Pferdegespann und ein hölzerner Wagen mit breiten Rädern eingesetzt.
Eine Postbake auf der Wattseite der Insel diente als Orientierungshilfe.
Nach dem Herbst 1892 wurde die Wattenpost zu Gunsten einer funktionieren Dampfschiffsverbindung eingestellt.
Heute erinnern der „Alte Postweg“ am Südsaum der Insel als Wanderweg und die Postbake im Osten der Insel als historisches Orientierungszeichen an die einstige Wattenpost.
Als bunter Abschluss des Artikels, die zwei Briefmarken der Deutschen Post AG, die bisher Norderney würdigen:
Leuchtturm Norderney 2009, erbaut 1875, Michel Nr. 2742, 0,45 €
Tag der Briefmarke 2010, Kaiserlich Deutsche Post nach Helgoland-Norderney-Sylt Postplakat von 1890 der Albert Ballin Dampfschiff Reederei, Michel Nr. 2819, 0,55 €. Von Hamburg morgens um 8 Uhr nach Norderney, jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend.
Viel Freude beim Erobern der Insel!
Nicht alle wesentlichen R-Zettel Typen der Insel Norderney konnte ich belegen. Gern nehme ich Ihren Scan zur Abrundung dieses Artikels entgegen. Kontakt.
Lesetipp: ein weitere Artikel beschäftigt sich mit der ostfriesischen Nordseeinsel Borkum.
Offene Fragen:
- Gab es beispielhaft im Sommer 1933 eine Poststelle II im Marienheim auf Norderney, Georgstr. 5?
- An welchen Orten war die Post auf Norderney von 2010 bis 2019 untergebracht?
Quellen:
- Postgeschichtliche Blätter Weser Ems, Heft 1/1960, Aus der wirtschaftlichen und postalischen Entwicklung der Insel Norderney, Herr Fritz Thole
- Katalog der Deutschen und verwandten R- und + V-Zettelformen, Herausgegeben von der Westdeutschen Arbeitsgemeinschaft R-Zettel und R-Stempel, 2. Auflage Oktober 1966, umgangssprachlich Overmann-Katalog.
- Post- und Telekommunikationsgeschichte, Regionalbereich Nord, 1/1998, Das kaiserliche Postgebäude in Norderney, Herr Georg Friedrich
- Norderney entdecken, das historische Schaufenster, 1998, http://www.norderney-chronik.de/download/insel-stadt/schaufenster.pdf, abgerufen 2.3.2021
- Ein Rückblick in Jahreszahlen aus der Postchronik der Insel, 100 Jahre Postamtsgebäude Norderney, http://www.norderney-chronik.de, abgerufen 22.2.2021
- Norderney Nordsee Magazins vom 6.2.2020, https://magazin.norderney-zs.de, Herr Hans Joachim Vollmer
- Baken an der Nordsee, Jade, Weser und Elbe, www.baken-net.de, Herr Gerd Liedtke