Zweisteller

R-Zettel mit zweistelligen Numeratoren – Zweisteller

Ein geschätztes Sammelgebiet im Bereich der Einschreibzettel sind Zettel von Orten mit geringem Postaufkommen. Also häufig von einer Poststelle II oder Poststelle I in kleineren Ortschaften.

Insbesondere Heimat-Sammler können hier fündig werden, weil die Ortbezeichnungen im Rahmen von kommunalen Gebietsreformen  in den Jahren 1972 bis 1978 schrittweise von der postalischen Landkarte verschwunden sind.

Die Deutsche Bundespost belieferte die Poststellen auch mit R-Zetteln. Aber im Gegensatz zu größeren Postämtern erhielten diese nur Rollen mit 100 R-Zetteln je Einheit. Eine übliche Rolle umfasste 999 bzw. 1000 Einschreibzettel.

Im Amtsblatt des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen, Nr. 105, vom 27. Juli 1971 wird die Einführung der Zweisteller „versteckt“ als Nummernzettel für eingeschriebene Sendungen (Nr. 001 bis 100) angekündigt.

Amtsblatt des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen 27.7.1971

 Verfügung Nr. 623/1971

Die Besonderheit der kleinen Rollen ergab sich durch den aufgedruckten Numerator.

Erklärung für Numerator: das Zählwerk, die Zählvorrichtung, der Zähler.

Bisherige R-Zettel Rollen bestanden aus 999 bzw. 1000 Zetteln, der Numerator war durchgehend dreistellig mit den Nummern 001 bis 999. Die im Amtsblatt angekündigten kleinen Rollen mit 100 Zetteln wurden mit 001 bis 100 angekündigt, aber zweistellig von 01 bis 99 und der letzte Zettel der Rolle mit der Nr. 100 ausgeliefert.

zweisteller

Ein Vergleich: der linke R-Zettel wird als Zweisteller bezeichnet. Ein R-Zettel mit nur zwei, statt sonst üblichen drei Zahlen als Numerator.

Drei zusammenhängende blank0 Zweisteller von einer R-Rolle, ohne Postleitzahl und Ortsangabe

Entsprechend rar sind diese sogenannten Zweisteller (zweistellige Numeratoren). Besonders interessant sind eingeschriebene Briefe mit R-Zettel-Zweistellern und dem entsprechenden Poststempel. Viele Sammler haben sich in den 70er Jahren aus Dokumentationsgründen mit Eigenbelegen beschäftigt. Unabhängig von einer sicher kritischen Einschätzung zu diesen „selbstgemachten“ Belegen, sind auf diesem Weg eine Vielzahl von Zweistellern dokumentiert worden.

Nach Einschätzung der Autoren Dr. Klaus Fischer und Hans-Peter König, die einen Katalog  „Einschreibzettel mit zweistelligem Numerator“ über die Arbeitsgemeinschaft R- und V-Zettel vorgelegt haben, gibt es nachweislich im alten Bundesgebiet ca. 3.000 verschiedene Zweisteller.

Beispiele aus den drei niedersächsischen Leitbereichen (LB):

Brief 2855 Beverstedt 3 nach Hannover, 12.4.78

R-Zettel aus obigem Beleg, als Beispiel für den LB 2

Brief 3221 Meimerhausen nach München, Poststempel 3222 Freden Leine, 1.10.7?

R-Zettel aus obigem Beleg, als Beispiel für den LB 3

Brief 4451 Schepsdorf nach Bremen, 21.1.74, Freistempler

R-Zettel aus obigem Beleg, als Beispiel für den LB 4

Eine Mengenanalyse der bekannten Zweisteller nach den damals gültigen Leitbereichen ergibt folgenden Überblick:

Leitbereich 2 ca. 690
Leitbereich 3 ca. 710
Leitbereich 4 ca. 280
Leitbereich 5 ca. 130
Leitbereich 6 ca. 340
Leitbereich 7 ca. 450
Leitbereich 8 ca. 390

In der Tabelle ist deutlich abzulesen, dass im bevölkerungsstarken Nordrhein-Westfalen (u.a. Leitbereiche 4 und 5) die kleine Postämter folgerichtig nicht stark vertreten waren. Der Leitbereich 1, das ehemalige West-Berlin, ist nicht vertreten.

Aus dem Flächenland Niedersachsen sind ca. 1.300 Zweisteller (anteilig  in den Leitbereichen 2, 3 und 4) bekannt.

Ende der 70er Jahre wurden die kleinen Rollen mit den Zweistellern durch die üblichen R-Zettel Rollen mit 1.000 Exemplaren abgelöst. Das Sammelgebiet schien in diesem Moment abgeschlossen zu sein…

Verschiedentlich gab es im Zweisteller-Postalltag einige abweichende Verwendungen:

Blanko R-Zettel mit Stempel 2876 Berne, Kr. Wesermarsch

Blanko R-Zettel mit handschriftlichem Eintrag der Postleitzahl 2149 und Stempel von Wense

R-Zettel von 2852 Lintig 3 handschriftlich geändert in Elmlohe

R-Zettel 2891 Kleinensiel überstempelt mit 2883 Stadland 4

Postsache: R-Zettel von 2990 Papenburg 1 und  Unterscheidungsbuchstabe „e“

Zweisteller von obigem Beleg

R-Zettel mit Setzfehler 3261 Friedrchswald statt Friedrichswald

R-Zettel mit Setzfehler 4591 Stalförder statt Stallförden

Und zum Vergleich der Zweisteller… 

…und der Poststempel in der richtigem Schreibweise

Vermutlich ist der Zweisteller mit dem Setzfehler 4591 Stalförder häufiger verwendet worden, als der R-Zettel mit der korrekten Schreibweise.

Nach dem obigen Amtsblatt könnte ab dem  31.7.1972 der erste Zweisteller verklebt worden sein.

Der folgende Beleg ist der früheste in der Sammlung des Autors:

Zweisteller 288 Süderfeld vom 1.6.1973 nach Oldenburg

R-Zettel von obigem Beleg

Später tauchten dann Zweisteller im Postverkehr auf, die vermutlich wegen vorhandener Vorräte aufgebraucht wurden.

Und es gibt Zweisteller die wegen eines erkennbar anderen Drucktyps der Zahlen oder der Ortsbezeichnung Anfang der 90er Jahre für wenige Orte neu hergestellt wurden.
Spätester Beleg mit einem zweistelligen Numerator aus der Sammlung:

Zweisteller 2974 Krummhörn 14 vom 29.9.1991

R-Zettel von obigem Beleg…

…und der passende Einlieferungsschein

Die Zweisteller sind ein in knapp 19 Jahren abgeschlossenes Sammelgebiet.

Literatur:

  • Amtsblatt des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen, 27. Juli 1971, Nr. 105, Verfügungen 623
  • Katalog der Einschreibzettel mit zweistelligem Numerator, Arge R-und V-Zettel e.V., Heft 14, September 1989, Autoren: Dr. Klaus Fischer und Hans-Peter König
  • Junge Sammler, Heft 6, 1. Dezember 1989, Seiten 21 bis 25, Hans-Peter König

Nachsatz:

Keine Sammlung ist komplett. Bitte klicken Sie auf den folgenden Link meiner Fehlliste und bieten mir gern fehlende Zweisteller und andere gesuchte R-Zettel an. Vielen Dank!